Placebos gegen Parkinson
Parkinson ist eine neurologische Störung, die durch allmähliche Degeneration der Nervenzellen in einem Teil des Mittelhirns, den sogenannten Basalganglien, die die Körperbewegungen steuern, charakterisiert ist. Bei Patienten, die unter dieser furchtbaren Krankheit leiden, produziert das Gehirn nicht genug Dopamin (ein Neurotransmitter, den die Basalganglien für ihre korrekte Funktionsweise benötigen). Im Frühstadium der derzeit als unheilbar angesehenen Parkinson-Erkrankung treten motorische Störungen wie Steifigkeit, Zittern, Gang- sowie Sprachstörungen auf, die sich der willentlichen Kontrolle entziehen.
In einer klinischen Studie der University of British Columbia in Vancouver teilten die Forscher einer Gruppe von Parkinson-Patienten mit, sie würden ein Medikament erhalten, welches ihre Symptome beträchtlich lindere.17 In Wirklichkeit erhielten die Patienten ein Placebo – nur eine Salzlösung – injiziert. Dennoch konnte die Hälfte der mit dem wirkungslosen Placebo behandelten Patienten danach ihre Motorik deutlich besser steuern.
Die Untersuchung der Gehirne der Patienten ergab, dass diejenigen Probanden, die positiv auf das Placebo ansprachen, tatsächlich mehr Dopamin im Gehirn produzierten – und zwar bis zu 200 Prozent mehr als vorher. Dieser Effekt wäre medikamentös nur durch eine hohe Dosis Amphetamin zu erreichen: eine stimmungsaufhellende Droge, die auch den Dopaminspiegel erhöht.
Nur die Erwartung einer Besserung hatte anscheinend bei den Parkinson-Patienten eine zuvor nicht genutzte Kraft freigesetzt, welche die Dopaminproduktion anregte – genau das, was der Körper zur Gesundung brauchte.
Wenn das stimmt, wie sieht dann der Prozess aus, der allein durch Gedanken Dopamin im Gehirn produzieren kann? Könnte ein durch klare Absicht in Kombination mit einem Zustand höherer Emotionen verursachter neuer innerer Zustand uns wirklich in bestimmten Situationen unbesiegbar machen, indem er unser inneres Arzneimittellager aktiviert und die bislang als schicksalhaft geltenden genetischen Krankheitsumstände außer Kraft setzt?
Von tödlichen Schlangen und Strychnin
In manchen Gegenden in den Appalachen wird ein etwa 100 Jahre altes religiöses Ritual praktiziert, das sogenannte »Snake Handling«.18 Legal ist diese Praxis nur noch im Bundesstaat West Virginia, aber das hält die Gläubigen andernorts keineswegs davon ab, und die Polizei drückt oft ein Auge zu. In kleinen, bescheidenen Kirchen tritt der Prediger am Anfang des Gottesdienstes vor die Gemeinde und stellt vorsichtig eine oder mehrere flache Holzkisten auf das Podest vor dem Altar- bzw. dem Versammlungsraum. Diese Kisten haben aufklappbare, durchsichtige Plastiktüren, in denen sich Luftlöcher befinden. Kurz darauf erklingt Musik, eine energiegeladene Mischung aus Country & Western und Bluegrass-Melodien mit hoch religiösen Texten über die Erlösung der Menschheit und die Liebe Gottes. Musiker spielen klagende Musik auf Keyboards, elektrischen Gitarren und sogar Schlagzeugen, um die sie jede Teenager-Band beneiden würde; vom Heiligen Geist bewegt, schütteln die Pfarrgemeindemitglieder Tamburins. Es baut sich immer mehr Energie auf. Manchmal zündet der Prediger in einem Behälter oben auf der Kanzel eine Flamme an und hält seine Hand ins Feuer. Die Flammen lecken an seiner ausgestreckten Hand, bevor er den Behälter nimmt und die Flamme langsam über seine bloßen Unterarme streichen lässt. Er »wärmt sich auf«.
Die Gemeindemitglieder beginnen nun, hin- und herzuschwingen und sich gegenseitig die Hände aufzulegen, in Zungen zu sprechen, auf- und abzuspringen und, zum Lob ihres Herrn und Heilands, zur Musik zu tanzen. Der Geist ist auf sie herabgekommen, sie sind, wie sie es nennen, »gesalbt worden«. Dann öffnet der Prediger eine der verschlossenen Kisten, steckt eine Hand hinein und zieht eine Giftschlange heraus – meistens handelt es sich um eine Klapperschlange, eine Wassermokassinotter oder eine Kupferkopfschlange. Der Prediger tanzt und schwitzt und legt dabei die lebendige Schlange um seine Taille; der Schlangenkopf befindet sich erschreckend nah am Kopf und Hals des Predigers.
