INHALT Lebendige Seelsorge 4/2018
THEMA
Synodalität – eine Perspektive für die katholische Kirche
Von Joachim Schmiedl
Synodalität aus evangelischer Perspektive
Von Christian Grethlein
Chancen der Partizipation
Die Replik von Joachim Schmiedl auf Christian Grethlein
Synodalität in der katholischen Kirche – evangelisches Staunen
Die Replik von Christian Grethlein auf Joachim Schmiedl
Jugendtheologie als Vorfeldarbeit zum synodalen Prozess?
Grundannahmen und Konkretisierungen Von Bert Roebben, Janieta Bartz, Laura Otte und Katharina Welling
PROJEKT
Triff den Papst in der Kneipe – 50.000-mal
Von Simon Linder
INTERVIEW
„Eine Kirche, die aufhört, von Berufung zu sprechen, würde aufhören zu existieren!“ Ein Gespräch mit Jugendbischof Stefan Oster SDB, Magdalena Hartmann und Thomas Andonie
PRAXIS
Jugendsynode im Ländervergleich Themen für die Jugendsynode aus den Antwortdokumenten der Bischofskonferenzen, der Vorsynode und des Instrumentum Laboris Von Paul Metzlaff
Die Partizipationspraxis junger Leute
Wunschdenken der Älteren oder Realität?
Von Peter Martin Thomas und Verena Hünerfeld
Die MEHR-Konferenz. Mehr als eine Konferenz
Von Theresa Mertes und Chris Cuhls
Jugendkirchen im Konzert der jugendpastoralen Vielfalt
Von Eileen Krauße
FORUM
Kirche(n) unter Soldaten – Zur Ökumene in der Militärseelsorge
Von Niklas Peuckmann
NACHLESE
Glosse
Von Annette Schavan
Buchbesprechungen
Impressum
POPKULTURBEUTEL
Mancher Dornbusch schaut zurück
Von Matthias Sellmann
EDITORIAL
Matthias Sellmann Mitglied der Schriftleitung
Liebe Leserin, lieber Leser,
es gibt in pastoralen Kreisen ein schönes, immer wieder gern genutztes Wort, das heißt: „Die Jugend ist ja die Zukunft der Kirche.“ Da sind sich alle einig. Und es schließen sich zwei Konsequenzen an: Da man ja die eigene Zukunft zu fördern hat, sollte man auch die Wünsche des Jugendkaplans, der Jugendreferentin oder der Jugendverbände großzügig unterstützen.
Und zweitens: Da ‚die Jugend‘ so erkennbar anders und immer mehr scheinbar auch gar nicht so Kirche ist wie man selber, macht man sich große Sorgen um die Zukunft. „Wo soll das enden, wenn es schon so anfängt?“, fragt man sich – und reiht sich ein in die jahrhundertealte Reihe all jener Lehrer, Philosophen, Professoren, Eltern und sonstigen Erzieher, die immer schon wussten, dass nach ihnen irgendwie das Niveau zu sinken begann.
Auf diesem Schiff offenbar permanent sinkenden Glaubensniveaus erleben wir gerade einen prominenten Navigierer in wildem Flaggenalphabet. Er buchstabiert nach draußen auf das Meer: „Die Jugend ist die Gegenwart der Kirche“. Und da ihn Gegenwart mehr als alles interessiert, lädt er junge Leute ein, das alte Schiff mal kritisch unter die Lupe zu nehmen.
Gemeint ist Papst Franziskus und sein Projekt der Jugendsynode in diesem Herbst. Das Dokument zur Vorsynode ließ schon aufhorchen – denn selten gab es einen derart entschieden lernbereiten Text des Vatikans. Die Vorsynode selbst hielt das Versprechen. Wir können neugierig sein, was die Synode selbst für Überraschungen bereithält.
Dieses Themenheft wird Ihre Neugierde befeuern. Beteiligte und Verantwortliche kommen zu Wort; die Idee einer expliziten ‚Jugendtheologie‘ wird präsentiert; das Instrument ‚Synode‘ wird ökumenisch und soziologisch geprüft; Projektberichte bringen Farbe ins Spiel.
