11 Es sei die Pflicht der Kirche, Berufungen „liebevoll zu fördern, anzunehmen und zu begleiten“, betonte PAPST FRANZISKUS in seiner Ansprache an die Vollversammlung der Kongregation für den Klerus am 3. Okt. 2014, 15 die Wichtigkeit von Berufungen. Eine Berufung sei ein „,Rohdiamant‘, der mit Sorgfalt, Achtung vor dem Gewissen der Personen und Geduld bearbeitet werden muss, um inmitten des Gottesvolkes zu erstrahlen“ (ebd.), wozu die Priesterausbildung ihren Teil beitrage. Die Vollversammlung fand im Oktober 2014 statt, um den ersten Entwurf einer neuen Ratio fundamentalis zu besprechen, einem Ausführungsdekret gemäß c. 31 § 1 CIC/1983 für die kodikarischen Normen über die Priesterausbildung, die 2016 erschien (vgl. C CLER, Ratio fundamentalis sowie ergänzend SCHNEIDER, Sonderwelt, 27-31). Die bis 1988 zuständige Kongregation für das katholische Bildungswesen hatte am 6. Januar 1970 eine erste Ratio fundamentalis veröffentlicht (vgl. SC INSTCATH, Ratio fundamentalis, 321–384 und dazu SCHNEIDER, Auslaufmodell, 94–98), die mit den Aussagen über die Priesterausbildung des Zweiten Vatikanischen Konzils übereinstimmen sollte. 1985 folgte eine für den CIC/1983 aktualisierte Fassung, die wiederum von der 2016er Ratio fundamentalis abgelöst wurde.
12 Die 2011 veröffentlichte John Jay-Studie etwa, die die Ursachen und den Kontext des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch katholische Priester in den USA zwischen 1950 und 2010 untersuchte, hat ermittelt, besonders die Weihejahrgänge der 1940er und 1950er Jahre hätten Schwierigkeiten mit Intimität gehabt. Dies könnte auch eine Konsequenz von Ausbildungsdefiziten sein, die eine angemessene psychosexuelle Reifung zum Teil be- bzw. verhindert hätten. Vielen späteren Tätern sei in der Ausbildung ein Zugang zur „human formation“ (TERRY u. a. [Hg.], Causes, 5) verwehrt geblieben. Viele Täter hätten deshalb eine „‘confused’ sexual identity“ gezeigt (ebd.). Exemplarisch machten auch HILPERT, Problem, 173–176 und KEENAN, Child Sexual Abuse auf die Wechselwirkungen zwischen psychosexueller (Un-)Reife, Seminarerziehung, Zölibatsverpflichtung und sexuellem Missbrauch aufmerksam und vgl. auch BUCHER, Geiz, 152. Dass einige Priester Schwierigkeiten mit ihrer Sexualität bzw. dem Zölibat hatten, war der kirchlichen Autorität bekannt. Am 16. März 1962 gab es eine Neuauflage der geheimen Instruktion von 1922 „De modo procedendi in causis sollicitationis“ des Hl. Offiziums, was den Schluss nahelegt, das Hl. Offizium muss über sexuelle Missbräuche und Übergriffe informiert gewesen sein. PALLENBERG, Türen, 233 sprach sogar von einer Vielzahl an (wenn auch nicht immer begründeten) Meldungen an die örtlichen kirchlichen Instanzen und an das Hl. Offizium, sodass es „ein Formular zum Ausfüllen hat drucken lassen“. Bis es zu der Einleitung eines Verfahrens gekommen sei, habe man allerdings bis zur „dritte[n] Denunzierung“ gewartet (ebd.).
13 BÜNKER/HUSISTEIN, Zwischenhalt, 66.
14 Vgl. ebd.
15 Ebd., 65f
16 Vgl. ebd., 66.
17 Ein erster Teil des Nachlasses lag in digitaler Form (als Farbscans) seit Januar 2015 vor. Dieser erste Teil umfasste bereits 524 Scans. Im Dezember 2015 folgten weitere 57 Farbscans. Die einzelnen Dokumente waren nicht paginiert, aber grob chronologisch sortiert. Sie wurden von der zuständigen Archivarin im Staatsarchiv Luzern, Frau Elisabeth Vetter, zusammengestellt.
18 VETTER an Prof. Norbert Lüdecke per E-Mail am 17. Juli 2013. Die E-Mail liegt Vf.in vor.
19 Vgl. ebd.
20 StaLu, FREI, Interview v. 28. März 2007, 1. Der vorliegende Text ist mit einer Notiz versehen: „Notizen nach einem Interview mit einem elektronischen Gerät. Eine Fehlmanipulation des Interviewers nach Beendigung des Gesprächs löschte leider das Ton-Dokument. – Das Interview folgte einem schriftlich vorliegenden Plan. Diese Aktennotiz ersetzt das Ton-Dokument. Sie wurde von J. Crottogini am 3.4.2007 eingesehen, korrigiert und ergänzt“ (ebd.).
