Eva langt zu. Liza Cody. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Liza Cody
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Ужасы и Мистика
Год издания: 0
isbn: 9783867548885
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brauchte nicht lange zu überlegen. Was gab es auch schon groß zu überlegen? Ich war gerade meinen Job losgeworden. Ich hatte eine Pechsträhne. Hätte ich die Zillionen einfach für den nächstbesten Schwachkopf liegen lassen sollen, der das Geld nicht halb so dringend brauchte wie ich? Sollte ich es etwa in der Kälte zurücklassen, bis es zu jemand anderem sagte: »Nimm mich, ich bin dein«?

      Wenn Sie das glauben, kennen Sie mich aber schlecht.

      Meine beiden großen Hunde, Ramses und Lineker, haben eine eigene Holzhütte und einen Zwinger. Tagsüber, wenn auf dem Schrottplatz gearbeitet wird, wenn die Pressen, Sägen und Kräne kreischen und klappern, liege ich in meinem Wohnwagen und schlafe. Ramses und Lineker verkriechen sich in ihre Hütte und pennen auch. Aber wenn einer von den Arbeitern zu nah an den Zwinger kommt, wacht Ramses auf und springt wie ein Wahnsinniger zum Zaun, sträubt das Fell, fletscht die Zähne und gibt mir Bescheid.

      »Ro-ro-ro«, macht er, wie eine Bassgitarre. Dann wacht Lineker auf und macht: »Yak-yak.« Dann wacht Milo auf und kläfft: »Hip-hörf.« Und dann wache ich auf.

      Ich habe also ein todsicheres Frühwarnsystem, damit sich an meine Hunde und mich keiner ranschleichen kann.

      Wenn die Arbeiter Feierabend gemacht haben und die Maschinen ausgeschaltet sind, dürfen Ramses und Lineker frei auf dem Gelände rumlaufen. Mir tut jeder leid, der auf die Idee kommt, über das Tor zu klettern oder sich durch ein Loch im Zaun auf unseren Schrottplatz zu wagen. Hunde verteidigen ihr Revier. Genau wie ich. Nur immer schön hereinspaziert, wenn Sie wollen, dass Ihnen einer an die Kehle springt. Sagen Sie bloß, Sie trauen sich nicht?

      Ich brauchte bloß zwei Nägel und einen Hammer, mehr nicht. Ich nagelte die Pumatasche an die Wand des Hundeschuppens. Ich hängte sie ziemlich hoch, damit Lineker sie nicht für Kauübungen missbrauchen konnte.

      Meine Zähne klapperten – rat-a-tat-tat. Mir war so, als wäre ich immer noch angesäuselt. Ich konnte nicht mehr geradeaus gehen.

      Ich war reich. Ich war stinkreich.

      Das hatte ich mir immer gewünscht.

      Ich weinte wie ein Kleinkind.

      Lachen Sie ruhig. Aber ich setzte mich auf die Schlafmatte der Hunde und heulte erst mal eine Runde.

      Jede einzelne niegelnagelneue Banknote in der Pumatasche gehörte mir. Nur mir, sonst keinem.

      Wenn Sie nie am Hungertuch genagt haben, wenn es Ihnen nie wirklich dreckig gegangen ist, wenn Sie nie richtig knapp bei Kasse gewesen sind, können Sie das nicht verstehen. Also lassen Sie mich in Ruhe, und gehen Sie Fischfutter lutschen.

      Es war schon fast Morgen, auf dem Schrottplatz würde es bald lebendig werden. Ich ging ins Bett, aber ich fand keinen Schlaf. Mein Kopf war fast so voll wie die Pumatasche. Ich zählte die Mäuse.

      Doch zuletzt wurde alles vom Rhythmus der Schrottpresse überdeckt. Badamm, badamm, machte sie. Genauso wie in Satisfaction. Als ich schließlich einschlief, dröhnte mir der Schädel von dem Badamm, badamm.

      Als ich aufwachte, hatte sich das Dröhnen zu echten Kopfschmerzen von der übelsten Sorte ausgewachsen. Aber es machte mir nichts aus, weil ich dachte: »Jetzt kann ich alles wieder auf die Reihe kriegen. Ich kaufe mir mein eigenes Fitnessstudio und sehe zu, dass ich wieder in Form komme.«

      Es wäre nicht dasselbe wie Sams Fitnessstudio, wo ich früher trainiert habe und wo Mr. Deeds mich rausgeschmissen hat. Es würde viel besser sein. Ich hätte einen Privattrainer und eine Sauna ganz für mich alleine. Ich würde mir das Gift aus dem Körper schwitzen und das Übergewicht. Bis ich wieder schlank und hart war. Fies und zäh. Dann würde ich am Drücker sein. O ja, ich würde es allen zeigen. Glauben Sie mir ruhig. Eine fiese, miese Kampfmaschine.

