13 L. Cavani, Sein Name war Franziskus. I – D 2014, synchronisiert 2016.
14 So fassen beide ihre jeweilige Art der Nachfolge in dichte Bilder: FQ 63, 70, 107, 119–120, 129; KQ 28.
15 Zu den drei Formen radikaler evangelischer vita apostolica bei Norbert, Waldes und Franziskus: N. Kuster, Wanderradikale und heimatlose Mönche – oder: Wie eine bewegte Lebensform immer wieder sesshaft wird, in: Edith Stein Jb 9 (2003), 46–81.
16 Mit einem Überblick: G. Melville, Die Welt der mittelalterlichen Klöster. Geschichte und Lebensformen. München 2012, und spezifisch: Gregorio e gli Ordini Mendicanti. Atti del XXXVIII Convegno internazionale. Spoleto 2011.
17 Fassbar in der Ordensregel, in den Briefen an Leo und die Gläubigen, im Testament für San Damiano sowie der Meditation zum Vaterunser: Verweise zu den FQ [s. Anm. 14].
18 So Klaras Bild für ihre Berufung im 2. Brief an Agnes von Prag, KQ [s. Anm. 14].
19 Deutliche Spuren für die Nachfolgemystik finden sich in Klaras vier Briefen an Agnes: KQ 13–41, mit Anklängen an Betanien KQ 27 und an die spirituelle Mutterschaft KQ 32–33.
20 Das Zeugnis findet sich kommentiert in FQ 1533–1535. Der markante Begriff hospitia wird da jedoch verschwommen übersetzt. Zur Interpretation: B. Schmies, Klara, 94–99, 157–159, 193–195 [Anm. 8].
21 Die aussagekräftigen Zeugnisse des Heiligsprechungsprozesses finden sich in KQ 109–188.
22 Zur These einer Abhängigkeit der Regula pro eremitoriis (FQ 103–104) von Klaras Vorbild s. B. Schmies, Klara, 60 [s. Anm. 8]; N. Kuster, San Damiano und der päpstliche Damiansorden. Die spannungsvolle Gründungsgeschichte der Klarissen im Licht der neuesten Forschung, in: CFr 82 (2012), 253–340, 266– 269.
23 Die Entwicklung von San Damiano in der Bipolarität zwischen aktiver Menschensorge im hospitium und Schutzräumen der Kontemplation im claustrum sucht nachzuzeichnen: N. Kuster, Stadt und Stille. Klaras Gemeinschaft im Spannungsfeld von Mystik und Politik, in: H. Schneider (Hrsg.), Gestalt und Geschichte, 131–163 [s. Anm. 12].
24 Zur späten Quelle in Fioretti und ihrer Interpretation: M. Kreidler / N. Kuster / A. Röttger (Hrsg.), Mein Leben leuchten lassen. Beten mit Franz und Klara von Assisi. Ostfildern 2015, 49–51.
25 Bezeichnend dafür ist das erste, zentrale und letzte Kapitel ihrer Ordensregel: KQ 55–73 (KlReg 1.6.12).
26 P. Maranesi, La clausura di Chiara. Un valore o una necessità? Assisi 2012.
27 Zur Ikone, ihrer Geschichte, Botschaft und Bedeutung für Franz und Klara: M. Kreidler-Kos / N. Kuster, Christus auf Augenhöhe. Das Kreuz von San Damiano. Kevelaer 32011.
28 Zum Franziskuslogion in der Dreigefährtenlegende (Gef 22): FQ 624; zu Klaras Testament: KQ 80–81.
29 Die beiden Texte finden sich in FQ 63 sowie KQ 65 (VermKl) und KQ (2 Agn 17–18).
30 Zum Sonnengesang: N. Kuster, Franziskus. Rebell und Heiliger. Freiburg 42016, 113–124.
31 J. Dalarun, François d’Assise: un passage. Femmes et féminité dans les écrits et les légendes franciscaines. Arles 1997.
32 Die Schlüsseltexte dazu finden sich in FQ 78 (NbR 9), 98 (BR 6), 107 (Leo), 246 (1 C 79), 375 (2 C 137).
33 FQ 63 (VermKl), 18 (MarAnt), 128 (2 Gl 1), 124 (1 Gl 1).
34 FQ 34–35, dazu das Sacrum Commercium über Frau Armut: FQ 654–685.
35 FQ 41; s. dazu: J. Dalarun, Il Cantico di frate Sole. Francesco d’Assisi riconciliato. Milano 2015.
36 FQ 37–38 (LobGott).
37 FQ 1499 (Stef 3); vgl. dazu die Lebensform von San Damiano, die von „Töchtern des Vaters“, „Geliebten des Geistes“ und „Jüngerinnen Jesu“ spricht: FQ 68 (FormKl).
