Václav Havel (1936–2011), Schriftsteller, Dramatiker, Gegner des kommunistischen Regimes und tschechoslowakischer Präsident.
Die Prager ITA-Konferenz, auf der sich zum ersten Mal östliche und westliche Vertreter der transpersonalen Bewegung treffen und Informationen austauschen konnten, war ein großer Erfolg. Der Höhepunkt des Programms war der Auftritt des Yorùbá-Sängers Babatunde Olatunji mit zehn Trommlern und Tänzern aus Afrika. Nachdem sie für ihre umwerfende Darbietung begeisterte stehende Ovationen erhalten hatten, beschlossen die Künstler, sich nicht hinter den Vorhang zurückzuziehen, sondern weiter durch die Mitte des Saals und durch den vorderen Eingang des Gebäudes hinaus in die Straßen Prags zu tanzen. Gefolgt von einem Großteil des Publikums sangen, trommelten und tanzten sie über die Celetná ulice, eine kleine Straße im historischen Teil von Prag, bis zum Altstädter Ring. Unterwegs schlossen sich ihnen zahlreiche Prager Bürger aus den Nachbarhäusern an, die von dem bacchantischen Spektakel angelockt wurden. Die jubelnde Menge füllte den Platz und tanzte zu den Klängen afrikanischer Trommeln und Lieder bis in die frühen Morgenstunden. Nach vierzig Jahren kommunistischer Unterdrückung, in denen selbst der Twist als inakzeptabler Luxus gegolten hatte, war dieses Fest ein treffendes Symbol für die gerade erst wiedergewonnene Freiheit.
Die Häufigkeit von Synchronizitäten scheint im Umfeld von Ereignissen, die mit transpersonaler Psychologie zu tun haben, zuzunehmen; sie treten bei den Teilnehmern unserer Workshops und Ausbildungen äußerst häufig auf. Die bemerkenswerteste Synchronizität, die ich je erlebt habe, ereignete sich bei meinem ersten Besuch in China. Zu unserer kleinen Gruppe gehörten mehrere Facilitatoren des Holotropen Atmens, mein Bruder Paul mit seiner Partnerin Mary, die Kamerafrau Sally Li, ich selbst sowie Bill Melton und Mei Xu, die die Expedition inspirierten und unterstützten. Der Zweck dieser Reise war es, transpersonale Psychologie und Holotropes Atmen in China bekannt zu machen.
Bevor ich diese Geschichte erzähle, muss ich etwas Wichtiges erwähnen. 1978 gründeten meine Frau x und ich die ITA. Wir verbrachten einige Zeit damit, das beste Logo für diese Organisation auszuwählen, und entschieden uns schließlich für eine stilisierte Darstellung des Gemeinen Perlbootes (Nautilus pompilius), eines perfekten Beispiels für die heilige Geometrie. Wir verwendeten dieses Logo über Jahrzehnte hinweg auf den Broschüren aller unserer Konferenzen (bis heute waren es zwanzig), in den Werbematerialien und auf unserem Briefpapier.
Das Perlboot-Logo der International Transpersonal Association.
Unser erster holotroper Atemworkshop fand in Jinan statt, der Geburtsstätte des chinesischen spirituellen Lehrers und Philosophen Konfuzius. Während der Dinnerpause kam eine der Teilnehmerinnen, Frau Meng (was »Traum« bedeutet), mit einer kleinen schönen blauen Samttasche in der Hand zu mir. Sie erzählte mir, dass ihr ihre Urgroßmutter im Traum erschienen sei und ihr gesagt habe, dass sie seit mehreren Generationen einen ganz besonderen Stein in ihrer Familie aufbewahrt hätten und dass sie ihn zu »Dr. Grof« bringen solle. Dann übergab sie mir den Gegenstand. Es handelte sich um ein Fossil eines Perlbootes, einer Meeresweichtierart; aber sie war auf dem Gipfel des Mount Everest gefunden und gesammelt worden. Ich hatte noch nie davon gehört, dass auf dem Gipfel des Mount Everest fossile marine Lebensformen gefunden wurden. Ich beschloss, die geologische Geschichte des Himalayas zu studieren, und fand heraus, dass man das Alter dieser berühmten Gebirgskette auf etwa fünfzig Millionen Jahre schätzte, als die großen tektonischen Platten kollidierten, eine Reihe von Vulkanexplosionen auslösten und den Meeresboden anhoben. Der Gipfel des Mount Everest enthält daher Schichten von unterschiedlicher Herkunft, darunter auch solche, die vom Meeresboden stammen. Das versteinerte Perlboot musste also vor der Entstehung des Himalajas auf dem Meeresboden gelegen haben und war daher mindestens fünfzig Millionen Jahre alt.
