Analyse von Sprachhandlungen in ausgewählten Videosequenzen
Für die Analyse der Sprachhandlungen der Kindergartenlehrpersonen wurden je Kindergarten Videoausschnitte von 30 Minuten zusammengestellt. Referenzpunkt war die erste Sequenz mit einem Unterrichtsgespräch mit der ganzen Klasse im Sitzkreis. Es wurden jeweils 15 Minuten vor dieser Plenumssequenz sowie die ersten 15 Minuten der betreffenden Plenumssequenz herausgeschnitten. Mithilfe der qualitativen Inhaltsanalyse von Videomaterial (vgl. Mayring, Gläser-Zikuda & Ziegelbauer 2005) wurden die Interaktionen zwischen Kindergartenlehrperson und Kindern mithilfe der Kategorien «Art der Frage», «Sprachhandlungsanregung», «Gesprächsorganisation», «Handlungsorganisation» sowie «Sprachhandlungen der Kindergartenlehrperson» ausgewertet. Dazu wurden die Videoausschnitte in die Software ELAN eingelesen und codiert, was nebst der inhaltlichen Analyse auch erlaubte, die Dauer je Sprachhandlung zu erfassen (vgl. dazu auch Edelmann, Wannack & Schneider 2018a; 2018b).
Problemzentrierte Interviews mit den Kindergartenlehrpersonen
Die Methode des problemzentrierten Interviews (Witzel 1985; 2000) eignet sich in besonderem Masse für die leitfadengestützten Gespräche mit den Kindergartenlehrpersonen, da diese aufgrund der Offenheit der Methode ihre Perspektiven als Expertinnen ihres Berufsfelds umfassend einbringen konnten. Das Interview fand in der Regel in den Kindergärten statt und wurde mit einem digitalen Voicerecorder aufgezeichnet. Die 20 Interviews, die mehrheitlich in Mundart geführt wurden, dauerten zwischen 105 Minuten und 170 Minuten. Im Rahmen der vollständigen Transkription wurden die Ausführungen in Standardsprache im Sinne einer «literarischen Umschrift» (Mayring 2002) übertragen. Wegleitend waren die Transkriptionsregeln in Anlehnung an Kuckartz, Dresing, Rädiker et al. (2008). Anschliessend wurden die Interviews mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) ausgewertet. Die Kodierung erfolgte mithilfe der Software MAXQDA entlang den Themen des Interviewleitfadens. Zusätzlich zu den aus den theoretischen Grundlagen deduktiv abgeleiteten Kategorien erarbeitete das Forschungsteam für die von den Kindergartenlehrpersonen individuell eingebrachten Themen induktive, aus dem Material gewonnene Kategorien und Unterkategorien. Sowohl der Interview- als auch der Kodierleitfaden sind in Edelmann, Wannack und Schneider (2018b) zu finden.
Quantitative Befragung der Kindergartenlehrpersonen
Aufgrund der Erkenntnisse aus den problemzentrierten Interviews mit den Kindergartenlehrpersonen entschied sich das Projektteam der Bildungsdirektion des Kantons Zürich, eine Online-Befragung aller Kindergartenlehrpersonen im Kanton Zürich mittels Fragebogen durchzuführen. Dieser bestand aus geschlossenen Fragen, die auf einer vierstufigen Antwortskala hinsichtlich ihrer Zustimmung respektive Ablehnung von den Kindergartenlehrpersonen eingeschätzt wurden. Insgesamt wurden 2227 unbefristet angestellte Kindergartenlehrpersonen an öffentlichen Kindergärten des Kantons Zürich angeschrieben. Der Rücklauf belief sich auf 66 Prozent. Der Fragebogen umfasste die Themenbereiche «Kindergartensituation», «Lehr-/Lernverständnis», «Bedeutung des Spiels», «Sprache und Sprachförderung», «Eintritt in den Kindergarten», «Zusammenarbeit im Kindergartenalltag», «persönliche Angaben» sowie «Potenziale und Herausforderungen». Die statistischen Auswertungen der Fragebogen erfolgten mit nonparametrischen Verfahren (vgl. Imlig, Bayard & Mangold 2019).
