Gleichwertige Beziehung – guter Sex
Es ist nicht sexy, wenn Männer sich aus dem Haushaltsmanagement oder dem familiären Alltagsleben ausklinken. So manche Statistik belegt: Je gleichberechtigter und selbstverständlicher ein Mann zu Hause Aufgaben übernimmt, umso freudiger ist die Beziehung und umso besser ist der Sex. Das gilt übrigens auch für den Single, der seinen Haushalt selbst gut organisiert und das mit einer neuen Beziehung nicht automatisch bleiben lässt. Warum das so ist? Vielleicht deshalb: Wenn beide berufstätig sind und die Frau immer noch Regeln aufstellen, bitten oder kommandieren muss, bzw. wenn sie die Verantwortung für das Haushaltsmanagement ganz allein tragen soll, ist die Beziehung nicht gleichwertig. Punkt. Und das wirkt sich auch auf der sexuellen Ebene aus. Punkt. Welche Frau findet einen Mann, der sich quasi auf ihren Schultern ausruht oder wie ein Kind auf Anweisungen von ihr wartet, wirklich attraktiv?
An dieser Stelle möchte ich allen Frauen und Männern danken, die dazu beigetragen haben, dass Frauen anerkannt und „gleichwertig“ werden durften und wir heute da stehen, wo wir eben stehen. Wir sind unterwegs: Es gibt immer mehr Frauen, die ihre Rolle mutig, individuell und neu gestalten und immer mehr Männer, die ganz selbstverständlich ihren Part dazu beitragen.
Auch der Mann ist unterwegs
Wir dürfen nicht übersehen: Auch zahlreiche Männer sind heute in ihrer Rolle mehr als verunsichert. In vielen Bereichen müssen neue Verhaltensweisen gelernt werden, weil die alten, über lange Zeit gewachsenen, anerkannten und erwünschten nicht mehr passen. Woher bezieht ein Mann in unseren Tagen seinen Selbstwert, seine Sicherheit? Frauen brauchen Männer oft nicht mehr als Beschützer oder Versorger, welche Rolle kann und will der Mann da spielen? Machos sind nicht mehr gefragt, Softies auch nicht – was wollen wir? Wie viele Männer haben den Mut, selbstbewusst, offen, neugierig und abseits aller Performance, Frauen psychisch, emotional und körperlich nackt zu begegnen? Es braucht schon wirklich Mut und Selbstreflexion, wach und entspannt Mensch zu sein – egal, welchem Geschlecht man angehört.
Danke, Papst Franziskus!
Und weil wir gerade bei Männern sind: In den allermeisten Glaubensgemeinschaften sind sie der bestimmende Part, während das „Frauenbild“ oft mehr als antiquiert ist. Auch in unseren Tagen fördern Religionen die freie Entwicklung der Frau und – vor allem – ihre selbstbestimmte und gesunde Sexualität „eher nicht“. In vielen Kirchen herrscht nach wie vor die Meinung, Sexualität diene ausschließlich der Fortpflanzung – dabei ist sie ein so wichtiger Faktor für ein Wohlbefinden, das alle Aspekte des Menschseins umfasst. Erst im September 2018 gab es so etwas wie eine Art „Sanctus“ der katholischen Kirche, als Papst Franziskus vor einer Gruppe französischer Studenten sagte: „Sex ist eine himmlische Gabe. Die Sexualität, der Sex, ist ein Geschenk Gottes, kein Tabu“. Na, es wurde aber auch Zeit!
„Mann“ will es richtig machen
Ich arbeite manchmal mit Männern, die ihre Frau auch beim Sex mit allen Konsequenzen als gleichwertige Partnerin anerkennen möchten, jeden Handgriff sorgsam überlegen und darauf achten, dass es ihr gut geht. Es sind auch Männer, die beim sexuellen Spiel immer wertschätzend und politisch korrekt sein möchten. Die lieber zu oft fragen oder ihr einfach die Führung überlassen. Es sind Männer, die sich kaum noch trauen, zu tun, leidenschaftlich zuzupacken. Solch ein politisch korrektes Liebesspiel kann schnell kippen und zur „liebevoll gemeinten Dienstleistung an der Frau“ werden. Letztendlich sind solche Männer das Spiegelbild jener Frauen, die eben mitgespielt oder Sex über sich ergehen haben lassen. Lustvoll gemeinsam gestalten geht anders.
Apropos – was ich hier noch gesagt haben will: Halleluja, ich freue mich über jeden Mann, mit dem ich arbeiten darf, der ein ehrliches Interesse daran hat, dass die Frau, mit der er seine Sexualität langfristig teilen möchte, ihr individuelles, lustvolles, sexuelles Wesen entfalten kann.
