Viva la carpa! Als die Mafia den Aischgründer Spiegelkarpfen haben wollte. Werner Rosenzweig. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Werner Rosenzweig
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Юмористическое фэнтези
Год издания: 0
isbn: 9783960085430
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vorlegte. Und dass Luigi über unerschöpfliche Kokainvorräte verfügte, wusste sie auch. Sie sang wie eine Amsel in der Abendsonne. Erst danach ließen die italienischen Behörden sie ziehen. Nach Bad Tölz wollte sie nicht zurück. So entschied sie sich für das nahe gelegene Wolfratshausen. Das kannte sie, lag ja nicht weit von ihrer Heimatstadt entfernt. Damals überlegte sie, wie es mit ihr weitergehen sollte. »Was beherrschst du am besten?«, fragte sie sich selbst. Sie überlegte intensiv und lauschte ihrer inneren Stimme. »Bumsen«, sagte ihr die Stimme. »Womit kannst du am schnellsten und leichtesten Geld verdienen?« Egal, welche Fragen sie sich stellte, die Antworten waren immer die gleichen: Bumsen. »Außerdem brauchst du genug Kohle, um dir Stoff zu besorgen«, verriet ihr ihre innere Logik.

      So stieg sie in das horizontale Gewerbe ein. Von irgendetwas musste der Mensch ja schließlich leben. Auch wenn sie niemandem verriet, dass sie sich in die Stoiber-Stadt flüchtete und später in die Oberpfalz umzog, hatte sie der lange Arm der Behörden doch gleich wiedergefunden. Vor Tagen, als sie Rolfs Nachricht vorfand, lag eine weitere Nachricht in ihrem Briefkasten. Von der Staatsanwaltschaft in Rom. Darin wurde sie informiert, dass das aufwendige Ermittlungsverfahren gegen Luigi Antonelli nunmehr endgültig abgeschlossen sei und ihm ein langwieriger Gerichtsprozess bevorstünde. Sie, Roserl Hinterwimmer, habe damals eine mehrmonatige intime Beziehung zu dem Angeklagten unterhalten, habe Kokain von ihm bezogen und verkonsumiert und werde hiermit als eine wichtige Zeugin der Staatsanwaltschaft berufen. In dem Schreiben wurde sie aufgefordert, sich am 13. August dieses Jahres bei Oberstaatsanwalt Dr. Fernando Vincelli, Via de Campone 3, zu melden. Dieser Vorladung sei unbedingt Folge zu leisten, hieß es. Ansonsten … Es folgten Hinweise auf ein Sammelsurium von Paragrafen, welche Roserl nichts sagten. »So ein Scheiß«, entfuhr es ihr in dem blubbernden Schaumbad, als ihr der Brief der römischen Staatsanwaltschaft wieder durch den Kopf ging, »wie haben die mich bloß gefunden?«

      Dass es neben Dr. Fernando Vincelli auch andere Leute gab, welche ebenfalls ein gewisses Interesse an ihrer Person haben könnten, nun auf diese Idee kam Roserl nicht, als der Champagner tief in ihrem Hals prickelte. Il Tedesco, der Deutsche, hatte schon vor Monaten den Auftrag erhalten Roserl ausfindig zu machen. Seitdem klebte er auf ihrer Spur und war ihr näher und näher gekommen. Aber wie gesagt, davon hatte Roserl keine Ahnung. Für sie war die Episode Rom gedanklich längst ad acta gelegt. Bis vor wenigen Tagen eben, als sie den Brief der römischen Justiz in ihrem Briefkasten vorfand. Auch Il Tedesco – alias Rolf – hatte sie gefunden und war auf dem Weg zu ihr. Die Ndrangheta hatte mit ihr noch eine offene Rechnung zu begleichen. Dass die Roserl bald gegen ihren früheren Liebhaber aussagen sollte, gefiel den Clans der Ehrenwerten Gesellschaft überhaupt nicht. Der Auftragskiller war bereits in der Stadt, das Leben von Rosi Hinterwimmer keinen Pfifferling mehr wert. Noch plantschte sie im sprudelnden Whirlpool, dachte an eintausend Euro und an eine Anaconda. Ihre Lebensuhr tickte nur noch eine halbe Stunde.

      *

      Mit großen Schritten brach die Nacht endgültig über Amberg herein und schlich sich in die historische Altstadt. Die Seminargasse war menschenleer. Die Hitze staute sich noch immer in der schmalen Straße. An Abkühlung war nicht zu denken. Der Mörder legte seinen mit einem Tempotaschentuch umwickelten Daumen auf den Klingelknopf des Eh’häusls. Drinnen ertönte ein helles Ding-Dong. Dann rührte sich etwas im Haus. »Ich komme«, hörte er eine weibliche Stimme rufen. Sekunden später öffnete sich die Tür.

      »Hallo, ich bin der Rolf«, hörte er sich sagen.

      »Komm rein, ich habe schon auf dich gewartet«, antwortete der attraktive, rothaarige Wuschelkopf, in ein transparentes schwarzes Nichts gekleidet. Deutlich stemmten sich zwei rosafarbene Brustwarzen gegen den leichten, durchsichtigen Stoff. »Wie geht es deiner Anaconda?«

      »Die ist gerade aufgewacht und windet sich hin und her«, antwortete er, dann schloss sich hinter ihm die Tür.