Erfassung der Exekutiven Funktionen der Kinder
Unter Exekutiven Funktionen werden kognitive Kontroll- und Regulationsprozesse verstanden. Für die Erhebungen der Exekutiven Funktionen bei den Kindern wurde das Erhebungsinstrument «Minnesota Executive Function Scale» (MEFS) eingesetzt. Dabei handelt es sich um ein standardisiertes und validiertes Verfahren, das am Institute of Child Development an der University of Minnesota entwickelt wurde (Carlson 2017). Es wird zur Messung der Exekutiven Funktionen bei Kindern zwischen zwei und dreizehn Jahren eingesetzt und umfasst sieben Niveaus, deren Schwierigkeitsgrade zunehmen. Die verschiedenen Zuordnungsaufgaben (Farben, Grössen und Formen) wurden den Kindern mittels App auf einem Tablet (iPad) gestellt, wobei das Einstiegsniveau abhängig vom Alter des Kindes gewählt worden war. Jedem Kind wurde einzeln erklärt, wie die Aufgaben funktionieren und wie es die App bedienen kann. Die Einzelerhebung dauerte fünf bis sieben Minuten. Um das Erhebungsinstrument zu nutzen, mussten sich die Untersuchungsleiterinnen zertifizieren lassen. Für die vorliegende Studie wurde die deutschsprachige Version verwendet, die im Rahmen einer Deutschschweizer Interventionsstudie (Röthlisberger, Neuenschwander, Cimeli et al. 2012) erprobt worden war.
Quantitative Befragung der Eltern
Der Elternfragebogen erfasste soziodemografische Angaben der Familien der Kindergartenkinder sowie Informationen aus Sicht der Eltern zu den folgenden Themenbereichen: dem Entwicklungsstand ihrer Kinder, dem Verlauf des Übergangs in den Kindergarten und in die Primarschule sowie der Zusammenarbeit mit der Kindergartenlehrperson. So weit als möglich wurden validierte Frageskalen eingesetzt, die den lokalen Bedingungen entsprechend angepasst wurden. Der Fragebogen wurde so konzipiert, dass es den Eltern möglich sein sollte, ihn in zwanzig bis dreissig Minuten auszufüllen. Der Fragebogen wurde nebst Deutsch in elf weiteren Sprachen (Albanisch, Arabisch, Bosnisch, Englisch, Französisch, Italienisch, Portugiesisch, Spanisch, Tamilisch, Tigrinisch und Türkisch) erstellt. Diese Sprachen werden im Kanton Zürich von den Eltern am häufigsten gesprochen. Die Eltern erhielten den Fragebogen von der Kindergartenlehrperson, die ihn den Kindern nach Hause mitgab. Die Eltern retournierten den ausgefüllten Fragebogen in einem geschlossenen Couvert an die Kindergartenlehrperson. Alle Eltern hatten die Möglichkeit, bei Fragen oder Bemerkungen das Forschungsteam telefonisch oder per Mail zu kontaktieren. Ausgewertet wurden die Fragebogendaten mit deskriptiven, nonparametrischen und parametrischen Verfahren (vgl. Edelmann, Wannack & Schneider 2018a; 2018b).
Einverständniserklärung und Datenschutz
Das Einholen der informierten Einwilligungen der an der Studie beteiligten Personen wurde schrittweise angegangen. Im Frühling 2017 informierten die Projektverantwortlichen der Bildungsdirektion des Kantons Zürich schriftlich die Schulleitungen derjenigen Kindergärten, die für die Stichprobenziehung infrage kamen. Anhand der konkreten Auswahl der Kindergärten nahm das Forschungsteam mit der entsprechenden Schulleitung Kontakt auf, um das Einverständnis zur Teilnahme der vorgesehenen Kindergartenlehrperson einzuholen. Lag dieses vor, wurde die Kindergartenlehrperson telefonisch oder per E-Mail angefragt, ob sie bereit wäre, an der Studie teilzunehmen. Bei einem positiven Entscheid der Kindergartenlehrperson wurden die Eltern schriftlich kontaktiert. Sie erhielten ein Informationsschreiben und eine Einverständniserklärung zur Teilnahme ihres Kindes an der Studie. Auch diese Unterlagen waren in die elf im Kanton Zürich am häufigsten gesprochenen Sprachen übersetzt worden. Im Rahmen der Videoaufnahmen wurde sowohl von allen Lehrpersonen als auch von anderen während der Aufnahmen anwesenden Fachpersonen ihr schriftliches Einverständnis eingeholt. Seitens des Forschungsteams wurde zuhanden der Bildungsdirektion des Kantons Zürich das Dokument «Informationen zum Datenschutz Kindergartenstudie Kanton Zürich» verfasst. Sämtliche Unterlagen sind in Edelmann, Wannack und Schneider (2018b) dokumentiert.
Nach diesen allgemeinen Ausführungen zum Untersuchungsdesign und den damit verbundenen Erhebungen und Stichproben werden in den folgenden Kapiteln (4 bis 11) nun spezifische Fragestellungen fokussiert und die damit verbundenen Ergebnisse präsentiert. Diese Kapitel sind in sich geschlossen gestaltet und können unabhängig voneinander und in beliebiger Reihenfolge gelesen werden. Zur Erinnerung: Eine Kurzübersicht zu den einzelnen Themen findet sich in Kapitel 1.
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