—In Kapitel 11 werden noch einmal Einsichten aus den Interviews mit den Kindergartenlehrpersonen präsentiert. Doris Edelmann beschreibt die Erfahrungen und Einschätzungen der Kindergartenlehrpersonen zu den Übergängen in den Kindergarten und in die daran anschliessende erste Klasse der Primarschule.
Diese Kapitel orientieren sich alle an der gleichen Grundstruktur: Nach einer kurzen Einleitung, welche auf die jeweils spezifischen Fragestellungen eingeht, folgt eine knappe theoretische Fundierung und anschliessend die Präsentation der Ergebnisse. Abgeschlossen wird jedes Kapitel mit einem Fazit. Zusätzlich enthalten alle Kapitel eine «Methodenbox» mit kurzen Ausführungen zu den verwendeten Instrumenten oder Vorgehensweisen. Die vorliegende Studie konnte dank dem Engagement und der Beteiligung einer Vielzahl von Personen realisiert werden. Insbesondere zu erwähnen sind:
—Die teilnehmenden Kindergartenlehrpersonen und ihre Mitarbeitenden, die uns mehrmals (bis zu achtmal) den Besuch in ihren Klassenzimmern ermöglicht haben, sodass der Unterricht gefilmt und die geplanten Erhebungen mit den Kindern realisiert werden konnten. Sie waren ausserdem massgeblich an der Organisation der schriftlichen Befragung der Eltern beteiligt und haben uns zudem mündlich und schriftlich ausführlich Auskunft über sich und ihren Alltag gegeben.
—Die beteiligten Kinder beziehungsweise deren Eltern, die mit ihrer Einwilligung das Aufzeichnen der Daten ermöglichten und damit eine wichtige ergänzende Perspektive zu den Wahrnehmungen der Kindergartenlehrpersonen darstellen.
—Die Mitarbeitenden der Bildungsdirektion des Kantons Zürich, insbesondere Konstantin Bähr, Sybille Bayard, Flavian Imlig und Max Mangold, die das Projekt von Beginn seiner Entwicklung bis zum Abschluss begleitet haben.
—Die Mitglieder der von der Bildungsdirektion eingerichteten Begleitgruppe, namentlich Sandra Altermatt, Gabriella Bazzucchi, Brigitte Fleuti, Annette Flury, Marie-Claire Frischknecht, Susanna Häuselmann, Elisabeth Hardegger, Dieter Isler, Brigitte Mühlemann, Andrea Russi, Anita Schaffner Menn, Heidi Simoni, Dorothea Tuggener, Verena Ungricht, Franziska Vogt und Ursina Zindel, welche die Forschungsarbeit zu verschiedenen Zeitpunkten kritisch kommentiert haben.
—Alle Mitarbeitenden, die in den einzelnen Teilprojekten tätig waren und sichergestellt haben, dass die an die Studie gestellten Anforderungen erfüllt wurden, allen voran Doris Edelmann, Evelyne Wannack, Hansjakob Schneider, Sonja Beeli-Zimmermann sowie Dilan Aksoy, Vanessa Kilchmann, Manuela Santos, Stefanie Schaller, Claudia Schletti, Sabina Staub, Carla Svaton, István Szurkos, Larissa Maria Trösch, Caroline Villiger und Marcel Zurbrügg.
Allen sei an dieser Stelle nochmals ausdrücklich für ihre wertvolle Mitarbeit gedankt.
Evelyne Wannack, Doris Edelmann
Im ökosystemischen Entwicklungskonzept von Urie Bronfenbrenner (1981) finden Bildungs- und Entwicklungsprozesse in einem dynamischen Wechselspiel zwischen persönlichen Anlagen und sozialer Umwelt statt. Auch Rüesch (1999; 2001) postuliert anhand der empirischen Analyse von Schulforschungsstudien, dass das Zusammenspiel verschiedener Faktoren für die Bildungs- und Entwicklungsprozesse von Kindern verantwortlich ist (vgl. Abbildung 2.1). Im Zentrum des Konzepts steht das Kind mit seinen individuellen kognitiven, motivationalen und volitionalen Voraussetzungen. Damit es seine Potenziale entfalten kann, kommt der Anregungsqualität seiner Umwelt eine hohe Bedeutung zu, sei dies in der Familie oder in Bildungseinrichtungen (z. B. Kluczniok 2017). Von Relevanz für die Kinder sind auch sogenannte Übergänge, die für die individuellen Bildungs- und Entwicklungsprozesse sowohl förderlich als auch hemmend sein können (z.B. König 2017). Übergänge werden als «Lebensereignisse» verstanden, «die Bewältigung auf mehreren Ebenen erfordern, die Prozesse beschleunigen und intensiviertes Lernen anregen, welche sozial und kulturell eingebettet sind, ko-konstruiert werden und als bedeutsame biografische Erfahrung im Wandel der Identitätsentwicklung wahrgenommen werden» (Griebel & Niesel 2013, S. 97). Sowohl der Übergang in den Kindergarten als auch derjenige in die Primarschule stellt an Kinder und Eltern hohe Ansprüche. Kinder sind insbesondere auf eine Unterstützung durch ihre Lehrpersonen angewiesen, die sich dadurch auszeichnet, dass diese den Kindergarten und die Schule den unterschiedlichen Bildungs- und Lernbedürfnissen der Kinder entsprechend gestalten. Mit andern Worten sind es nicht die Kinder, die für den Eintritt in den Kindergarten oder den Übertritt in die Schule bereit sein müssen, sondern die Bildungsstufen müssen bereit sein für die Kinder (OECD 2017a; OECD 2017b).
