Hans Keitel & Co. Parkettfabrik Uffenheim
Das war Knochenarbeit, denn die Klebemasse wurde auf ca. 150 °C erhitzt, dann mit schweren Eimern transportiert, vom Parkettleger verteilt und der unterseitig mit einem Schwalbenschwanz ringsum versehene Parkettstab in diese eingedrückt. Da man sich sehr leicht die Finger verbrennen konnte, wurden auch bald die ersten kaltflüssigen Klebemassen entwickelt. Glücklich waren die Fachleute mit den neuen Verlegemethoden aber keinesfalls, nachzulesen in dem 1929 erschienenen Fachbuch „Parkettboden“ von M. Großkopf: „ … Vorweg soll aber gleich gesagt sein, dass es keine Fußbodensorte gibt, die so viel Streitigkeiten, Ärger und Schäden verursacht, wie gerade die Verlegung von Stabparkettfußböden mit Teerasphalt.“
In der Kritik standen technische Eigenschaften dieses Klebstofftyps, wie zum Beispiel die richtige Druckfestigkeit. Eine dafür anerkannte Prüfungsmethode aus den 20er Jahren ist aus heutiger Sicht sicherlich gewöhnungsbedürftig: „ … Eine in Fachkreisen bekannte und praktische Art, sich von der Druckfestigkeit des Teerasphalts zu überzeugen, die von jedermann sofort ausgeführt werden kann, ist die, dass man mit den Zähnen darauf beißt. Bei druckfestem Teerasphalt darf kein Eindruck der Zähne hinterbleiben, ein geringer Eindruck kann sich höchstens zeigen, wenn das Stück Asphalt längere Zeit im Munde, also einer Temperatur von 35 – 37 °C ausgesetzt war.
Ferner muss ein kleines Stück druckfesten Teerasphaltes sich im Munde mit den Zähnen vollkommen zermahlen lassen, so dass man glaubt, auf Sand herumzubeißen. Wendet man diese allerdings etwas grobe, aber immerhin zur Beurteilung ganz gute Probe der Praxis bei zu weichem Asphalt an, so versagt sie völlig; der Teerasphalt hinterlässt beim Zusammendrücken der Kiefer nicht nur den Zahndruck, sondern lässt sich direkt in zwei Teile beißen.“
Die beschriebenen Analysen sind einwandfreie Beweise bei vorkommenden Streitigkeiten, wurde dazu angemerkt.
Als Alternative zu den Asphaltverlegungen kam ein neuer Klebstoff auf den Markt: Parabest. Die Verlegungsart wird prompt als umwälzender Fortschritt in der deutschen Parkettindustrie beurteilt, denn Parabest soll alle Nachteile, die der Verlegung in den heißen Teerasphalt oder der Verlegung in kalte Asphaltklebemasse anhaften, beseitigen.
Bei Parabest handelt es sich um eine homogen-zähe Masse, schreibt Großkopf, ein Verbindungsmittel von gummiartiger, plastischer Beschaffenheit, frei von Teer, Pech, öligen und mineralerdigen Stoffen von erstaunlich großer Klebekraft und dauernder geschmeidiger Elastizität.
Ein namentlich nicht genannter Verleger beschrieb seine ersten Erfahrungen so: „Wir haben jetzt einige Tausend Quadratmeter Parkett mit Parabest verlegt und haben unsere Auftraggeber damit immer voll befriedigt. Bei harter ebener Betonunterlage ist ein Hochgehen fast ausgeschlossen, denn wir konnten mehrfach beobachten, dass die in Parabest verlegten Parkettböden infolge Einwirkung starker Feuchtigkeit sich bis zur Wand ausdehnten und dann nur die äußersten Parkettstäbe sich schrägstellten. Die Reparaturarbeiten waren deshalb leicht, billig und ohne Unbequemlichkeit auszuführen.“
Parabest. Die Vorzüge waren verheißungsvoll (aus M. Großkopf „Parkettboden“).
Ziehklinge, Stahlspäne und Bohnerwachs
Bei Ölen, Wachsen und auch den Oberflächenbehandlungen tat sich allmählich etwas. Die meisten Parkettböden wurden damals noch gewachst oder geölt. Dazu musste der gesamte Boden zunächst sauber mit einer Ziehklinge abgezogen werden. Das verlangte, abhängig von der Qualität des Parketts, eine besondere Technik. Bei Tafel- oder auch Fischgrätböden war die geforderte Faserrichtung immer einzuhalten. Daraufhin folgte das Heiß- oder Warmwachsen oder das Behandeln mit natürlich trocknenden Ölen wie Lein- oder Holzöl. Das bedeutete jedoch lange Trockenzeiten. Außerdem konnten diese Öle wieder klebrig werden, sobald die Sonne daraufschien. Und sie neigten zu ranzigem Geruch. Nicht ganz einfach war auch die Pflege.
