• Kernkompetenzen erkennen: Der erste Baustein der Arbeitsmarktfähigkeit besteht darin, dass die eigenen Kernkompetenzen erkannt werden (und nicht im Ansammeln von möglichst vielem, mehr oder weniger aktuellem Wissen).
• Kontextintelligenz entwickeln: Der zweite Baustein besteht im Wissen um Situationen, Rollen und Kontexte, in welchen die Kernkompetenzen zum Tragen kommen, resp. zum Misserfolg führen. Es ist wichtig für den Aufbau eigener Arbeitsmarktfähigkeit, die Bedingungen für den eigenen Erfolg zu kennen und entsprechende Selbststeuerungskompetenz zu entwickeln. Dieses Wissen schafft die Voraussetzung zur persönlich stimmigen und für die Organisation effektiven Aufgaben/ Stellen-Selektion.
• Kerntätigkeiten finden: Der dritte Baustein besteht im kreativen Finden von geeigneten Kerntätigkeiten, von internen »Kunden«, Leistungen und Leistungsbedingungen, in welchen eigene Kernkompetenzen optimal eingesetzt werden können. Wenn wir den Mitarbeiter als Unternehmer in der Organisation betrachten, können wir auch von seinen Kerngeschäften resp. seinem Kerngeschäftsportfolio sprechen.
• Individuelles Unternehmertum entwickeln: Als vierter Baustein könnte generell die Entwicklung eines persönlichen, auf ein optimales Gestalten der unterschiedlichen »Lebensbühnen« gerichtetes Unternehmertum und das Verfolgen einer »strategischen« Entwicklungsperspektive genannt werden.
6.2 Unternehmerische Haltung als Metaperspektive
Maßnahmen, die auf den obigen Bausteinen basieren, fördern das Unternehmertum bezogen auf die Entwicklung der eigenen beruflichen Laufbahn und entwickeln die persönliche Urteils- und Kontraktfähigkeit in Bezug auf Passungsfragen.
Im Weiteren gilt es auch, das Unternehmertum bezüglich des eigenen Beitrags zum Organisationserfolg zu fördern. Die Auseinandersetzung damit, welches Stück hier gespielt werden soll, was das dazu passende Drehbuch ist und worin die eigene Rolle bestehen könnte, macht jeden Mitarbeiter zum mitverantwortlichen Kooperationspartner in den Führungsprozessen.
1.6.3 Perspektiven in Passungsprozessen
Eine wesentliche Grundannahme des Passungsprozesses besteht darin, dass sich die Qualität einer Neubesetzung resp. einer Umbesetzung nicht nur im Kandidaten, sondern vor allem auch im Zusammenspiel zwischen Funktion, Vorgesetzten, Kandidaten und relevanten Systempartnern (in den entsprechenden Kunden-Lieferanten-Beziehungen) widerspiegelt. Es geht also im Passungsprozess darum, echte Kandidaten-System-Szenarios bezüglich ihrer Passungspotenziale und -risiken zu evaluieren.
1.7 HR-Produkte und Leistungen im Passungsprozess
1.7.1 Beratung und Coaching
Besonders wirksam sind auch hier On- resp. Near-the-Job-Maßnahmen, in denen Passungsfragen in einer neuen Passungsdialogkultur als Beitrag zur Entwicklung der Leistungsfähigkeit der Organisation verstanden werden.
Coaching der Vorgesetzen zur Vorbereitung und Begleitung von Neuund Umbesetzungsprozessen: darin müssen auch deren Neigungen und Qualitäten als Teile der Szenarios zum Thema werden können.
1.7.2 Teamcoaching von Prozessteams
Besetzung und Passung sind zentrale Perspektiven der Prozessoptimierung und der Entwicklung der Lernfähigkeit von Teams.
