INHALT
CHRISTINE ABBT, JOHAN ROCHEL
Demokratische Rechte auf Nicht-Staatsbürger ausweiten
WALTER LEIMGRUBER
Kein Stimmrecht – trotzdem mitstimmen
JOACHIM BLATTER, CLEMENS HAUSER, SONJA WYRSCH
Loyalität erhöhen durch doppelte Staatsbürgerschaft
ANDREA SCHLENKER
Eine dynamische Schutzklausel entwickeln
MICHAEL AMBÜHL, SIBYLLE ZÜRCHER
Asylrecht und Grenzschutz auf Europa abstimmen
SARAH PROGIN-THEUERKAUF
Die rechtliche Stellung der Sans-Papiers verbessern
MARTINA CARONI
Das individuelle Potenzial von Asylsuchenden wahrnehmen
CONSTANTIN HRUSCHKA
Migrationswege für Flüchtlinge legalisieren
MARGIT OSTERLOH, BRUNO S. FREY
Migration mit einer Gebühr schrittweise liberalisieren
STEFAN SCHLEGEL, PHILIPP LUTZ, DAVID KAUFMANN
Das Land für Hochqualifizierte attraktiv machen
RETO FÖLLMI, TIMO B. DÄHLER
Migration als demografischen Ausgleichsfaktor nutzen
PHILIPPE WANNER
Die Anerkennung von Berufsqualifikationen vereinfachen
MARGARITE HELENA ZOETEWEIJ
Eine Grundannahme der Migrationsdebatte aufgeben
ANNA GOPPEL
Die Errungenschaften der offenen Gesellschaft verteidigen
KATJA GENTINETTA
AMINA ABDULKADIR
Einleitung
CHRISTINE ABBT, JOHAN ROCHEL
Ab Januar 2017, wenn in der Schweiz das neue Markenschutzgesetz in Kraft tritt,1 wird aus einer italienischen Kuh ohne Probleme, blitzschnell, eine Schweizer Kuh. Bedingung dafür ist, dass die Kuh die Schweizer Grenze ordentlich passiert. Ist dieser Schritt vollzogen, wird aus dem italienischen Tier ein einheimisches, das nach dem Übertritt unmittelbar «Schweizer» Käse produzieren kann. Was in Bezug auf Tiere in naher Zukunft reibungslos funktionieren wird, eben der problemlose Wechsel nationalstaatlicher Zugehörigkeit, vollzieht sich bei Personen offenkundig nicht im selben Mass unproblematisch. Ein- und Auswanderung, Niederlassung und Bürgerrecht, aber teilweise auch schon die Durchreise durch das Land sind in der Schweiz und auch international über anspruchsvolle Verfahren organisiert. Dass Waren, Dienstleistungen, Ideen, Tiere und Pflanzen heute einfacher durch die Welt zirkulieren als Menschen, ist nicht selbstverständlich. Noch bis ins 20. Jahrhundert war es zumindest in Teilen Europas andersherum. Personen konnten sich relativ frei durch unterschiedliche Gebiete bewegen. Die Waren allerdings wurden besteuert und mussten entsprechend verzollt werden. Statt Menschen wurden damals vor allem Warengüter geschmuggelt. Heute wird der jährliche Umsatz von Menschenschmugglern, sogenannten Schleppern, auf Hunderte von Millionen Franken geschätzt.2
Zurück zur heutigen Schweiz, zum Land der Berge, Uhren, Schokolade, der exzellenten Bildung, des starken Frankens, der humanitären Tradition; zur Schweiz als Beispiel für gelebten Föderalismus, direkte Demokratie, innovative Nachhaltigkeit, eines gelingenden Zusammenspiels und Nebeneinanders von technologischem Fortschritt, kultureller Innovation, verankerten Grundrechten und traditionsreichem Heimatschutz. Bei genauerer Betrachtung ist die Schweiz in all den erwähnten Belangen vor allem ein Land des regen Austauschs, ein Land der Zu-, Ein-, Durch- und Auswanderung, ein Migrationsland eben.
Aktuell lässt sich für die Schweiz als Migrationsland ein bemerkenswertes Bild ausmachen. Einerseits ist die öffentliche Diskussion stark geprägt von der Vorstellung der Schweiz als Zuwanderungsland. Insbesondere die Geflüchteten aus Syrien und anderen Ländern prägen die Debatte. Tatsächlich sind laut Angaben des Uno-Flüchtlingshilfswerks UNHCR 65 Millionen