Palast von Mália
Das fast schattenlose Gelände erstreckt sich nah am Meer, zwischen Olivenhainen und dorniger Phrygana. Von der Lage her ist es weniger attraktiv als die anderen Paläste, auch kleiner als Knossós und Festós.
Der minoische Palast von Mália liegt in einer weiten Uferebene
Der Palast und die umliegende Siedlung stammen aus der Zeit um 1650 v. Chr. und fielen 1450 v. Chr. derselben rätselhaften Katastrophe zum Opfer wie die meisten anderen Städte der Insel. Vom älteren Palast (ca. 1900 v. Chr.), der hier stand, sind nur noch wenige Spuren vorhanden.
Die Bauweise folgt dem gleichen Schema wie bei den Palästen von Knossós, Festós und Zákros (vier Gebäudeflügel gruppieren sich um den von Süd nach Nord orientierten, lang gestreckten Zentralhof), ist aber insgesamt schlichter als die aufwändigen Anlagen von Knossós und Festós. So fehlt z. B. die prächtige Alabasterverkleidung, als Baumaterial wurden nur Kalk- und Sandstein aus der Umgebung verwendet, außerdem getrocknete Lehmziegel. Auch die Anzahl der Räume ist geringer und es fehlt die Theateranlage. Es handelte sich also vielleicht um einen „Provinzpalast“, der aber trotzdem Mittelpunkt einer großen Siedlung war, die sich über einen guten Quadratkilometer erstreckte. Einige der freigelegten Teile liegen nordwestlich vom Palast unter einer Konstruktion aus Holz und Plexiglas.
Anfahrt/Verbindungen Der Palast liegt etwa 3 km östlich von Mália und ist an der Hauptstraße in Richtung Ágios Nikólaos beschildert (Mallia Antiquities). Bushaltestelle an der Straße. Auch auf der in Strandnähe verlaufenden „Beach Road“, die im unteren Teil der Stichstraße abzweigt, kommt man zum Palast.
Öffnungszeiten April bis Okt. Mi-Mo 8-19 Uhr, Di geschl., Eintritt ca. 6 €, Senioren über 65 J. sowie Schül./Stud. und Pers. von 6-25 J. aus Nicht-EU-Ländern 3 €, freier Eintritt für Pers. bis 25 J. und Schül./Stud. aus EU-Ländern.
Führungen Giorgos Pothos, der ausgezeichnet Deutsch spricht, Kunstgeschichte studiert und eine Ausbildung zum Fremdenführer gemacht hat, bietet 2 x tägl. (meist 11 u. 13 Uhr) informative, dabei aber auch unterhaltsame Führungen durch die Palastanlage (ca. 1:15 Std., ca. 5-6 €/Pers.). Man kann bei ihm auch übernachten (→ Sísi).
Rundgang
Beim Eingang kann man zunächst eine Dokumentation mit Modellen, Rekonstruktionen und vielen Fotos der umfangreichen Ausgrabungen im Gebiet von Mália betrachten, die 1915 begannen und bis heute nicht beendet sind.
Sorgt immer wieder für Diskussionen: der rätselhafte Kernos
Westflügel: Vom Eingang kommend, betritt man zunächst den vorgelagerten Westhof. Reste der Pflasterung sind erhalten, ein etwas erhöhter „Prozessionsweg“ 1 läuft parallel zur Fassade. Eine Abzweigung des Weges führt in die Südwestecke zu den Grundmauern von acht Rundbauten, wahrscheinlich Getreidespeicher 2. Die Mauern der recht verwinkelten Fassade sind nur hüft- bis schulterhoch, etwa in der Mitte liegt der Zugang 3 ins Innere. Vorbei an Vorratsräumen gelangt man auf dem Korridor 4 nach links bis zur Begrenzungsmauer und dann rechts bis zum sog. Vorbereitungsraum 5, in dem ein Tonpythos steht. Man hat in diesem Raum ein mit einem Pantherkopf geschmücktes Zepter und ein großes Schwert mit einem Knauf aus Bergkristall und einer vergoldeten Klinge gefunden.
