How to get Veränderung. Patrick Lynen. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Patrick Lynen
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783867287517
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Veränderungen leichter annehmen zu können, hilft es, zu wissen, wie sie sich entfalten. Wenn uns die Dinge über den Kopf zu wachsen scheinen, können wir mit diesem Wissen einen Schritt zurücktreten und den eigenen Veränderungsprozess quasi aus der Vogelperspektive betrachten.

      Diese sieben Phasen der inneren Veränderung laufen IMMER ab, wenn wir uns verändern oder von alten Mustern und Sichtweisen lösen (müssen):

      Phase 1: Vorahnung und Sorge: »Irgendetwas stimmt hier nicht?!«

      Wir haben das Gefühl, dass uns die Dinge entgleiten. Wir kommen immer wieder an persönliche Grenzen, drehen uns im Kreis, der Alltag fühlt sich schwer an. Möglicherweise sind wir bereits massiv verunsichert. Wir haben eine erste Vorahnung: »Das könnte schiefgehen. Eigentlich sollte ich was ändern.«

      Phase 2: Schock – Schreck: »Ich bin verwirrt …«

      Die innere Unzufriedenheit wächst weiter. Wir denken diesen Satz, mit dem die Psyche für gewöhnlich auf Entsetzen reagiert: »Das kann nicht wahr sein.« Was eigentlich bedeutet: Das soll nicht wahr sein. Ist es aber leider. Manche Menschen reagieren an dieser Stelle mit einer gewissen Schreckstarre.

      Phase 3: Verneinung – Verdrängung – Abwehr: »Das wird sicher irgendwie alles gut gehen.«

      Dem Schock folgt die Verdrängung. Je mehr Unsicherheit eine Veränderung mit sich zu bringen scheint, desto stärker ist unsere innere Abwehr. Wir möchten die Situation einfach irgendwie in den Griff bekommen. Im Grunde geht es im Leben immer nur darum: Wir wollen möglichst schnell unsere emotionale Stabilität wiederherstellen – auch wenn es uns von längst notwendigen Veränderungen abhält.

      Phase 4: Rationale Näherung/Frustration: »Ja, aber … «

      Auf die Phase der Verdrängung folgt die Phase einer ersten Näherung. Wir sehen nun recht klar, dass die Dinge nun mal so sind, wie sie sind. Doch wir finden noch keine Lösung, die uns wirklich weiterbringt (»Früher war alles besser!«). Der Druck wird immer größer. Wir wünschen uns nichts dringlicher als ein baldiges Ende der Situation. Es kommen Gedanken wie: »Veränderung ist grundsätzlich sicher wichtig, aber …« oder »Ich will ja schon ganz gerne was Neues machen, aber mir ist das Risiko viel zu groß …«. Wir sind in dieser Phase noch nicht bereit, uns wirklich zu verändern. Wir orientieren uns nach wie vor an der Vergangenheit und wollen sie nicht loslassen. Anders gesagt: Wir versuchen, nach alten Mustern eine neue Wirklichkeit zu formen. Das gelingt natürlich so gut wie nie.

      Phase 5: Emotionale Akzeptanz: »Ob ich das Alte wohl loslassen kann?«

      Diese Phase ist die schmerzlichste, gleichzeitig aber die wichtigste. Wir spüren, dass wir das Alte loslassen müssen, weil es nicht mehr zurückkommt. Wir wissen, wir brauchen einen neuen Weg, um wieder frei zu sein. Man nennt diese Phase auch das »Tal der Tränen«. Sie ist eine Art Reinigungsstufe oder Katharsis. Unser Hirn reinigt sich von alten Vorstellungen und Haltungen. Schmerz, Angst, Wut und Verzweiflung machen uns wach. Viele Menschen versuchen, genau diese Phase zu vermeiden, um der Angst und Unsicherheit aus dem Weg zu gehen. Ohne diese fünfte Phase können wir uns jedoch nicht wirklich verändern. Die Angst, der Groll, der Frust oder die Trauer helfen uns, uns vom Vergangenen zu lösen. Diese intensiven Schwellenemotionen haben das Potenzial, Selbstbeschränkungen aufzulösen und unseren Blick neu auszurichten. Wer sich vor dem Schmerz in dieser Phase drückt, zögert die Veränderung nur weiter hinaus. Wer sich dem Schmerz stellt, kann in die Weite blicken. Zu akzeptieren, dass etwas oder jemand fort ist, dass die Vergangenheit vergangen ist, ist ein großer und wichtiger Schritt. Er bedeutet, dass wir den Verlust als Teil des Lebens anerkennen. Wir können nun in das Neue, in das Wirkliche hineinwachsen.

