Das dritte Kriterium, damit Synoden und ihre Umsetzung gelingen, lautet: Kommunikation. Geheimniskrämerei auf Synoden ist im Zeitalter von Facebook, Twitter und Instagram ein vergebliches Unterfangen. Deshalb ist die Medienarbeit zentral für Erfolg oder Misserfolg einer Synode. Dabei geht es um weit mehr als die Veröffentlichung eines Abschlussdokuments. Es müssen Zusammenhänge kommuniziert werden, damit nicht ein falscher Zungenschlag entsteht.
So war die zentrale Nachricht über die Trierer Diözesansynode, dass die Zahl der Pfarreien von über 800 auf 35 reduziert werden soll. Horrorvorstellungen breiteten sich aus. Dass eine solche Zahl aber in Zusammenhang mit den Perspektivwechseln gesehen werden muss, fehlte in der Kommunikation. Es muss nämlich das kirchenrechtliche Gebilde „Pfarrei“ ergänzt werden durch ein Netzwerk von Gemeinden und Kirchorten, an denen sich pastorales Leben ereignet. Die großen Strukturen funktionieren nur, wenn gleichzeitig „vom Einzelnen her“ gedacht und gehandelt wird, wenn nicht in erster Linie ein abzuarbeitendes Aufgabenprogramm Priorität hat, sondern die Charismen und Fähigkeiten der Gläubigen ernst genommen und in synodalen Prozessen auf Gemeinde- und Pfarreiebene entdeckt werden können.
Ein viertes Moment für die Umsetzung von synodalen Beschlüssen lautet: Sich Zeit lassen! Wenn eine Synode wirklich etwas bewirken will, muss mit Geduld an die Realisierung herangegangen werden. Den langen Atem brauchen dabei nicht nur die Gläubigen, sondern vor allem auch der Bischof und die diözesanen Gremien, analog auf der Ebene der Bischofskonferenz und der Weltkirche.
Die Prozesse, die auf und zwischen den beiden Familiensynoden abgelaufen sind, zeigen, wie wichtig die breite Mitbeteiligung auf allen Ebenen ist, die Rückspiegelung von Ergebnissen und die erneute Diskussion. Und selbst wenn sich in der Öffentlichkeit alles auf eine einzige Fußnote zu konzentrieren scheint, gelingt die Einordnung des damit verbundenen Themas in das Gesamt der Synodenberatung erst nach vielen Anläufen. Schließlich müssen die Betroffenen – Bischöfe, Priester, Haupt- und Ehrenamtliche, die einzelnen Gläubigen – auf einen neuen Weg mitgenommen werden. Damit kann – und wird in vielen Fällen – das Aufbrechen gewohnter Abläufe und Arbeitsplatzbeschreibungen verbunden sein.
SYNODALITÄT – EINE NEUE QUALITÄT VON KIRCHE?
Ob Synodalität wirklich die Zukunft der katholischen Kirche prägen wird, muss sich noch zeigen. Papst Franziskus möchte diesen Weg einschlagen. Offen ist, ob die Widerstände des „Apparats“, also der Verwaltung auf weltkirchlicher und teilkirchlicher Ebene, synodale Prozesse bremsen oder ob es gelingt, die „Freude des Evangeliums“ (Papst Franziskus) im gemeinsamen Ringen um die Zukunft der Kirche zu entdecken.
Synodalität aus evangelischer Perspektive
Synoden stellen heute als die Legislative einen wichtigen Teil in der Leitung Evangelischer (hier und im Folgenden groß geschrieben, wenn der institutionelle Aspekt, klein, wenn der sachliche Bezug auf das Evangelium im Vordergrund steht) Kirchen dar. Allerdings gab es über Jahrhunderte auch reformatorische Kirchen ohne Synoden. Welche Bedeutung kommt diesen Versammlungen in evangelisch-theologischer Perspektive zu? Christian Grethlein
Um dies zu beantworten, will ich in vier Schritten vorgehen: Einleitend skizziere ich knapp den biblisch-theologischen und reformatorischen Hintergrund zu Synodalität. Es folgen historische Hinweise auf drei Impulse, die zur konkreten Ausarbeitung synodaler bzw. presbyterial-synodaler Kirchenordnungen führten. Von hier aus, also angesichts einer historisch gewachsenen Pluriformität bestimme ich systematisch drei wichtige theologische Inhalte synodaler Kirchenordnung. Den Abschluss bilden empirische Hinweise auf Probleme dieser Ordnungsform in der Gegenwart.
BIBLISCHE UND REFORMATORISCHE HINTERGRÜNDE
„Synodos“ bezeichnete im achäischen Bund „eine politische Körperschaft, der […] die Gesetzgebung, die Entscheidung über Krieg und Frieden und die Ein- und Absetzung der leitenden Beamten oblagen; es bezeichnete zugleich kultische Versammlungen“ (Huber, 322). Dazu bedeutet das Verb „synodeuein“ „den gleichen Weg unter die Füße nehmen, zusammen reisen, jemanden auf dem Weg begleiten“ (Huber, 322). Von daher lag es durchaus nahe, dass die frühen Christen sowohl Versammlungen örtlicher Gemeinden als auch Treffen zwischen Vertretern verschiedener Gemeinden als „Synoden“ bezeichneten.
