Doula-Wissen rund um die Geburt. Melanie Schöne. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Melanie Schöne
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783867812573
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erleben. Schwangere Frauen haben es verdient, jemanden an ihrer Seite zu haben, der sie an ihre ureigenen Kompetenzen erinnert und sie darin bestärkt, kraftvoll und im Vertrauen auf ihren eigenen Körper die Geburt als eine einzigartige Erfahrung zu erleben.

      Nach langer Recherche im Internet hatte ich den Namen für meine Berufung gefunden: die Doula! Der Begriff „Doula“ kommt aus dem Griechischen und kann mit „Dienerin der Frau“ übersetzt werden. Ich las von einer Ausbildung zur Doula in Österreich und meldete mich sofort an. Ich absolvierte diese im Jahr 2006 über das Eltern-Kind-Zentrum Graz und dort erlernten die Teilnehmerinnen spezielles Wissen rund um Schwangerschaft und Geburt. Ich durfte von den Erfahrungen vieler Frauen, die schon lange Jahre als Doula arbeiten, lernen. Mir wurde bewusst, dass die Doulas eine alte Tradition wieder aufnehmen: Mütter/Großmütter unterstützen und begleiten Frauen während der Schwangerschaft, der Geburt und im Wochenbett.

      Es bereichert mein Leben und erfüllt mich zutiefst, dass ich das Privileg habe, an schwangere Frauen und werdende Eltern mein Wissen und meine Erfahrung weiterzugeben und sie darin unterstützen kann, ihren eigenen Weg zu finden und diesen zu gehen. Es fasziniert mich immer wieder aufs Neue, die Geburt eines Menschen miterleben zu dürfen.

      In vielen Kulturen war es üblich, dass Mütter schwangeren Frauen in allen Fragen rund um Schwangerschaft und Geburt beratend und unterstützend zur Seite standen. Schon die jungen Mädchen wurden nach ihrer ersten Menstruation auf ihre Rolle als „Frau, die neues Leben schenkt“ vorbereitet und oft waren ältere Kinder bei der Geburt ihrer jüngeren Geschwister anwesend, so dass ihnen Gebären als völlig normaler und vor allem natürlicher Vorgang im Leben vertraut war.

      Heute ist die Situation anders. Wir leben nicht mehr in Großfamilien und unser Leben ist hoch technisiert. Wenn wir Fragen zum Thema „Eltern werden“ haben, greifen wir auf Ratgeber in Form von Büchern zurück. Die Angebote der Geburtskliniken versprechen uns „Wellnessgeburten“, so dass Frauen heutzutage in luxuriösen Gebärzimmern „schmerzfrei“ die Geburt ihres Kindes erleben können. Am lukrativsten und vor allem zeitlich optimal zu kalkulieren ist für Kliniken der Kaiserschnitt, so dass es uns kaum verwundern kann, wenn in einigen noblen Privatkliniken die Kaiserschnittrate bei über 80 % liegt.

      Doch viele Menschen wollen diesem Trend entgegenwirken. Zu diesem Kreis zählen viele Eltern, Hebammen, Doulas und WissenschaftlerInnen, die in diesem „Zeitgeist“ eine gefährliche Entwicklung sehen, die Frauen in ihrer Kompetenz, zu gebären, entmachtet und Kinder ihrer Erfahrung beraubt, natürlich geboren zu werden. Des Weiteren sollten die physischen und psychischen Folgen bedacht werden, die diese Entwicklung auf das weitere Leben der Mütter und ihrer Kinder haben wird.

      Schwangere Frauen haben viele Fragen und deshalb finden Sie in diesem Buch altes und neues Wissen, damit Sie mehr selbst- und weniger fremdbestimmt Ihre eigenen Entscheidungen während Schwangerschaft und Geburt treffen können. Das „Doula-Wissen“ möchte Ihnen Ihre Unsicherheiten nehmen und Sie dazu ermutigen, Vertrauen in Ihren Körper zu haben und darüber nachzudenken, wer Sie bei der Geburt Ihres Kindes unterstützen sollte.

1Die Doula

      Doulas wollen zusammen mit Hebammen einen Frauenkreis bilden, der es sich zur Aufgabe macht, aus Solidarität und Mitgefühl andere Frauen bei dieser zentralen Lebenserfahrung zu unterstützen.

      Es ist in unserem Interesse, deutlich zu machen, dass Geburtshilfe ein traditionelles Frauenhandwerk ist.

      Hebammenzeitung 09, „Die Mutter bemuttern“ von Kristina Wierzba-Bloedorn, Doula

      Die Tradition der Doula ist uralt und ihre Anwesenheit und Unterstützung bei Geburten ist keineswegs eine neue Entwicklung. Die gebärende Frau wird zusätzlich zur Hebamme von einer ihr vertrauten, geburtserfahrenen Frau begleitet. In vielen Kulturen war es üblich, dass eine Gruppe Frauen zusammenkam, um die Gebärende zu unterstützen und zu umsorgen.