Das gründliche Abreiben mit Stahlspänen, die wiederum die richtige Größe haben mussten, um das Holz nicht rissig werden zu lassen, war eine sehr aufwendige Prozedur.
Die Lackierung war in dieser Zeit allerdings noch eher selten, auch deshalb, weil es zunächst fachliche Widerstände gab: Großkopf: „Man sieht durch den Lack die kleinste Unebenheit des Holzes, besonders jeden Strich der Ziehklinge, wodurch das Gesamtbild des Parkettbodens leidet. Hässlich wirkt das Aussehen eines lackierten Asphaltparkettbodens, weil dann die zahlreichen kleinen Mulden und Buckel, entstanden durch das Herausziehen beim Verlegen unvermeidlicher Überstände, sich besonders scharf abzeichnen.“
Die Versiegelungen entwickelten sich dementsprechend langsam. „ … in den USA, wo man die Schleifmaschine bereits kannte, setzte man zu der Zeit auf sogenannte, Floorsealer‘ – natürliche Öle mit Trockenbeschleunigern –, die die bisher so langen Wartezeiten erheblich reduzierten. Eine Filmbildung durch den Einsatz von den damaligen Öl- Kunstharzsiegeln entstand auf dem Holzboden zwar noch nicht, die offenporige Nutzschicht des Bodens konnte jedoch leichter gepflegt und gereinigt werden. Diese Produktgruppe kann als Vorläufer lösemittelhaltiger Siegel genannt werden, die als Hauptbindemittel auf sog. Alkydharzen basierten“, heißt es in einem CTA-Rückblick im Jahr 2012.
Ein Mann namens H. Kienle führte den Begriff „Alkyd“ bereits 1927 ein. Alkyd setzt sich aus Alkohol und Acid zusammen. Statt der bis dato gebräuchlichen Naturharze werden diese „künstlich“ hergestellt. Deshalb heißen die Bindemittel „Kunstharze“ und die daraus gemachten Siegel Kunstharzsiegel. Das Wort Siegel leitet sich übrigens aus dem amerikanischen Wort „Sealer“ ab und hat mit dem Wort Siegel im Sinne eines kompletten Abschlusses gegen Feuchtigkeit, wie es im Schadensfalle je nach Interessenlage gern interpretiert wird, absolut nichts zu tun, heißt es dort weiter.
Abziehen einer großen Fischgrätfläche (aus Wagner „Parkett im Wandel der Zeiten“).
Übrigens gab es in dieser Zeit auch die Berufsgruppe der Bohner. Ein Stellvertreter ist die Fa. Aug. Wilh. Rudolph, die um die Wende zum 20. Jahrhundert gegründet worden war. Damals zog August Rudolph als junger Radrennfahrer aus dem schlesischen Ottmachau nach Berlin. Nach einem schweren Sturz mit Schädelbruch wurde ihm das Rennradfahren untersagt. Dadurch erwerbslos geworden, schloss er sich einem Freund an, der als „Bohner“ mit Ziehklinge, Stahlspänen und Bohnerwachs ausgerüstet in den guten Wohnvierteln Berlins von Villa zu Villa zog und das Abziehen, Wachsen und Bohnern der Parkettböden anbot. Mitunter waren auch kleine Reparaturen auszuführen und irgendwann auch Parkettneuverlegungen.
Der Bedarf an Bohnern und Parkettlegern war groß und so verselbstständigten sie sich als Untergruppe innerhalb des Tischlerhandwerks. Die Fachgruppe „Bohner“ wurde gegründet, deren Interessen August Wilhelm Rudolph ab 1930 als Obmann vertrat, zunächst in Berlin, dann deutschlandweit. Als im Jahr 1934 innerhalb der Tischlerinnung die Fachgruppe „Parkett“ gegründet wurde, stand August Wilhelm auch ihr als Obmann vor. Das heute noch existierende Unternehmen übernahm anschließend dessen Schwiegersohn Max Barth.
Max Barth, Fa. Aug. Wilhelm Rudolph, beim Abziehen eines Parkettbodens.
Archiv: Joachim Barth
Die Werbemarken dieser Zeit hatten ihren eigenen Charme.
Foto: Pitt
Technikgläubigkeit und Technikbegeisterung im frühen 20. Jahrhundert