      Phase 6: Öffnung, Neugier, Ausprobieren: »Da ist die Tür!«

      Sieh an! Die Neugier erwacht. Wir klammern uns nun nicht mehr an die Vergangenheit. Wir stellen uns dem Neuen wie ein Kleinkind, das seine ersten Schritte macht. Wir stolpern und schwanken zuerst noch, doch allmählich folgen die ersten sicheren Schritte. Wir beginnen, die neuen Gegebenheiten in unser Leben einzubauen und eine neue Wirklichkeit auszuprobieren. Dabei machen wir natürlich Fehler. Und aus genau diesen Fehlern lernen wir. Sie helfen uns, einen festen Stand zu entwickeln und neue, geeignetere Strategien zu entwickeln.

      Phase 7: Integration, Selbstvertrauen: »Wow, so geht es!«

      Der Weg ist frei für das Neue. Das Tal der Tränen ist durchschritten. Diese Phase kann durchaus euphorisch ausfallen. Hurra, wir haben nun etwas gelernt, eine neue Strategie entwickelt, um mit einer zuvor unbekannten Konstellation klarzukommen. Das macht uns wieder richtig glücklich. Wir öffnen uns wieder für Spaß und Freude und sind zufrieden, den entscheidenden »Schritt« gemacht zu haben. Und wenn Rückschlage kommen, sind auch die wichtig.

       Tal der Tränen

      Viele Lebenskrisen und Veränderungen im Leben führen durch diese sieben Phasen. Wir MÜSSEN diese Abschnitte durchlaufen. Da sind sich Psychologen, Therapeuten und Trainer ausnahmsweise einmal einig. Sie sind ein Bauplan für jede Veränderung in unserem Leben, an dem wir uns bei allen Widerständen, Ängsten und Sorgen orientieren können.

      Die Zauberformel zur Veränderung in einer sich verändernden Umgebung besteht vor allem darin, in allen Phasen dranzubleiben, auch im »Tal der Tränen«. Kommen wir auf der »anderen Seite« an, können wir plötzlich wieder frei atmen. Das Leben fühlt sich wieder leicht und gangbar an. Bis wir uns später im Leben vielleicht wieder neu erfinden müssen oder wollen. Veränderung ist und bleibt die mächtigste Konstante im Leben. Unsere Freiheit besteht darin, uns zu ändern, bevor das Leben uns ändert. Frei nach Friedrich Hölderlin: »Wenn ich in Krisen auf mein Unglück trete, stehe ich deutlich höher!«

      Ich habe eine gute Freundin, die bei einem Unfall einen Teil ihrer Familie verlor. Vorher hatte sie als Animateurin in einer Ferienhochburg auf Mallorca gearbeitet. In dieser Zeit ist sie ein anderer Mensch gewesen: eine Frau, die andere Menschen aktiviert, animiert und, wenn’s gut läuft, auch zum Lachen bringt. Mit dem Tod ihrer Nächsten änderte sich das. Sie entwickelte eine andere Sicht auf das Leben, die mit ihrer vorigen ätherisch-unbeschwerten und auch ein wenig oberflächlichen Art kaum noch etwas zu tun hatte. Sie fand heraus, dass sie noch ganz andere Facetten in sich trug, von denen sie bis dahin kaum etwas geahnt hatte.

      Sie fing an zu malen, um ihre Trauer zu bewältigen. Sie begann zu schreiben, um ihre Gedanken zu ordnen. Sie lernte über das Anhalten der Zeit, besser zuzuhören. Und sie merkte, wie sinnfrei und beinahe hohl ihr Leben vor dem Unfall gewesen war.

      In jedem von uns stecken unglaublich viele Möglichkeiten. Oft bemerken wir sie erst, wenn wir durch Schicksalsschläge oder Wandlungsprozesse darauf gestoßen werden. Dazu gehört natürlich dann auch, das Alte loszulassen, indem wir die Kontrolle über die vermeintliche Sicherheit abschütteln und Frieden mit dem Geschehenen machen. Keine leichte Aufgabe, doch stets die einzige Tür in ein neues und friedvolles Leben.

       Und dann kam alles anders

      Blicken wir auf unser bisheriges Leben zurück, können wir manchmal nicht verstehen, warum es so gekommen ist. Wir waren doch mal voller Träume, Hoffnungen, Wünsche und Ziele. Unser Leben entsprach doch genau unseren Vorstellungen: Wir führten eine tolle Partnerschaft, konnten das berufliche Glück schon greifen, waren überzeugt von unseren Fähigkeiten und Talenten und sicher, dass sie bald entdeckt werden würden. Doch irgendwie entwickelte sich das Leben dann anders. Hoffnungen haben sich nicht erfüllt, die Hektik hat uns vereinnahmt, vielleicht sind sogar irgendwelche schlimmen Sachen passiert. Fortan haben wir uns eingeigelt und sahen vor allem das Negative, unsere Enttäuschungen oder Verletzungen. Wir reagierten auf die Wechselfälle des Lebens nicht mehr mit Flexibilität und Veränderungsbereitschaft, sondern ein Gefühl der Ungerechtigkeit kam in uns auf und es kamen Gedanken auf wie: Warum passiert das immer mir? Was haben die bloß alle gegen mich? Ich hätte doch wirklich etwas Besseres verdient … Ich halte das nicht mehr aus.

      Doch