      Ich ging auf den Markt in der Mandala Street, um zu frühstücken. Es war drei Uhr nachmittags, der Tag war kalt und grau. Aber ich hatte einen Packen Zwanzigpfundscheine in der Tasche, die mich wärmten. Ich kaufte mir ein paar Hamburger und eine Tüte Pommes in John’s Burger Bar.

      »Bist du zu Geld gekommen?«, fragte John, als er einen von meinen Zwanzigern einsackte.

      »Was geht das dich an?«, sagte ich. Wieso müssen die Leute ihren Rüssel dauernd in anderer Leute Angelegenheiten stecken? Wieso müssen sie immer ihren Senf dazugeben?

      »Bloß, weil ich dich schon länger nicht mehr gesehen habe«, sagte er. »Die Mädels meinten, deine Geschäfte liefen flau.«

      »Die Zeiten ändern sich«, sagte ich. »Und den Torten kannst du ausrichten, sie sollen ihre Nasen woanders reinstecken.«

      »Ist doch immer wieder angenehm, mit dir Geschäfte zu machen, Eva«, sagte er. So ein Furzgesicht.

      Ich konnte mein Geld auch woanders hinbringen. Genau. Von nun an würde ich im Café Royal essen, wo sie richtige Porzellanteller hatten und sogar Tischdecken. Keine Styroporbecher und Fettfinger mehr für Eva Wylie, die Zeiten waren vorbei. Tschüs, Furzgesicht. Mich siehst du hier nicht wieder.

      Die Hamburger erinnerten mich an Milo. Als ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, saß er gemütlich bei der Feindin im Auto. Er hatte mich verraten und war mit ihr weggefahren. Aber nach den Hamburgern war ich bereit, ihm zu vergeben. Wenn die Feindin sich einbildete, sie könnte sich meinen Hund unter den Nagel reißen, den ich als kleines Würmchen gefunden und mit der Flasche großgezogen hatte, war sie auf dem Holzweg.

      Außerdem schuldete sie mir noch Geld. Auch wenn ich jetzt selber Millionen und Abermillionen hatte, sie schuldete mir was. Ich schlage mir doch nicht umsonst die ganze Nacht um die Ohren und friere mir auf einem Parkplatz den Arsch ab. Ich bin doch nicht blöd. Also stattete ich ihr einen Besuch ab. Von außen sieht ihre Firma so aus wie eine Zahnarztpraxis. Die Tür ist cremefarben angestrichen, und es hängt ein Schild daran, auf dem »Lee-Schiller Security« steht. Wenn man reinkommt, wird man von einer Sekretärinnenschnepfe empfangen. Es gibt einen Warteraum mit einem Sofa und zwei bequemen Sesseln.

      Als ich reinging, sagte die alte Schnepfe: »Guten Tag – ach, du bist es, Eva. Wolltest du Milo abholen?«

      Das ist das Blöde an diesen alten Sekretärinnenschnepfen, dass sie einen dauernd ausfragen wollen.

      »Wo ist sie?«, fragte ich.

      »Anna?«, sagte sie. »Sie ist bei Mr. Schiller. Aber du darfst jetzt nicht rein. Sie haben eine Besprechung.«

      Ich gab ihrer Schreibtischplatte einen kleinen Klaps, um die Schnepfe daran zu erinnern, dass ich nicht irgendwer war. Sie zuckte zusammen und sagte: »Musst du denn immer irgendwo draufschlagen, Eva?«

      »Müssen Sie Ihren Rüssel immer in meine Angelegenheiten stecken?«, sagte ich und marschierte an ihr vorbei.

      »Bitte«, sagte sie. »Sie arbeiten.«

      Eigentlich war ich gar nicht richtig böse. Ich war zu reich, um böse zu sein. Geld beruhigt die Nerven. Ist Ihnen das auch schon mal aufgefallen? Geld heilt fast alles. Ich hätte sie anraunzen können, wie ich es sonst auch immer mache, aber ich sagte bloß »Schnauze«, in einem richtig lieben Ton, nur zur Erinnerung. Geld ist gut fürs Gemüt.

      Ich marschierte in das Büro der Feindin, wo sie und Mr. Schiller nebeneinandersaßen, Tee tranken und Akten studierten.

      »Tag, Eva«, sagte Mr. Schiller. Er ist ziemlich in Ordnung, aber schon an der Art, wie er seine Tasse hält, sieht man ihm an, dass er früher auch ein Bulle war.

      »Ach, du Schande«, sagte die Feindin.

      »Hip-hörf«, sagte Milo.

      »Klappe«, sagte ich. »Komm her, du gehörst mir.« Er saß vor den Füßen der Feindin und tat so, als ob er ihr gehörte. So was geht mir echt gegen den Strich, wenn sich irgendwer an meine Hunde ranwanzt. Bei Ramses hätte die Feindin nicht die kleinste Chance gehabt. Ramses hätte ihr den Fuß abgerissen.

      Milo rührte sich nicht vom Fleck, der Verräter.

      Plötzlich