Am Übergang von der Spätantike hin zum frühen Mittelalter sollte die Stadt eine vergleichbare Geschichte durchleben wie das übrige Italien. Hervorzuheben ist sicher, dass es dem oströmischen Kaiser Justinus II. (reg. 565 – 578) gelang, die Stadt wieder unter seine Kontrolle zu bringen. In der Folgezeit griffen Awaren, Slawen und Franken die Stadt mehrfach an. Im Jahr 774 wurde Triest Bestandteil der fränkischen Mark Friaul. Unter Lothar III. (König ab 1125, Kaiser 1133 – 1137) erhielten die Bischöfe von Triest zunehmend weltliche Macht, die aber nicht ausreichte, um der aufsteigenden Macht Venedigs Widerstand leisten zu können. Daher suchte man sich eine neue Schutzmacht, die 1382 in der Person des Habsburgers Leopold III. gefunden wurde. Dieser schien den Bürgern Triests geeignet, weil er seit den 70er-Jahren des 14. Jhs. in den Besitz von Krain, Görtz und Friaul gelangt war, also in der Region schon Einfluss hatte.
Abb. 3 Triest. Übersichtsplan der historischen Altstadt. Die Ausdehnung der mittelalterlichen Stad ist in Rot gekennzeichnet; 1 Arcodi Riccardo; 2 Antiquariuminder Via Donota; 3 Römisches Theater; 4 Römisches Forumund Basilika; 5 Cattedraledi San Giusto; 6 Civico Museodi Storiaed Arte – Lapidario.
Abb. 4 Triest.„Arco di Riccardo“ s. S. 25. Im Vordergrund ist ein kleiner Abschnitt der römischen Straßenpflasterung zu sehen.
Mit dem Protektorat von 1382 sollte sich die Macht des Hauses Habsburg letztlich bis 1918 halten. Versuche Venedigs, im frühen 16. Jh. in den Besitz Triests zu gelangen, scheiterten. Zeugnisse des Mittelalters finden sich im Bereich südöstlich der Piazza dell’Unità dell’Italia zum Colle di San Giusto hin. Allerdings hat diese Altstadt in der faschistischen Ära gelitten, weil Mussolini sein Regime als Nachfolger des Imperium Romanum legitimieren wollte. Dazu mussten Teile der Altstadt abgerissen werden, um Ausgrabungen durchführen zu können. So wurde etwa das römische Theater freigelegt (s. S. 27).
Mit den Habsburgern begann aber auch der Aufstieg Triests. Der wichtigste Markstein war die Erhebung zum Freihafen im Jahr 1719. Nach dem Vertrag von Campo Formio und dem französischen Intermezzo (s. S. 128) wurde Triest zum Dreh- und Angelpunkt des Handels in den Nahen Osten, der schließlich 1868 zum Ausbau des Hafens führte. Einhergehend mit der Entwicklung des Hafens kam es zur Industrialisierung Triests und der wachsende Reichtum spiegelte sich in zahlreichen städtebaulichen Projekten wider, die den heutigen Charme der Stadt ausmachen. Das 19. Jh. ist etwa in den historischen Gebäuden um die heutige Piazza dell’Unità d’Italia und den angrenzenden Quartieren vertreten. Tief eintauchen in diese Zeit kann der Besucher auf eine genussvolle Art: An der Piazza lädt z. B. das Caffé degli Specchi mit seinem Wiener Kaffeehauscharme zum Verweilen und zur Teilhabe an der Leidenschaft der Triestiner für Kaffee ein.
Eingebettet in das Habsburgerreich durchlebte die Stadt praktisch die Geschichte der Region mit allen Konsequenzen. Schließlich wurde sie nach dem Zweiten Weltkrieg ein fester Bestandteil der Republik Italien.
Denkmäler
Eine Metropole wie Triest besitzt zahlreiche Denkmäler aus unterschiedlicher Zeit. Sie alle vorstellen zu wollen, ist unmöglich. Es galt, eine Auswahl zu treffen, die sich auf die antiken, frühchristlichen und frühmittelalterlichen Bauten konzentriert. Die Stadt Triest bemüht sich zurzeit darum, die archäologischen Denkmäler mit einem Rundweg zu erschließen.