Ein versteinertes Perlboot (Ammonit), das auf dem Gipfel des Mount Everest gefunden wurde.
Das Ziel unserer Expedition war es, die transpersonale Psychologie nach China zu bringen. Dass Frau Mengs Urgroßmutter ihr im Traum erschien und sie bat, mir das Symbol der ITA zu bringen, ein Perlboot, das versteinert und vor zig Millionen Jahren vom Grund des Ozeans auf den höchsten Berg der Welt gehoben worden war, war wirklich eine wundersame Synchronizität. Ich erwähnte sie kurz in meinem Vortrag an der Universität Peking, und in der chinesischen Presse fand sie mehr Beachtung als alles andere in meinem Vortrag. Dies war jedoch nicht die einzige bemerkenswerte Synchronizität, die uns auf dieser Reise begegnete; es schien, als wären wir in eine magische Welt eingetreten, in der es keine lineare Kausalität mehr gab.
Jack Kornfield (*1945), Lehrer des Vipassana-Buddhismus, transpersonaler Psychologe und Gründer des Spirit Rock Insight Meditation Center in Woodacre, Kalifornien, mit Stanislav Grof in der Verbotenen Stadt in Peking, China.
Ich möchte nur noch zwei dieser denkwürdigen Zufälle erwähnen. Wir fanden heraus, dass die Organisatoren der China-Reise einen Auftritt an der Peking-Universität für meinen engen und lieben Freund Jack Kornfield, einen Vipassana-Buddhismus-Lehrer, für denselben Abend vorgesehen hatten, an dem auch die Organisatoren unserer Reise ganz unabhängig davon versucht hatten, mich einzuplanen. Als dies entdeckt wurde, beschlossen die Organisatoren, einen gemeinsamen Abend mit dem Titel »Grof im Gespräch mit Kornfield« für uns zu veranstalten. Jack und ich hatten in den letzten vierzig Jahren gemeinsam viele Veranstaltungen geleitet, aber wir hatten uns noch nie irgendwo getroffen, es sei denn, wir hatten es gemeinsam geplant. Die zweite dieser Synchronizitäten betraf eine unserer Übersetzerinnen und einen Atempädagogen, die uns im Zug von Jinan nach Peking begleiten sollten. Obwohl sie ihre Fahrkarten unabhängig voneinander kauften, eine in Nordchina und die andere im Süden, saßen sie am Ende nicht nur im gleichen Waggon und Abteil wie unsere Gruppe, sondern sogar auf benachbarten Sitzplätzen.
Als ich miterlebte, wie diese Serie von Synchronizitäten ein magisches Element in unsere Gruppe brachte, musste ich an die Worte des tschechisch-französischen Schriftstellers Milan Kundera denken, des Verfassers von Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins: »Es ist falsch, den Roman dafür zu tadeln, dass er von mysteriösen Zufällen fasziniert ist … Aber es ist richtig, den Menschen dafür zu tadeln, dass er für solche Zufälle in seinem täglichen Leben blind ist. Denn dadurch beraubt er sein Leben einer Dimension der Schönheit«.
Die Kenntnis des Synchronizitäts-Phänomens ist nicht nur für Psychonauten und archetypische Astrologen von grundlegender Bedeutung, sondern auch für Wissenschaftler, die noch immer dem materialistischen Weltbild anhängen. Es ist eine der offensichtlichsten und schwierigsten Herausforderungen für die monistisch-materialistische Philosophie. Eine Bemerkung, die Jung 1955 in einem Brief an Richard F. C. Hull machte, zeigt, dass er sich dieser Tatsache sehr wohl bewusst war: »Die neueste Äußerung zur ‚Synchronizität‘ ist die, dass sie nicht akzeptiert werden kann, weil sie die Sicherheit unserer wissenschaftlichen Grundlagen erschüttert, als ob dies nicht genau das Ziel wäre, das ich anstrebe.« Am selben Tag schrieb er an Michael Fordham über »die Auswirkungen der Synchronizität auf die fanatische Einseitigkeit der wissenschaftlichen Philosophie«.
Marie-Louise von Franz, die sich des paradigmendurchbrechenden Potenzials der Synchronizität bewusst war, sagte in einem Interview gegen Ende ihres Lebens: »Die Arbeit, die jetzt getan werden muss, besteht darin, das Konzept der Synchronizität auszuarbeiten. Ich kenne die Leute nicht, die diese Arbeit fortführen werden. Es muss sie geben, aber ich weiß nicht, wo sie sind.« Glücklicherweise ist die Literatur über Synchronizität und ihre zentrale Bedeutung für eine Reihe von Disziplinen seither exponentiell gewachsen, und dieses Konzept ist zu einem integralen Bestandteil des entstehenden neuen Paradigmas in der Wissenschaft geworden.
Literatur