Je genauer wir der Jagd nach einem legendären Goldschatz und den Erzählungen alter Bretonen folgen, umso mehr verschwimmen Raum und Zeit, weitet sich unser Horizont und plötzlich erscheint die Bretagne als Ausgang und Ende dieser Welt. Alles stürzt auf uns ein: Teufel und Dämonen, Goten, Römer, Paradies, Sintflut, Jesus, Giganten, Weltkrieg und Wundermaschinen. Überall lauern Parallelwelten und unerwartete Begegnungen zwischen Mythen, Astronomie und Archäologie. Akribisch werden unzählige Spuren freigelegt und zu einem Netz verflochten, das uns so schnell nicht mehr loslässt. Alles dreht sich, bis Vergangenheit und Sage zu unserer Gegenwart und Zukunft werden könnten.
Dieses Buch ist kein Abenteuer, es will uns seine Wahrheit offenbaren.
Martin Fenske, Erstleser
Der Autor
Pierre Dietz, Jahrgang 1963, lebt im Rhein-Main-Gebiet und arbeitet als Animationsdesigner, Künstler und Schriftsteller. Deutsch-französische Wurzeln, historische Themen und ein bewegtes Leben im Medienbereich, als Kurzfilmemacher, Journalist und Fotograf prägen sein Werk.
Im gleichen Verlag erschienen:
»Briefe aus der Deportation«, »Resistance und Todesmarsch« sowie
»Das Geisterfestungsfest«.
CIP-Titelaufnahme der deutschen Bibliothek:
Dietz, Pierre; »King« Artus und das Geheimnis von Avalon.
1. Elektronische Ausgabe, Bodenburg / Niedersachsen, Verlag Edition AV
ISBN 978-3-86841-235-2
eBook 978-3-86841-245-1
Epub 978-3-86841-246-8
1. Elektronische Ausgabe
© 2020
by Verlag Edition AV, Bodenburg / Niedersachsen / edition-av.de
Alle Rechte vorbehalten!
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Satz und Gestaltung: Pierre Dietz / pierre-dietz.de
Lektorat: Martin Fenske
E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH
Hintergrundfoto Titelbild: Johannes Plenio
Produced in Germany
Für Isabelle, Jean und Ron
12. Juni 1996
Der Blick auf die Uhr zeigt kurz vor zwei am Morgen. Paris schläft trotz der ungewöhnlichen Hitze. Drückend warmer Wind bläst den Staub durch die breiten Uferstraßen. In der »Seine« spiegeln sich die Lichter des »Musée d’Orsay«. Über dem ehemaligen Bahnhof ragt die Spitze des Eiffelturms empor. Marcel Amidieu schwelgt in Kindheitserinnerungen. Bei der Eröffnung des Museums für französische Impressionisten vor sechs Jahren ist der damals Dreizehnjährige mit den Eltern zugegen gewesen. Das ist für den Gymnasialschüler lange her. Das Betrachten der Meisterwerke zwischen dem Beginn der Zweiten Republik und dem Ersten Weltkrieg hat in ihm den Wunsch geweckt, eines Tages ein reicher und berühmter Künstler zu sein.
In einer Plastiktüte warten die vereinbarten Utensilien auf die bevorstehende Aktion. Darunter ein fester Karton, in den das Motiv geschnittenen ist, eine große Spraydose mit rotem Autolack, ein winziges Notizbuch mit karierten Blättern, Einweg-Kugelschreiber und ein gefalteter Plan der Untergrundbahn. Der Junge wartet auf einen wenig älteren Künstlerfreund mit dem Pseudonym »ME«. Das Kürzel steht für »Messerschmitt«, eine Firma, die im Dritten Reich Jagdflieger und Bomber gebaut hat. Sein Freund sammelt bevorzugt Plastikmodelle dieses Flugzeugherstellers und bemalt die Bausätze möglichst originalgetreu.