Abbildung 2.1: Proximale und distale Einflüsse auf die Bildungs- und Entwicklungsprozesse des Kindes (Edelmann; Wannack; Schneider 2018a, S. 29)
Abbildung 2.1 zeigt auf, dass es Einflussbereiche gibt, die in direkterem Zusammenhang mit den Bildungs- und Entwicklungsprozessen von Kindern stehen. In Anlehnung an Rüesch (2001) werden diese als proximale Einflussbereiche bezeichnet (Eltern und Familie, vor- und ausserschulische Bildungsangebote, Kindergartenlehrpersonen und Unterrichtsprozesse). Als distale Einflussbereiche gelten diejenigen, die sich indirekt auf die Bildungs- und Entwicklungsbereiche auswirken (Erziehungs- und Bildungskooperationen zwischen Kindergartenlehrpersonen und Eltern sowie Kooperation zwischen Lehr- und Fachpersonen).
In den nachfolgenden Kapiteln wird näher auf die Bedeutung der einzelnen proximalen und distalen Einflussbereiche eingegangen.
Eltern und Familie: Die Familie ist der primäre Bildungsort für die Kinder. Studien belegen, dass die Anregungsqualität in der Familie und in ihrem Umfeld nicht nur für die Aneignung von Bildungsinhalten von hoher Bedeutung (z.B. Minsel 2007), sondern auch dafür entscheidend ist, wie sich Kinder z.B. im Kindergarten oder der Primarschule zurechtfinden (Edelmann 2018). Die Eltern übernehmen diesbezüglich vielfältige Rollen, etwa als «Bindungspersonen und Bildungspartner, als Interaktions- und Kommunikationspartner, als Erzieher und Bildungsvermittler» (Walper & Wild 2014, S. 366).
Vor- und ausschulische (Bildungs-)Angebote: Bereits im vorschulischen Alter verfügen viele Kinder über Erfahrungen in pädagogischen Umgebungen wie Kindertagesstätten, Spielgruppen oder Angeboten im musischen respektive motorischen Bereich (Bollig, Honig & Nienhaus 2016; Knoll 2018). Diese unterstützen das soziale und kognitive Lernen sowie den Schritt in die Eigenständigkeit. Auch hier ist die Qualität ausschlaggebend dafür, ob und wie sich die Angebote auf die Bildung und Entwicklung der Kinder auswirken (z. B. Rossbach 2011). Zu bemerken ist, dass es privilegierten Eltern in höherem Masse gelingt, ihre Kinder an qualitativ hochwertigen Angeboten teilnehmen zu lassen (z.B. Stamm & Edelmann 2013; Edelmann 2018).
Kindergartenlehrpersonen: Eher unterschätzt wurde eine Zeit lang die Bedeutung der Lehrperson (Lipowsky 2007; Zierer 2018). Studien zur Qualität im Kindergarten verweisen jedoch darauf, dass die professionellen Kompetenzen von Lehrpersonen zentral sind (Hardy & Steffensky 2014). Als bedeutend werden in verschiedenen Modellen Professionswissen, Einstellungen und Überzeugungen sowie Motivation genannt. In ihrem Zusammenspiel machen sie das professionelle Handeln aus (Baumert & Kunter 2006; Faas 2013).
Unterrichtsprozesse: Dass die Unterrichtsqualität für die Bildungs- und Entwicklungsprozesse von Kindern hoch relevant ist, gilt mittlerweile als gesichert (Anders 2013; Burger 2010; Kuger, Kluczniok, Kaplan et al. 2015). Erfasst wird diese über die Orientierungs-, Struktur- und Prozessqualität. Während sich die Strukturqualität eher auf stabile Rahmenbedingungen wie z.B. die Klassengrösse, räumliche und materielle Ausstattung bezieht, werden unter der Prozessqualität die Interaktion der Lehrperson mit den Kindern und das didaktische Arrangement fokussiert. Orientierungsqualität wird anhand der pädagogischen