Der alte Pott wird sicher kein Katamaran, auch nicht nach dem Herbst 2018. Aber junge Leute haben normalerweise mehr Angst vor Häfen als vor Ozeanen. Und das macht uns flott.
Ihr
Prof. Dr. Matthias Sellmann
THEMA
Synodalität – eine Perspektive für die katholische Kirche
Der erste synodale Akt in der Geschichte der jungen Kirche war die Wahl des Matthias zum Apostel (Apg 1,15-26). 120 Personen waren zusammengekommen. Weniger waren es dann beim so genannten „Apostelkonzil“ (Apg 15) mit dem Verzicht auf Beschneidung und Speisevorschriften. Konzilien und Synoden prägten die Entwicklung der Kirche dann nicht nur in den ersten Jahrhunderten mit der Klärung der christologischen und trinitarischen Fragen, sondern dienten zu allen Zeiten der Herausbildung von Lehre und Gestalt der Kirche. Das gilt für die römische Kirche ebenso wie für die Kirchen der Orientalen und Orthodoxen sowie für die Kirchen der Reformation. Joachim Schmiedl
Das Kirchenrecht von 1917 schrieb für die römisch-katholische Kirche die Abhaltung von Diözesansynoden alle zehn Jahre vor (CIC/1917, can. 356-362). Diese Regelmäßigkeit wurde in Deutschland nicht durchgehalten. Das Zweite Vatikanische Konzil rief deshalb Synoden wieder in Erinnerung. Im Bischofsdekret Christus Dominus (CD 36) werden sie als „ehrwürdige Einrichtungen“ bezeichnet. Das Konzil unterscheidet Synoden, Provinzialkonzilien und Plenarkonzilien. Im selben Abschnitt ist auch von den Bischofskonferenzen die Rede. In Ergänzung der Herausstellung der päpstlichen Vollmacht auf dem Ersten Vatikanischen Konzil bindet das Zweite Vatikanum die Kollegialität der Bischöfe mit einer synodalen Ausübung ihrer Vollmacht zusammen. Hinzu kam, dass das Konzil die theologische Position der Laien stärkte. Auch sie nehmen an der Heilssendung der Kirche teil, wie die Kirchenkonstitution LG 33 hervorhebt, und üben eine „wertvolle Wirksamkeit zur Evangelisation der Welt“ (LG 35) aus.
NACHKONZILIARE SYNODEN
Dadurch musste sich die Gestalt von Synoden nach dem Konzil verändern. An den ersten Bischofssynoden, die Paul VI. an die Stelle des vom Konzil gewünschten permanenten Bischofsrats gesetzt hatte, nahmen nur Ordinarien im rechtlichen Sinn teil. Den Durchbruch zu einer veränderten Gestalt von Synode brachte das Niederländische Pastoralkonzil (1967–1970), an dem nicht nur Bischöfe und Priester, sondern auch Laienvertreter stimmberechtigt teilnahmen. Daran orientierten sich auch die deutschsprachigen Länder bei ihren nachkonziliaren Synoden.
In der Bundesrepublik Deutschland ging die Initiative vom Essener Katholikentag aus. Der Diskussionsbedarf wurde von der Christlichen Arbeiterjugend (CAJ) als Antrag an die Bischofskonferenz formuliert, die den Vorbereitungsprozess in Gang setzte. Lange wurde um Statut und Geschäftsordnung gerungen, um sowohl die Freiheit der Synode als auch die Rechte der Bischöfe als „episkopoi“, als Aufseher über den Glauben, zu wahren. Vereinbart und auch von Rom genehmigt wurde ein Verfahren, nach dem die Bischofskonferenz vor der jeweiligen Lesung einer Vorlage ihre eventuellen Bedenken vorbringen sollte, diese aber auch zur Diskussion gestellt wurden und auf diese Weise noch modifiziert werden konnten. So wurde die Diskussionskultur gestärkt und größere Differenzen vermieden, was jedoch nicht für mit Rom auszuhandelnde Streitfragen wie den Diakonat der Frau oder die Laienpredigt galt.
Joachim Schmiedl
Dr. theol.