Im Neuen Testament begegnet eine solche Zusammenkunft, in der es um die Klärung strittiger Fragen ging, im sog. Apostelkonzil – das jedoch besser Gemeindesynode (oder eben lateinisch: -konzil) genannt würde, weil daran neben den Aposteln auch andere Gemeindevertreter teilnahmen. So heißt es zum Abschluss: „Und die Apostel und die Ältesten beschlossen samt der ganzen Gemeinde“ (Apg 15,22). Der etwa seit Mitte des 2. Jahrhunderts einsetzende und sich über die Jahrhunderte zunehmend forcierende Prozess der Klerikalisierung christlicher Gemeinden hatte auch für solche Versammlungen Konsequenzen. Die aktive Beteiligung der Gemeindeglieder trat in den Hintergrund zugunsten der repräsentativen Funktion der Bischöfe (vgl. Huber, 341). So waren im Mittelalter – und sind bis heute in vielen nichtprotestantischen Kirchen – Synoden bzw. Konzile Klerikertreffen.
Christian Grethlein
Dr. theol. habil., Professor für Praktische Theologie an der Universität Münster; Forschungsschwerpunkt: Theorie der Kommunikation des Evangeliums in der Gegenwart.
Dem stand die theologische Grundauffassung Martin Luthers entgegen, die dieser auf eine Anfrage aus der Gemeinde in Leisnig am 29. Januar 1523 knapp in folgender programmatisch betitelter Schrift entwickelte: „Daß eine christliche Versammlung oder Gemeinde Recht und Macht habe, alle Lehre zu urteilen und Lehrer zu berufen, ein- und abzusetzen, Grund und Ursach aus der Schrift.“ Hier zieht der Reformator die kirchentheoretischen Konsequenzen aus der theologischen Einsicht in das allgemeine Priestertum aller Getauften. Zwar ergaben sich daraus für die konkrete Ordnung der lutherischen Kirchen lange Zeit keine konkreten Konsequenzen. Dem stand neben mittelalterlichem Ständedenken vor allem die formale Unbildung der großen Bevölkerungsmehrheit entgegen, die als Analphabeten keinen Zugang zu der für reformatorische Theologie grundlegenden Bibel hatten. Doch konnte die spätere Bildung von Synoden zur Begründung auf den reformatorischen Ansatz zurückgreifen. So erschien jetzt die Synodalität als ein Grundprinzip evangelischer Kirchen, insofern sie nämlich die „Zusammengehörigkeit von lehrender und hörender Kirche“ zum Ausdruck brachte und einseitigen Autoritätszuschreibungen wehrte.
In besonderer Weise schon früh ausgeprägt findet sich das Prinzip der Synodalität in den reformierten Gemeinden. Fundiert in der Lehre vom vierfachen Amt – Pfarrer, Diakon, Presbyter und Lehrer – bekamen und behielten Synoden, etwa in den Niederlanden, die nicht nur aus Klerikern bestanden, von Anfang an ein besonderes Gewicht.
IMPULSE ZUR EINFÜHRUNG SYNODALER ORDNUNGEN
Drei wichtige Impulse führten in historischer Perspektive dazu, dass heute synodale Ordnungen in den deutschen Evangelischen Landeskirchen selbstverständlich sind.
Den wohl entscheidenden Anstoß gaben tief greifende Veränderungen am Beginn des 19. Jahrhunderts: „Das aufwühlende Erlebnis der Befreiungskriege gegen die napoleonische Herrschaft, der geistesgeschichtlich bedeutsame Umschwung vom Rationalismus der Spätaufklärung in eine romantisch-idealistische Weltsicht, aber auch die Wiederbelebung eines aus dem Pietismus stammenden persönlichen Frömmigkeitsideals – alles das mündete in einen neuen religiösen Aufbruch“ (Link, 138). Er stand in Widerspruch zum überkommenen landesherrlichen Kirchenregiment und verlangte nach einer allgemeineren Beteiligung der Gemeindemitglieder. Unterstützt durch konkrete Anlässe wie die Unionsbestrebungen des preußischen Königs kam es zuerst 1835 mit der Rheinisch-Westfälischen Kirchenordnung zu einer sog. presbyterial-synodalen Kirchenverfassung. Genauer muss zu „presbyterial-synodal“ noch „konsistorial“ hinzutreten, insofern auf Provinzialebene Konsistorien wichtige Funktionen – im Dienst des Landesherrn – vollzogen.
Die sich in den einzelnen Landeskirchen über Jahrzehnte hinziehende Einrichtung von Synoden, in denen mit der Zeit die Nichtordinierten an Zahl und Bedeutung gewannen, verliefen parallel zu den staatlichen Demokratisierungsbewegungen. Wie ein Blick in entsprechende