Weltreiche. Ulrich Offenberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ulrich Offenberg
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783831257164
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Höhepunkt in der Geschichte der hethitischen Diplomatie, aber gleichzeitig war er auch ein Signal der Schwäche und des Niedergangs. Dynastische Fehden verunsicherten die Bevölkerung. Der Großkönig „Arnuwanda III.“ starb ohne einen Erben zu hinterlassen. In den Provinzen brachen Unruhen aus, lokale Fürsten probten den Aufstand. Die kriegerischen Assyrer drängten die hethitischen Truppen an vielen Orten über den Taurus zurück.

      Aus der königlichen Familie bestieg daraufhin ein Mann den Thron, der den ruhmreichen Namen des Begründers des hethitischen Großreiches trug: „Suppiluliuma“. Ausgerechnet ihm war es beschieden, das Ende des Imperiums einzuläuten. Allerdings ist bis heute unklar, was wirklich den Untergang dieses Großreiches kurz nach 1200 v. Chr. bewirkte. Wahrscheinlich waren es mehrere Faktoren, die dazu beitrugen.

      Hungerrevolten der Bevölkerung und Auseinandersetzungen innerhalb der Aristokratie hatten sich bereits während der letzten hethitischen Großkönige abgezeichnet. Texte aus den letzten Jahrzehnten des Hethiter-Staates bezeugen umfangreiche Importe von Getreide aus Syrien und Ägypten nach Anatolien.

      Es scheint aber inzwischen sicher, dass das Ende des hethitischen Reiches in einem größeren Zusammenhang zu sehen ist. Die so genannten „Seevölker“ plünderten am Ende der späten Bronzezeit die Länder und Inseln im Mittelmeer-Raum. Selbst dem mächtigen Ägypten gelang es nur unter größten Anstrengungen, ihre Attacken abzuwehren.

      Das geschwächte Reich der Hethiter aber, gebeutelt von Miss-Ernten und erschöpft durch innere Zwistigkeiten, brach unter dem Druck dieser wilden Völker zusammen. Der hethitische Staat in Klein-Asien hörte in kürzester Zeit auf zu bestehen. Er verschwand so gründlich aus dem schriftlichen Gedächtnis der nachfolgenden Jahrtausende, dass er erst durch die Ausgrabungen und Textfunde des 20. Jahrhunderts wieder zu einem Kapitel in der Menschheitsgeschichte werden konnte.

      Die Assyrer – die Preußen des Orients

      Gegen Ende des 2. Jahrtausends v. Chr. bestieg „Tiglatpileser I.“ den assyrischen Thron. Ein Herrscher, der eine aggressive Expansionspolitik betrieb. Zunächst konzentrierte er sich auf die Feinde im Norden. Doch dann überfiel der babylonische König „Marduknadinachi“ die assyrische Stadt „Ekallate“. Dies war so tollkühn, als würde man einen Löwen am Schwanz ziehen. Die Assyrer straften den südlichen Nachbarn mit verheerenden Feldzügen, im Land brach eine entsetzliche Hungersnot aus.

      Was aus dem König wurde, der die Assyrer so gereizt hatte, ist in keiner Urkunde erwähnt.

      Aber so richtig bekamen die Völker Mesopotamiens den aggressiven Militarismus der Assyrer erst unter König „Tukultininurta II.“ zu spüren. Sein Sohn und Nachfolger „Assurnassirpal II.“ – er herrschte von 883 – 859 v. Chr. – vollendete, was der Vater begonnen hatte. Unter seiner Herrschaft expandierte das Land im Westen bis ans Mittelmeer und eroberte die Gebiete am Oberlauf des Tigris bis zur Quelle. Der König verlegte seine Residenz in die Stadt „Kalchu“, die „Salamanassar I.“ 400 Jahre zuvor gegründet hatte.

      Über weite Teile des 9. Jahrhunderts v. Chr. bestanden – der kriegerischen Vergangenheit zum Trotz – offenbar diplomatische und sogar freundschaftliche Beziehungen zwischen Babylonien und Assyrien. Als gegen Ende des Jahrhunderts eine Revolution Assyrien ins Chaos stürzte, half Babylonien dem neuen König, „Schamschiadad V.“ – 823 – 811 v. Chr. – die Ordnung wieder herzustellen, verlangte dafür aber eine hohe Gegenleistung. Schamschiadad marschierte daraufhin in Babylonien ein, schlug den dreisten Forderer vernichtend und erklärte sich zum neuen Herrscher.

      Bei seinen Entscheidungen unterstützte ihn seine Respekt einflößende Gemahlin „Sammuramat“. Unter ihrem griechischen Namen „Semiramis“ wird sie von dem Historiker „Diodor“ im 1. Jahrhundert v. Chr. in seinen Annalen als schöne und kluge Frau gefeiert. Nach dem Tod ihres Mannes 811 v. Chr. regierte sie fünf Jahre lang im Namen ihres minderjährigen Sohnes und gab eigene politische Erklärungen ab, die Vorrang vor denen des jungen Königs hatten. Sie war so angesehen, dass man zu ihrem Andenken eine Stele errichtete.