Erhöht daneben liegt die Loggia 6 mit Säulenbasen und Fundamenten von Altar und Thron. Diese Halle war zum Zentralhof offen, ein paar Stufen führen hinunter. Von etwas erhöhter Warte nahm der „König“ an Veranstaltungen und Kulthandlungen teil, die die im Hof Versammelten ebenfalls verfolgen konnten.
Gleich daneben führte eine breite Treppe 7 ins obere Stockwerk (heute nicht mehr vorhanden). Wieder daneben liegt der große Vorraum zur Pfeilerkrypta 8 mit Resten einer Bank, vielleicht eine Art Audienzsaal. Dahinter liegt die Krypta 9 mit zwei markanten quadratischen Pfeilern, in die kleine Doppeläxte und andere Kultzeichen eingemeißelt sind (z. T. heute noch zu sehen).
Ganz unten in der Südwestecke des Zentralhofs sieht man eine weitere breite Schautreppe 10, vielleicht eine Art Theater. Gleich daneben befindet sich der berühmte Kernos 11, ein kreisrunder Opferstein mit 90 cm Durchmesser und 34 kleinen Vertiefungen am äußeren Rand entlang. Die Bedeutung dieses Steines ist ungeklärt, man vermutet, dass Samenkörner und die ersten Früchte einer Pflanze als Dankopfer an die Gottheit in die Schälchen gelegt wurden. Diese Art der Danksagung für Ernte und Fruchtbarkeit war auf Kreta weit verbreitet - man hat in den minoischen Ausgrabungen nicht wenige dieser Opfersteine gefunden.
Südflügel: Der gepflasterte Korridor im südlichen Teil des Palastes ist der Südeingang 12. In diesem Teil der Anlage lagen Werkstätten und ein kleines Heiligtum, wo man Kultgeräte gefunden hat.
Zentralhof: Der zentrale Hof ist kleiner als in Knossós und Festós. Wahrscheinlich war er vollständig gepflastert, in der Mitte gegenüber der Krypta erkennt man die Reste eines Brandopferaltars 13 mit vier Stützen zum Auflegen des Rostes. Eine solche Vorrichtung hat man in keinem anderen Zentralhof gefunden.
Ostflügel (überdacht): An der Ostseite des Hofs trennten Pfeiler und Säulen eine längliche Halle 14 ab, vielleicht eine Art Zuschauerraum bei Veranstaltungen im Zentralhof, z. B. beim berühmten Stierspringen. Dahinter erstreckt sich eine Reihe von Magazinen 16, die zum Lagern von Öl dienten. Rechts davon liegt der Osteingang 15 zum Palast.
Nordflügel: Auch im nördlichen Teil des Palastes steht eine Säulenhalle 17. Dahinter liegen, durch eine Mauer abgetrennt, ein Vorraum 18 mit einem Pfeiler und eine markante Pfeilerhalle 19 mit sechs Pfeilern. Wahrscheinlich befanden sich darüber die offiziellen Banketträume des Königs. Die Treppe rechts führte hinauf.
Ein schmaler Gang verbindet den Zentralhof mit dem Nordhof 20. Das schräg hineingebaute Heiligtum 21 wurde wahrscheinlich erst nach der Zerstörung des Palastes errichtet. Südwestlich davon liegt ein weiterer Hof, der Hof des Wachturms 22. Der kleine Raum gleich südlich anschließend war wohl die königliche Schatzkammer 23.
Ein Stück in Richtung Westen kommt man schließlich zum sog. Megaron des Königs 24. Der ehemals gepflasterte Raum mit seinen vielen Türen (Polythyron) und dem Lichtschacht muss beeindruckend gewesen sein. Daneben liegt ein gepflasterter Vorraum 25 und wie in jedem minoischen Palast das geheimnisvolle Kultbecken 26.
Um den Nordhof liegen Lagerräume und Werkstätten. Durch das Nordtor 27 kommt man auf den gepflasterten Weg zum Hafen. Hier stehen auch noch zwei große, vielhenklige Tonpithoi.
Umgebung des Palastes
Nordwestlich vom Palast sieht man einen überdachten Komplex, die sog. Säulenkrypta 28 mit daneben liegenden Magazinen 29. Man nimmt an, dass es sich bei den halb im Erdreich liegenden Mauern um eine Art Stadthalle gehandelt haben könnte, wo sich die Bewohner der Stadt versammeln und diskutieren