Arco di Riccardo (Abb. 3, 1) Piazza Barbacan
Sicherlich ein wichtiges Zeugnis für die Stadtgeschichte ist der „Arco di Riccardo”. (Abb. 4), der üblicherweise mit den Baumaßnahmen des Jahres 33/2 v. Chr. in Verbindung gebracht und daher als Stadttor gedeutet wird. Dieses habe zugleich den Beginn des cardo maximus gekennzeichnet. Neue Forschungen sehen den Bogen aber in einem ganz anderen Licht. Es soll sich hier vielmehr um den Eingang zu einem Tempelbezirk der Magna Mater gehandelt haben, der um die Mitte des 1. Jhs. n. Chr. entstanden sei.
Unabhängig von der Deutung des Bogens handelt es sich doch um ein beeindruckendes Denkmal aus römischer Zeit. Der Bau, wie er sich heute darstellt, ist 7,20 m breit, 5,30 m hoch und 2 m tief. Seine Fassade ist mit Pilastern dekoriert, die Kanneluren enden in korinthischen Kapitellen von herausragender Qualität. Von diesen Pilastern ist aber nur einer sichtbar; der andere ist in der angrenzenden Bebauung verschwunden. Der einzige Durchgang war durch Kassetten dekoriert.
Antiquarium an der Via Donota (Abb. 3, 2)
An der Via Donota wurden in den Jahren zwischen 1980 und 1986 Ausgrabungen durchgeführt, die in mancherlei Hinsicht sehr aufschlussreich waren und schließlich zur Einrichtung des Antiquariums geführt haben. Es kamen Reste von mehrstöckiger Wohnbebauung ans Tageslicht, die sich an den San Giusto anlehnten. Wie die Ausgrabungen zeigten, war das Gebäude in den ersten Jahrzehnten des 1. Jhs. n. Chr. bewohnt. Die Reste der Ausstattung mit Wandmalereien und Stuckdekoration sowie kostspieligem Tafelgeschirr zeigten, dass hier ein höherer Lebensstandard vorhanden war.
Wie man aber bei solchen Häusern oft beobachten kann, setzte ein sozialer Wandel bei den Bewohnern ein, in diesem Fall schon um die Mitte des 1. Jhs. n. Chr. Im 2. Jh. n. Chr. war der Komplex dann vollständig verschüttet und die Fläche diente bald darauf als Friedhof. Während des Mittelalters entstand in diesem Bereich die Stadtmauer.
Römisches Theater (Abb. 3, 3)
Zu den bedeutenden Denkmälern Triests zählt das römische Theater, das zwar schon seit 1814 bekannt war, aber erst 1938 unter Mussolini freigelegt wurde (Abb. 5). Es lehnt sich an die Hänge des San Giusto an; die Bauherren konnten so erhebliche Kosten einsparen, die sonst durch aufwendige Substruktionsbauten entstanden wären. Bezogen auf den heutigen Stadtplan liegt es zwischen der Via Donota und der Via del Teatro Romano. Folgt man dem antiken Plan, so war das Theater außerhalb der Stadtmauern, nahe an der damaligen Küstenlinie, angelegt.
Das Theater ist gut erhalten. Seine Umfassungsmauer ragt noch heute 15 m auf, hat also eine Höhe, die etwa einem fünfstöckigen Wohnhaus heutiger Zeit entspricht, und der Zuschauerraum weist einen Durchmesser von 64 m auf. Der Zuschauerraum, die cavea, schloss nach oben hin mit einem Säulengang, der summa cavea, ab. Hier fanden sich – nach heutigem Verständnis sicherlich politisch nicht korrekt – die Plätze für Sklaven und Frauen, während die anderen, besseren Plätze dem Rest der Gesellschaft zustanden.
Von den Sitzreihen haben sich nur im unteren Bereich der cavea solche aus Stein erhalten. Man darf davon ausgehen, dass die oberen Reihen aus Holz gefertigt waren; in solchen Konstruktionen barg sich aber für die Zuschauer ein gewisses Risiko. Aus antiken Quellen sind Einstürze von Tribünen in Stätten der Massenunterhaltung mit hohen Zahlen an Todesopfern überliefert.
Abb. 5 Triest. Römisches Theater. Blick auf den Zuschauerraum.
Allerdings musste keiner der Zuschauer, von denen zwischen 3.500 und 6.000 im Theater Platz fanden, in der glühenden Sonne sitzen. An