      Roserl musterte den Fremden mit Interesse. Was sie so sah, gefiel ihr. Sie schätzte den Mann mit dem markanten, kantigen Gesicht, den dunkelblauen Augen und dem weiblich geschwungenen Mund auf Mitte dreißig. Schlank, muskulös wirkend und geschätzte einen Meter fünfundachtzig groß. Sie konnte sich nicht an ihn erinnern und haderte erneut mit ihrem unvermögenden Langzeitgedächtnis. »Wie wär’s mit einem erfrischenden, prickelnden Entspannungsbad zur Begrüßung?«, gurrte sie. »Bei einem Gläschen Schampus? So weit mir bekannt ist, lieben Anacondas das Wasser.«

      »Keine schlechte Idee«, lächelte Rolf sie offen an. Eine sympathische junge Frau. Gut aussehend, sexy und irgendwie hyperaktiv. Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen schienen ihr nicht zu fehlen und sexuelle Hemmungen hatte sie sowieso nicht.

      »Ich gehe schon mal vor. Ganz oben unter dem Dach wartet unser Schaumbad. Ich habe das Wasser schon eingelassen. Zieh dich doch aus. Ich warte auf dich und deine Würgeschlange, dann können wir uns darüber unterhalten, was wir die nächsten Stunden so alles treiben«, kicherte Rosi und ließ dabei ihr transparentes Nichts von der Schulter gleiten. Mit dem nackten Po wackelnd stieg sie lasziv Stufe um Stufe empor und schnalzte dabei mit der Zunge. Keine Minute später drangen dumpf blubbernde Geräusche von oben in das Kaminzimmer herab.

      Der Mörder ließ sich Zeit. Er stand vor dem künstlichen Kamin und sah sich um. Dann schraubte er den Schalldämpfer auf seine Colt 1911 A1 und vergewisserte sich, dass das Magazin auch geladen war. Er entsicherte die Pistole, zog den Schlitten zurück und ließ eine Patrone in die Patronenkammer gleiten. Auf der gläsernen Tischplatte vor dem Kamin bemerkte er feine Reste eines weißen Pulvers. »Sieh an, sieh an«, murmelte er. Dann zog er seine Schuhe aus und machte sich lautlos auf den Weg nach oben. Die Schusswaffe in der Rechten hielt er hinter seinem Rücken verborgen. Irgendwie tat ihm diese lebenslustige Nutte leid. Sympathisch attraktiv und zum Sterben viel zu jung. Schade um sie. Er hatte keine Ahnung, was sie verbrochen, was sie angestellt hatte, um sich den Zorn der Ndrangheta zuzuziehen. »Finde sie und töte sie«, hatte sein Schwiegervater vor ein paar Monaten zu ihm gesagt. Warum, weshalb? Keine Ahnung. Es interessierte ihn auch nicht. Wozu? Er hatte eine Aufgabe zu erledigen, seine ganz persönliche Prüfung. Mehr nicht.

      »Oh, du bist ja noch gar nicht ausgezogen«, ermahnte ihn die nackte Rosi Hinterwimmer enttäuscht, welche in einem riesigen, blubbernden Schaumbad-Berg lag, der sich mal in rot, blau, grün, gelb und weitere Farben verwandelte. »Du musst dich nicht genieren. Komm rein, ich wasch dir den Rücken, und nicht nur den«, lockte sie. Dann sah sie dem Mann, der vor ihr stand, in die blauen Augen, welche sie mit Eiseskälte anstarrten. Er machte nicht die geringsten Anstalten, sich seiner Kleidung zu entledigen. Er starrte sie nur an. Plötzlich begann ihr Herz zu rasen. Ihr inneres Alarmsystem war in Aufruhr. Todesangst schnürte ihr mit einem Schlag die Kehle zu. Ihr Besucher hatte nicht das geringste Interesse, zu ihr in die Wanne zu steigen. »Was ist …? Du bist nicht Rolf … und wir haben uns vorher auch noch nie gesehen …! Was willst du?« Roserl starrte den Fremden mit weitaufgerissenen Augen an. Ihre Pupillen rasten panisch hin und her. Ihre Hände tauchten in einer hektischen Abwehrreaktion aus dem Schaumberg auf. Sie wollte sich aufsetzen. Zu spät. Blitzschnell hielt ihr der Mann den Lauf seiner Pistole an die rechte Schläfe. »Warum?«, flüsterte sie, dann ertönte ein dumpfes Plopp und Rosi Hinterwimmers Kopf wurde von einer unsichtbaren Macht zur Seite gerissen. Das abgefeuerte Geschoss fegte durch ihr Gehirn und schlug in die geflieste Wand. Auf Roserls linker Kopfhälfte klaffte ein blutiger Trichter, aus dem eine rosa-graue teigartige Masse aus Blut, Gehirnflüssigkeit, Knochensplittern, Milliarden von Nervenzellen, Hirnrinde und Rückenmark dem Weg des Geschosses gefolgt waren und nun von dem Fliesenspiegel klebrig und zäh fließend in das blubbernde Badewasser krochen. Roserls Körpersekrete verzauberten das aktuelle Gelb des Badewassers in ein schmieriges Rot. Eine Antwort auf ihre Frage bekam sie nicht mehr. Sie war sofort tot. Langsam, wie in Zeitlupe, rutschte ihr lebloser Körper in das immer noch unstet sprudelnde Wasser und versank darin. Ihr Mörder schaltete die Whirlpool-Anlage ab. Dort, wo Roserls Kopf in das Wasser eingetaucht war, schwammen nun Hunderte kleiner roter Schaumblasen und noch immer rannen von den Fliesen winzige Blutbäche in das nun ruhiger werdende Badewasser. Dem Mörder entfuhr ein leises Seufzen, dann begab er sich wieder nach unten in das Kaminzimmer.

      *

      Während ein eilends herbeigerufener Notarzt sich immer noch um Gerta Brahms kümmerte und auch ein Polizeipsychologe bereit stand, sich ihrer anzunehmen, beugte