21 Ebd., 3.
22 Vgl. StaLu, MEIER u. a., Biographie.
23 Vgl. SCHELBERT, SMB-Archiv, o. S. sowie KANTON LUZERN, Staatsarchiv, o. S.
24 Beschreibungen etwaiger Besonderheiten wie z. B. handschriftliche Vermerke finden sich meist in den jeweiligen Anmerkungen.
25 In dem 2004er Interview mit Studierenden erzählte er, er habe immer gesagt, „es wäre ein Skandal, wenn ich jetzt ein Buch herausgeben würde über das Buch“ (StaLu, MEIER u. a., Biographie, 9). Darin dürfte aber mehr seine Enttäuschung über seine Erfahrungen mit dem Hl. Offizium erkennbar werden als eine tatsächliche Absicht, die Ereignisse zu veröffentlichen. Denn in keinem erhaltenen Brief an seinen Verleger hat er ein solches Vorhaben jemals angesprochen.
26 HENNING, Selbstzeugnisse, 135. Der sehr lange Nachruf für einen Mitbruder im Jahr 1999 habe ihn „zur Überprüfung meines eigenen Lebens und zu dessen möglicher Berichterstattung im Todesfall angeregt“, notierte Crottogini am 26. Feb. 2002 (StaLu, CROTTOGINI, Vorspann, 1).
27 Vgl. dazu ARNOLD, Umgang, 51.
28 StaLu, CROTTOGINI, Dokumentation, 2.
29 Archivar Albert FISCHER an Verf.in am 1. Sept. 2015 per E-Mail (H. v. Vf.in). Der Churer Generalvikar Martin Grichting bestätigte auf Anfrage vom 25. November 2015 diese Auskunft. Es handele sich um personenbezogenes Archivgut, für das eine Sperrfrist von 30 Jahren seit dem Tod des Betroffenen gelte. „Die Bistumsleitung möchte keinen Präzedenzfall schaffen, indem bereits drei Jahre nach dem Tod der betroffenen Person Archivbestände geöffnet werden.“ (GRICHTING an Norbert Lüdecke, 11. Dez. 2015, Schreiben liegt Verf.in vor). Eine Sondergenehmigung wäre gemäß § 32 der Benutzerordnung des Archivs in Chur („Anordnung über die Sicherung und Nutzung des bischöflichen Archivs Chur“) gleichwohl prinzipiell möglich gewesen, zumal Crottogini sich selbst schon an der Akte interessiert gezeigt hatte. Im August 2015 ging zudem eine Anfrage an den Churer Regens Martin Rohrer mit der Bitte um Auskunft über etwaige Archivbestände hinsichtlich der Fragebögen, die Churer Seminaristen einst für Crottogini ausfüllten. Rohrer leitete die Anfrage an Archivar Fischer weiter. FISCHER antwortete Rohrer am 21. Okt. 2015, er habe der Verf.in bereits mitgeteilt, im Churer Archiv gebe es keinen Nachlass Crottoginis. „Es entzieht sich auch meiner Kenntnis, wo ein solcher liegt bzw. aufbewahrt wird. Sämtliche Akten, welche mit Crottoginis Person in Zusammenhang stehen und bei uns oder in anderen kirchlichen Institutionen des Bistums Chur liegen könnten (z. B. Priesterseminar), so auch die Akten wegen Crottoginis Publikation ‚Werden und Kriese [sic!] des Priesterberufes‘, sind gesperrt (vgl. Sperrfristen in der Benutzerordnung des BAC […]). Es kann und darf also keine Einsichtnahme gewährt werden.“ Regens ROHRER leitete die E-Mail am 21. Okt. 2015 an Verf.in weiter.
30 Vgl. MATHEUS, Grundlagenforschung, 6; WOLF/SCHEPERS, Heiliger Stuhl, 496.
31 Eine Bitte um Erlaubnis zur Einsichtnahme in die Akten des Hl. Offiziums an Luis LADARIA SJ, Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre, lehnte dieser mit Schreiben vom 16. Jan. 2018 an Norbert Lüdecke ab. Der Brief liegt Vf.in vor. Etwa einhundert solcher Anträge auf Sondergenehmigungen gingen jährlich ein, erklärte jüngst der Archivar des Archivs der Kongregation für die Glaubenslehre Msgr. Alejandro Cifres im Interview (vgl. JUCHEM, Kirchengeschichte, o. S.). Den Zeitpunkt für die offizielle Öffnung der