5. Perspektiven von Teamentwicklung
1.7.3 Coaching von Rekrutierungsprozessen
Um Evaluationsprozesse von Kandidaten kennen zu lernen, kann eine direkte beraterische Begleitung nützlich sein. Damit mögliche Wechselwirkungen zwischen Kandidaten, Vorgesetzten und relevanten Partnern bezogen auf den Umgang mit den unternehmerischen Herausforderungen in der Funktion simuliert werden können, ist es wichtig, dass die Personen mit ihren Eigenheiten (und deren »Licht-« und »Schattenseiten«) transparenter Teil eines Szenarios werden. Damit wird eine Kultur angelegt, in welcher über Differenzen, Licht- und Schattenseiten in würdiger und systemischer Weise gesprochen werden kann. Die Kandidaten sind dann eher bereit, eigene Stärken und Schwächen zu benennen und zu Ausgangspunkten einer gemeinsamen Szenarioevaluation zu machen. Diese Szenariotechnik hat zudem einen bedeutsamen Zusatznutzen. Die Beteiligten lernen schon in der Vorausschau mögliche Schwierigkeiten kennen und erleben sich wechselseitig im gedanklichen Umgang damit.
1.7.4 Weiterbildungsangebote
Off-the-Job-Entwicklungsmaßnahmen sind weitere Formen, um den individuellen Selbstreflexionsprozess zu unterstützen,
• indem unternehmerisch Verantwortliche in geeigneten Seminarformen ihr Verständnis und Urteilsvermögen als Regisseure und Passungsverantwortliche entwickeln können,
• indem Mitarbeiter in Seminaren in einer unternehmerischen Auseinandersetzung mit ihren beruflichen Perspektiven, ihren Kernkompetenzen und optimalen Leistungsbedingungen unterstützt werden.
1.8 HR-Systeme
Eine neue Passungskultur, die auf das Zusammenspiel im System angelegt wird, erfordert eine systematische Überprüfung der Beurteilungs- und Entlohnungssysteme. Die impliziten Kulturvorstellungen – z.B. der Anreizsysteme der Organisation – müssen mit der angestrebten Passungskultur in Übereinstimmung gebracht werden.
1.9 HR als Kulturträger
Diese Arbeit erfordert erhebliche Kulturinvestitionen des HR (und der Linie). Durch größere Anfangsinvestitionen in fragmentarische und kristallisierende Arbeitsformen, in Pilotprojekte und deren Multiplikation entwickelt sich Kultur. Mit dem Aufbau gelebten Kulturwissens nimmt der Aufwand dann zunehmend ab, weil Kultur ansteckend ist (im Schlechten ist das leicht zu verifizieren). In den einzelnen Maßnahmen können dabei folgende methodische Zugänge die intuitive Urteilskompetenz für System-zusammenhänge und Abstimmungsbedürfnisse fördern:
• szenische und metaphorische Feedbackformen: Damit kann präzises, intuitives Wissen über Wechselwirkungen im Zusammenspiel der Beteiligten erschlossen werden.
• Szenariosimulationen (in der Art: »So, wie ich Dich in Deinen Neigungen erlebe, könnte ich mir vorstellen, dass Du in dieser Funktion und diesem Umfeld folgende Wirkung entfalten wirst: ... Als Vorgesetzter müsste ich dann allerdings darauf achten, dass …, usw.«): Sie unterstützen die Beteiligten darin, ein gemeinsames aufeinander bezogenes Situationsverständnis zu entwickeln und Eindrücke davon zu gewinnen, was sinnvolle und weniger sinnvolle Varianten sein könnten.
• Seelische Leitbilder und Metaphern: Mit Bildern und Metaphern sowohl für Personen als auch für Funktionen und Prozesse können potenzielle Passungsherausforderungen herausgearbeitet und auf den Punkt gebracht werden. Dabei können z.B. auch Fragen in der Theatermetaphorik nützlich sein: Welches Stück soll hier gespielt werden? Was sind die passenden Charaktere der Funktionsinhaber in diesem Stück? Was sind wichtige Mitspieler (Kunden resp. Lieferanten in den Prozessen) und was ist wichtig an deren Zusammenspiel, damit das Stück seine angestrebte Wirkung hat?
1.10 Beispiel: Kernkompetenzorientierte Besetzung der obersten Führungsebenen im Nahrungsmittelproduktionsbetrieb
Ausgangslage: Ein Nahrungsmittelproduktionsbetrieb (ca. 1600 MA) im Besitz eines Detailhandelskonzerns wurde in am Markt selbstständig operierende Teilprozesse umgebaut. Der designierte Prozessleiter des größten Prozesses (ca. 1000 MA) wollte parallel zur Entwicklung von Strukturen