Klarer Grundsatz – wir wollen miteinander
Ja, es gibt Unterschiede zwischen den Geschlechtern, dem Himmel sei Dank. Es geht aber in keiner Weise darum, gegen Männer zu agieren oder sie zu bewerten – ganz im Gegenteil. Gerade unsere geschlechterspezifischen Stärken machen Reibung, Entwicklung und Anziehung aus. Wie einfach darf umdenken funktionieren? Die immer noch andauernde Berichterstattung in den Medien mit Überschriften wie „Warum es einfach nicht klappen kann mit Männern und Frauen“ wollen wir mittlerweile alle nicht mehr hören oder lesen. Da werden nur künstlich Gräben aufgerissen, die letztendlich nichts anderes tun als weh.
Die Idee einer freudigen, lustvollen und großen Vision
Heute gibt es für Frauen viel mehr Freiheiten und Möglichkeiten, ihr Leben und damit auch ihr Sexualleben selbstbewusster und selbstwirksamer zu gestalten. Das Schöne ist, es gibt auch immer mehr Männer, die wissen, dass es allen besser geht, wenn frau lustvoll und gestärkt durchs Leben geht. Gute Sexualität kann starke Kraft und Energie freisetzen, sie ist ein wichtiger Bestandteil unseres Daseins und wir sollten sie in unsere Lebensgestaltung miteinbeziehen. Die gemeinsame Lust an der Leidenschaft braucht für beide Geschlechter ein Gleichgewicht der psychischen, körperlichen, sozialen und emotionalen Komponenten. Nur dann ist man in der Lage, loszulassen, sich hinzugeben, zu genießen und Raum für das gemeinsame Spiel zu finden: Wenn man sich dabei allerdings krampfhaft bemüht, „es richtig zu machen“, können kaum Überraschungsmomente entstehen.
Es wäre doch wunderbar, wenn sich mehr Frauen und Männer gerade auch in jenen sensiblen und intimen Bereich trauen würden und ihre Bedürfnisse und Sehnsüchte wahrnehmen und zeigen dürften. So kann man für sich selbst und mit anderen Schritt für Schritt das Terrain erkunden und ausweiten. Niemand da draußen ist in der Lage, uns zu sagen, was uns wirklich guttut, wer wir wirklich sind, welche Wege wir am besten wählen. Wenn wir lernen, gut in uns hineinzuspüren und ein sicheres Umfeld haben, in dem wir uns selbst neu erleben können, wird das klarer und wir werden immer mutiger, uns zu zeigen – mit unseren ganz individuellen sexuellen Phantasien, Begehrlichkeiten, Attraktionscodes oder auch unseren sexuellen Erregungs- und Anziehungsmustern. Wie schön wäre es, wenn wir uns authentisch ausprobieren und erfahren dürften.
Empathie und Miteinander – von Kindesbeinen an
Schon Säuglinge haben offenbar ein Verständnis von Gerechtigkeit und Gleichheit und setzen sich frühzeitig gegen Nutznießer zur Wehr. Und einjährige Kinder helfen anderen auch dann, wenn sie nicht selbst davon profitieren – das haben unterschiedliche Experimente gezeigt.
Was wäre möglich, wenn man auf diesen wunderbaren Eigenschaften aufbauen würde? Wenn wir von klein auf ein gelingendes Miteinander leben könnten? Wenn wir lernen würden, wie man kommuniziert, zuhört, mitfühlend ist? Wenn wir spüren dürften, ohne, dass uns jemand sagt, dass es ganz anders sei. Wenn wir spüren dürften, dass wir etwas wert sind? Wenn ein Ja neben einem Nein voll akzeptiert werden würde? Wenn wir uns also natürlich entwickeln könnten?
Wie würde es uns gehen, wenn wir auch herausfordernden Gefühlen, wie Trauer, Angst, Zorn oder Scham, gesund Ausdruck verleihen dürften? Wenn wir sie ausagieren könnten – durch Umarmungen, körperliche Bewegung etc.? Wenn wir gelernt hätten, diese Gefühle weder gegen uns selbst, noch gegen andere zu richten? Wenn wir wüssten, dass sie zu uns gehören und da sein dürfen, wie auch Freude, Liebe, Begeisterung, Dankbarkeit, Gelassenheit. Wie wäre es, wenn wir ein liebevolles Miteinander leben, in dem es uns allen besser geht, weil wir einander unterstützen?
Das waren viele Fragen, ich weiß. Aber sollten wir uns die nicht hin und wieder stellen? Nicht um uns zu grämen oder Schuldige zu finden, sondern um unserem inneren Kind vielleicht jetzt selbst beizustehen. Oder um es bei unseren