Marcel und einige Schulfreunde spielen ebenfalls Krieg, mit kleinen Plastiksoldaten. Dank ihrer Freizeitbeschäftigung haben sich die Schüler intensiv mit der Geschichte des Zweiten Weltkriegs beschäftigt und über Bücher und Zeitschriften eine Menge über die Gräueltaten der Nazis erfahren. Der Holocaust ist immer wieder ein Thema, weshalb keiner von ihnen freiwillig den Part der Wehrmacht übernimmt. Alle ziehen die Rolle des gerechten Alliierten vor, der den Juden zu Hilfe kommt. Sein Fehler, vor den Kameraden geprahlt zu haben, sein Vater sei aus Deutschland. Um dem Sohn Fragen nach der Herkunft zu ersparen, hatte dieser bei der Hochzeit den Nachnamen der Frau angenommen. Trotzdem haben die Spielkameraden den Halbfranzosen gerne aufgefordert, den Part des »Rommel« im Kampf gegen »Montgomery« und »Patton« zu mimen. Für Franzosen aus Kreisen der Résistance ist der Halbdeutsche der Sohn des ehemaligen Feindes dem gewisse Mitschüler mit Argwohn begegnen. Zu seinem Glück ist Paris eine Weltstadt und genügend andere sind ihm freundlich gesonnen. Insbesondere die dunkelhaarigen Mädchen interessieren sich für ihn, den Blonden mit den azurblauen Augen.
»ME« und Marcel haben sich über ihre Leidenschaft für Miniaturen von militärischen Fahrzeugen auf dem »Salon du Jouet«, einer Modellbaumesse im Norden der Stadt, kennengelernt. Marcel ist an »MEs« Tisch stehen geblieben, um bei ihm mehr über die Airbrush-Maltechnik aufzuschnappen. Im Verlauf des Gesprächs wechselt die Problemstellung auf die aktuellen politischen Zustände im Bezug auf die Bildung der Jugend.
„Die wahren Verbrecher des Krieges verschweigen uns die Lehrer bewusst!“, sagt »ME« energisch. „Nur wenige haben eine Ahnung von der Existenz der Hintermänner der imperialen Staatsführung, die zu Zeiten Philippe Pétains Frankreich an den Rand des Untergangs getrieben haben!“
„Wer sind die Leute?“
„Geheimbünde, die mit Luzifer paktieren!“
„Der Beelzebub ist eine Märchenfigur.“
„Wenn der Meister der Finsternis nur ein Hirngespinst ist, hätte sich sein Andenken nicht über alle Epochen der Menschheit, in der Malerei, auf der Bühne und in Aufzeichnungen, so hartnäckig gehalten.“
„Dieses Wesen ist ein Synonym für die Mächte des Verderbens.“
„Der Antichrist ist die treibende Kraft, die uns zu absonderlichen Handlungen verleitet, die wir unter normalen Umständen niemals täten.“
„Was vermag ein Mensch wider einen Dämon auszurichten?“
„Alles, wenn du Mumm in den Knochen hast!“
„Den Mut, aber nicht die Mittel und erst gar nicht das nötige Wissen!“
„Bist du bereit, gegen die vom Teufel besessene Staatslenker aktiv vorzugehen und einen Beitrag zur politischen Kunst zu leisten?“
„Wenn das der Karriere als Künstler förderlich ist.“
„Fertige eine Schablone an, besorge Autolack-Spraydosen und lege dir einen Decknamen zu. Das Motiv sprühen wir an die Wände der Stadt und sorgen so für einiges an Aufsehen. Wir benötigen außerdem einen Stadtplan und ein Notizbuch. Vergiss die Stifte nicht!“
„Ist »33« für dich in Ordnung? Das ist meine Lieblingszahl.“
„Perfekt!“
„Wie heißt du?“
„Das verrate ich niemandem!“
Der Unbekannte mit dem südfranzösischen Akzent hat ein außergewöhnliches