      Ebenso ist diese Unterstützung bei Geburten von Elefanten und Delfinen zu beobachten, wo die Weibchen einer Gruppe einen Kreis um die Gebärende bilden und sie und ihr Neugeborenes beschützen. Bei Delfinen bringt die „Doula“ das Neugeborene zum ersten „Luftschnappen“ über Wasser, damit sich die Mutter noch kurz ausruhen kann.

      Wie kam es zum aktuellen Trend der Doulas in den deutschsprachigen Ländern?

      Seit den 1950er-Jahren gibt es bei der Geburtshilfe in den zivilisierten Industrieländern eine stark medizinisch-technisch orientierte Entwicklung. Dies führte zu einem immensen Anstieg der Kaiserschnittraten und der Wunschkaiserschnitt kam in Mode, seit diese Operation nur noch sehr selten mit dem Tod der Mutter oder des Kindes endete. Mittlerweile gilt der Kaiserschnitt in vielen Ländern als sicherste Methode, sein Kind zu entbinden.

      Ich glaube nicht, dass Frauen sich ihrer ureigenen Kompetenz, zu gebären, berauben lassen wollen. Es gibt heutzutage für Frauen leider viel zu wenig Ermutigung, ihrem Körper zu vertrauen und ihn für seine Leistung zu feiern. Alles, was nicht kontrollierbar ist, scheint gefährlich zu sein.

      1.1Die Aufgaben einer Doula

      Sie haben sich vielleicht bereits entschieden, dass Ihr Partner zur Geburt mitkommt und fragen dann: „Wozu brauche ich eine Doula und was genau macht sie?“

      Eine geburtserfahrene Frau ist für die Zeit während der Schwangerschaft bis zum Wochenbett eine Vertrauensperson, mit der Sie über alle Themen rund um Schwangerschaft und Geburt reden können. Die Doula bietet Ihnen eine persönliche Begleitung während der Schwangerschaft, individuelle Vorbereitung auf die Geburt und kontinuierliche Unterstützung während der gesamten Geburt an. Sie spricht mit Ihnen ausführlich über Ihr Geburtserlebnis und unterstützt Sie darin, den Beginn eines neuen Lebensabschnitts als Mutter positiv zu erleben. Sie ist Ihnen eine vertraute Person, die sich nur um Ihre Bedürfnisse kümmert. Dies kann nachweislich die Geburtsdauer verkürzen und hat zur Folge, dass es zu weniger medizinischen Interventionen und Kaiserschnitten kommt.

      Eine Doula gibt Ihnen während der Wehen kein „richtiges“ Verhalten und auch keine bestimmten Atemmuster vor. Sie unterstützt jeden Atemrhythmus, den Sie in Ihrer Vorbereitung gelernt haben und den Sie während der Wehen anwenden möchten. Die Doula übernimmt keinerlei medizinische Aufgaben und weiß aus den Vorgesprächen um Ihre Wünsche und Bedürfnisse, aber auch um Ihre Sorgen und Ängste. Sie wird sich um Ihr Wohlbefinden sorgen, Sie ermutigen und trösten.

      Durch in der Doula-Ausbildung erlerntes Wissen und ihre eigene Erfahrung als Gebärende hat die Doula ein Gefühl dafür, was eine Frau in der Zeit der Schwangerschaft, während der Geburt und im Wochenbett bewegt. Umfassende Kenntnisse u. a. über den natürlichen Geburtsvorgang verhelfen der Doula zu innerer Ruhe und Zuversicht. Da sie keinerlei medizinische Funktion hat, kann sie sich ganz auf die Bedürfnisse der schwangeren, gebärenden Frau konzentrieren.

      Die Begleitung einer Doula wird in Deutschland nicht von den Krankenkassen getragen. Das Honorar für eine Doula variiert von 300 bis 600 € und beinhaltet meist folgende Leistungen:

      Ein unverbindliches Kennenlernen, drei (oder mehrere) Treffen vor der Geburt, Rufbereitschaft (Tag und Nacht) rund um den errechneten Geburtstermin (meist 14 Tage vor und 14 Tage nach dem errechneten Termin), telefonischer Kontakt und die kontinuierliche Geburtsbegleitung unabhängig von der Dauer der Geburt. Alle vereinbarten Leistungen werden vertraglich festgehalten. Weiterhin enthalten sind 2 bis 3 Treffen nach der Geburt und ein persönlicher Geburtsbericht mit Fotos.

      1.2Die Mutter bemuttern

      Die Doula ist mit dem Geburtsgeschehen vertraut, sie hat die Kraft und Ausdauer, auch bei manchmal langen und schweren Geburten an der Seite der werdenden Mutter zu sein und diese zu umsorgen, zu massieren, zu streicheln, ihr ein Glas Wasser zu reichen, sie zu ermuntern, sie zu trösten, mit ihr zu weinen oder zu beten. Die Doula berührt, hält die Hand an den schmerzenden Rücken während der Wehen, nimmt die Gebärende in die Arme und geht liebevoll auf deren Wünsche ein. Die Gebärende erhält von der Doula Tipps und Anregungen, eine andere Körperhaltung einzunehmen, sie kennt die natürlichen Methoden der Schmerzlinderung und ermutigt die werdende Mutter darin,