38 Zu diesen Quellen: KQ 57, 80–81, 85, 88 (KlReg 1, KlTest 37.48, KlSeg 6, KlSegA 5) sowie KQ 141.
39 M. Kreidler-Kos / N. Kuster, Der Mann der Armut. Franziskus – ein Name wird Programm. Freiburg 2014, 77–89.
Nadia Rudolf von Rohr OFS | Morschach
geb. 1975, lic. phil., Geschäftsstellenleiterin
Franziskanische Gemeinschaft
Fernnahe Liebe
Niklaus und Dorothea von Flüe
600 Jahre ist es her, dass Bruder Klaus zur Welt kam, das heißt richtiger: Niklaus von Flüe. Denn der Schweizer Nationalheilige führte zunächst ein Leben als gestandener Bauer und Truppenführer, als Familienvater und gesellschaftlich engagierter Politiker. Erst in der letzten Lebensphase wurde er zu Bruder Klaus und zu dem Eremiten im Ranft,1 der bis heute Reisende und Ratsuchende aus aller Welt anzieht.2 Fragt man nach dem Heiligen Bruder Klaus, wissen viele Menschen allenthalben, dass das doch jener sei, der um Gottes Willen Frau und Kinder verlassen hätte. Ein Skandal, dass so etwas zu einem heiligmäßigen Leben gehört! Heutige Interpreten vermuten hinter Niklaus‘ Weggang eine Midlifecrisis oder ein Burnout, das ihn zwang, seine Prioritäten radikal anders zu setzen.3 Das wird aber dem Gottsucher Niklaus und seiner Berufung nicht gerecht. Und es wird v.a. auch Dorothea, seiner Frau, nicht gerecht. Weder wird sie einfach verlassen noch lässt sie Niklaus selbstaufopfernd ziehen. Die beiden ringen eingehend um ihre Zukunft, ihre Berufung und die Form dafür. Am Ende findet Dorothea zu einem Ja, das Niklaus den Weg frei macht für sein eremitisches Leben und das beide trotz äußerer Trennung innig verbindet.
Bäuerliche Gesellschaft im 15. Jahrhundert
Niklaus und Dorothea wachsen Anfang des 15. Jhs. mitten in der Schweiz im lieblichen Tal des Kantons Obwalden auf. Ihre Lebensumstände sind geprägt vom ländlichen Alltag der Bauern, die die Landwirtschaft intensivieren und sich zunehmend auf Viehwirtschaft spezialisieren. Durch den lukrativen Verkauf von Käse und Rindern insbesondere auf den Märkten der Großstädte Oberitaliens bringen sie es zu einigem Wohlstand. Auch die von Flüe sind zur oberen Mittelschicht des Bauernstandes zu zählen. Die bäuerliche Gesellschaft von damals kennt eine klare Rollenverteilung, die Mann und Frau je eigen für das wirtschaftliche und gesellschaftliche Prosperieren verantwortlich macht: Während der Mann sich um den Hof, d.h. Vieh- und Ackerwirtschaft sowie allenfalls Politisches zu kümmern hat, besorgt die Frau Haus, Garten und Familie. Das schloss die Produktion und Verarbeitung eines Großteils der notwendigen Lebensmittel mit ein. Obschon anspruchsvoll und bisweilen hart, war ihr Leben aus moderner Sicht beschaulich.
Das 15. Jh. ist – wie die heutige auch – eine Zeit tiefgreifender Umbrüche. Die neu entstehende bäuerliche Oberschicht beansprucht mehr und mehr wirtschaftliche und politische Macht und verdrängt so den Landadel. Gleichzeitig festigen die vielfältig vernetzten Städte und Länderorte4 ihre Bündnisse. Allmählich verstehen sie sich als eine gemeinsame Größe, die sich – durchaus auch mit militärischen Mitteln – abgrenzt gegen andere Größen wie Habsburg oder das Burgund.5 Solche Entwicklungen beeinträchtigen auch den Alltag von Niklaus und Dorothea. Als wehrfähiger Mann zieht Niklaus in jungen Jahren und noch unverheiratet mehrmals mit bewaffneten Truppen los. Auch wenn es ihm zuwider ist, kommt er seinen diesbezüglichen gesellschaftlichen Verpflichtungen nach und leistet seinen Dienst. Der Mensch des 15. Jhs. findet erst langsam zu einem neuen Selbstverständnis. Noch steht das Kollektiv weit über dem Einzelnen und individuelle Interessen sind zweitrangig. Vielmehr ist der Garant für Sicherheit und Stabilität das Gemeinwohl,