      Die assyrische Gesellschaft war ausgesprochen militant. Assurnassirpals Sohn „Salmanassar III.“ – 859 – 824 v. Chr. – führte während seiner 35jährigen Regentschaft 31 Jahre lang Krieg. Alle wehrfähigen Männer wurden zum Militärdienst heran gezogen. Die Armee bildete das Rückgrat des Staates und prägte seine Struktur und Hierarchie. Vom König erwartete man, dass er sein Heer persönlich in die Schlacht führte. Militärs übernahmen auch die Aufgaben von Provinzstatthaltern und Richtern. Zumindest zu Beginn dieser Periode fanden alle Feldzüge im Sommer statt, nachdem die Ernte eingebracht worden war. Stehende Heere entstanden erst später. Dennoch konnte Assyrien eine bis zu 50.000 Mann starke Armee ins Feld schicken. Wenn die eigene Wehrkraft nicht ausreichte, rekrutierte man Ausländer. Häufig waren das Spezialisten wie Wagenlenker aus Samarien oder Seeleute aus Phönizien.

      Die militärische Taktik war simpel und brutal. Sie zielte darauf ab, die assyrischen Truppen zu schonen. Dabei rückten die Assyrer mit einem massiven Truppenaufgebot gegen ein Gebiet vor. Wenn der dortige Herrscher nicht kapitulierte, drängten Gesandte die örtliche Bevölkerung, zu den Assyrern überzulaufen. Wenn diese Taktik fehl schlug, griffen die Assyrer verwundbare Ziele wie Dörfer und Kleinstädte an, zerstörten sie, folterten, vergewaltigten, verstümmelten und verbrannten die Einwohner, streuten Salz auf ihre Felder und entwurzelten die Obstbäume.

      Meist genügten solche Maßnahmen, um den Gegner einzuschüchtern und zur Kapitulation zu bewegen. Falls sie einmal doch nicht ausreichten, waren die örtlichen Streitkräfte der assyrischen Militärmaschinerie selten gewachsen. Langwierige Belagerungen, nur mit hohem Kostenaufwand aufrechtzuerhalten, waren in der Regel erst das letzte Mittel. Die Assyrer ließen aber keinen Zweifel daran, dass sie nach dem Fall einer belagerten Stadt keine Gnade walten lassen würden, nicht einmal gegenüber den Kindern. Massendeportationen sorgten dafür, dass es nach der Eroberung in den jeweiligen Gebieten nicht zu Aufständen kam. Diese Migranten stärkten Assyriens Bevölkerung und Wehrkraft. Deportationen gehörten auch zum üblichen Vorgehen der chaldäischen Könige, die nach dem Fall Assyriens herrschten.

      Bei der Thronfolge fiel die Krone nicht zwangsläufig an den ältesten Sohn, sondern an den fähigsten. Sobald der neue König gewählt war, wurde er im Thronfolgerhaus unterrichtet. Er erhielt eine Ausbildung in Kriegskunst und Diplomatie, absolvierte ein anstrengendes körperliches und militärisches Training und lernte Jagen, Schreiben sowie, wenn er sehr begabt war, Fremdsprachen. Unabhängig davon, wo ein König seine Residenz hatte, wurde er in „Assur“, der Stadt der Vorfahren, beigesetzt.

      Nach einer vorübergehenden Schwächephase führte „Sargon II.“ – 721 – 705 v. Chr. – das Reich zu neuer Stärke. Die Politik seiner 16jährigen Regierungszeit war von dem erfolgreichen Bemühen geprägt, sein Reich in Ordnung zu bringen. Er konsolidierte die militärischen Erfolge seines Vaters, zerschlug das armenische Königreich „Urartu“, dehnte sein Herrschaftsgebiet im Osten nach „Elam“ und im Westen in die Levante aus und brachte Assyrien eine Blütezeit, wie das Reich sie zuletzt unter „Assurnassirpal“ erlebt hatte. Die Herrschaft „Saigons II.“ fand ein abruptes Ende, als er 705 v. Chr. auf einem Feldzug in Kleinasien fiel.

      Sein Sohn und Nachfolger „Sanherib“ verlegte seine Residenz von Sargons unvollendeter Stadt „Dur-Scharrukin“ nach „Ninive“, das auf eine 3000jährige Geschichte zurück blicken konnte. Mit diesem Schritt konnte er sich von seinem Vater distanzieren, dessen Kriegstod, wie üblich, als schlechtes Omen galt. Vielleicht hatte diese Entscheidung aber auch politische Gründe. Ninive besaß einen hohen Symbolwert für die Armee. Hier hatte „Assurnassirpal“ seine Feldzüge begonnen, und hierher sandten eroberte Länder ihre Tributzahlungen.

      Da Sanherib mit Aufständen in der Levante und Judäa zu kämpfen hatte, herrschten in Babylonien für einige Zeit politisch instabile Verhältnisse. Dies versuchte sich der babylonische Regionalfürst „Mardukapaliddina“ zu nutzte zu machen und sich zum Herrscher über Assyrien und Babylonien aufzuschwingen. In zwei Strafaktionen vertrieb „Sanherib“ ihn 700 v. Chr. endgültig und machte seinen ältesten Sohn zum König Babyloniens. Kronprinz „Assurnadinschumi“ regierte sechs Jahre in relativen