Oder er hält die Schlange hoch in die Luft und bringt sie dann näher an seinen Körper heran, tanzt dabei die ganze Zeit, und die Schlange windet ihre untere Hälfte um seinen Arm und dreht die obere Hälfte hoch in die Luft. Manchmal holt der Prediger noch eine zweite oder sogar eine dritte Schlange aus den Holzkisten, und auch die Gemeindemitglieder halten zuweilen Schlangen in der Hand, während sie »gesalbt« werden. Manchmal trinkt der Prediger während des Gottesdienstes aus einem einfachen Trinkglas sogar ein Gift wie beispielsweise Strychnin, ohne Schaden zu nehmen.
Manche »Snake Handlers« werden von der Schlange gebissen, aber angesichts Tausender von Gottesdiensten, in denen Gläubige wie im Fiebertraum ohne zu zögern und völlig furchtlos in diese aufklappbaren Holzkisten fassen, geschieht das eher selten. Und selbst dann sterben sie nicht immer – obwohl sie nicht ins Krankenhaus eilen. Sie bleiben lieber im Kreis ihrer betenden Gemeinde.
Warum werden diese Leute nicht öfter gebissen? Und warum führen die Bisse nicht öfter zum Tod? Wie können sie sich mental in einen Zustand versetzen, der ihnen die Angst vor diesen tödlich giftigen Kreaturen nimmt? Und wie kann dieser mentale Zustand sie davor schützen?
Vielleicht haben Sie auch schon von Menschen gehört, die in Notsituationen eine ungeheure Kraft an den Tag legten, die sogenannte »hysterische Stärke«. Im April 2013 hoben beispielsweise die 19-jährige Hannah Smith und ihre 14-jährige Schwester Haylee aus Lebanon im Bundesstaat Oregon einen fast 1400 Kilogramm schweren Traktor an, um ihren darunter eingeklemmten Vater Jeff Smith freizubekommen.19
Wie ist es möglich, dass Menschen in den heiligen Ritualen mancher indigener Stämme und in Feuerlauf-Seminaren der westlichen Welt über glühende Kohlen gehen? Oder Karnevals-Schausteller und Trance-Tänzer auf Java den Drang verspüren, Glas zu kauen und zu verschlucken (eine pathologische Störung namens Hyalophagie)?
Wie sind solche scheinbar übermenschlichen Taten möglich, und haben sie etwas Wichtiges gemeinsam? Verändern diese Menschen mit ihrem unbeugsamen Glauben irgendwie ihren Körper, sodass sie gegen ihr jeweiliges Umfeld immun werden? Und kann derselbe felsenfeste Glaube, wie ihn Snake Handlers und Feuerläufer haben, auch anders herum funktionieren und uns dazu bringen, uns selbst Schaden zuzufügen – und sogar zu sterben –, ohne zu wissen, was wir da tun?
Sieg über Voodoo
1938 wurde ein 60-jähriger Mann aus einer ländlichen Gegend in Tennessee vier Monate lang immer kränker, bis ihn seine Frau schließlich in ein kleines Krankenhaus am Stadtrand mit gerade einmal 15 Betten brachte.20 Zu diesem Zeitpunkt hatte Vance Vanders bereits 45 Pfund abgenommen und war anscheinend dem Tode nahe. Der Arzt, Dr. Drayton Doherty, vermutete Tuberkulose oder eventuell auch Krebs, aber wiederholte Tests und Röntgenaufnahmen waren negativ und ergaben keinen Befund. Die ärztliche Untersuchung zeigte keinerlei Hinweise auf eine Ursache für Vanders’ Leiden. Vanders weigerte sich zu essen, deshalb wurde er über eine Magensonde ernährt, aber er gab alles wieder von sich. Es ging ihm immer schlechter, und er war überzeugt davon, im Sterben zu liegen. Schließlich konnte er kaum mehr sprechen, und Dr. Doherty hatte immer noch keine Ahnung, was dem Mann fehlte.
Vanders’ Frau war verzweifelt und bat Dr. Doherty um ein vertrauliches Gespräch unter vier Augen. Sie erzählte ihm, ihr Mann sei mit einem Voodoo-Zauber verhext worden. Vanders, der in einer Gemeinde lebte, in der Voodoo praktiziert wurde, hatte anscheinend einen Streit mit einem einheimischen Voodoo-Priester gehabt. Dieser hatte Vanders eines Nachts zu später Stunde zum Friedhof bestellt, mit einer Flasche, die eine übel riechende Flüssigkeit enthielt, vor Vanders’ Gesicht herumgewedelt und ihn mit einem Fluch belegt. Der Priester hatte zu Vanders gesagt, er würde bald sterben und niemand könne ihn retten. In der Überzeugung, seine Tage seien gezählt, glaubte Vanders seit dieser Nacht an eine neue, schlimme zukünftige Realität. Der Mann gab sich geschlagen, ging nach Hause und verweigerte das Essen. Schließlich brachte ihn seine Frau ins Krankenhaus.
Dr. Doherty hörte