Wie kommt es, dass wir die weisen alten Wege vergessen haben? Im Jahr 2005 präsentierte Dr. Nigel Spivey eine kurze Doku-Reihe der BBC mit dem Titel Death in Art (Der Tod in der Kunst). Darin zeigte er, wie die Todesangst seit der Zeit der Azteken bis zum heutigen Tag als Kontrollmittel benutzt wird. Er erklärte, wie Bilder vom Tod die Macht haben, Menschen an eine Überzeugung zu binden. Bilder von Feinden, die von den eigenen Anführern getötet wurden, wirken einerseits wie eine Bestätigung, da sie zeigen, dass man auf der Seite der Sieger ist. Doch unterschwellig enthalten sie eine düstere Botschaft: Tanze nicht aus der Reihe, sonst kann dir dasselbe auch passieren. Wenn die Todesangst geschürt wird, macht sie die Leute kämpferischer. Dann fühlen sie sich immer mehr durch Gruppen bedroht, die anders als ihre eigene sind. Das fördert gesellschaftliche Hierarchien und stärkt die Macht des Staats. Außerdem treibt es die Menschen in den Krieg.
Im krassen Gegensatz dazu ist die schamanische Sichtweise über den Tod die, dass er ein natürlicher Vorgang ist und kein Feind, den man fürchten muss. Er kommt, wenn er kommen soll - wenn die Seele weiß, dass die Zeit gekommen ist, weiterzugehen. Er wird nicht durch Alter, Krankheiten oder Unfälle „verursacht“. Sie sind nur Tore, die er nutzt.
Für naturverbundene Menschen ist der Tod nur Teil des ständig wechselnden Lebenszyklus. Zwar mag die Sonne am Ende des Tages sterben, aber am nächsten Morgen lebt sie wieder. Die Landschaft wirkt im Winter zwar wie abgestorben, doch im Frühling kehrt das Leben zurück. Diese alltäglichen Wunder enthalten wichtige Botschaften über die wahre Natur von Leben und Tod für uns.
Das Boot über den See
Eine meiner Regressions-Klientinnen erinnerte sich an ein Leben als Indianerin. Im hohen Alter wusste sie, dass ihre Zeit hinüberzugehen bald kommen würde. Sie bereitete sich in Ruhe darauf vor.
Als sie schließlich aus ihrem Körper schwebte, sah sie einen riesigen See. Ein Boot näherte sich, um sie abzuholen. Nach einem letzten Blick auf die Berge, die sie so liebte, stieg sie in das Boot.
Sie wusste, sie würde an einen sicheren und friedlichen Ort gebracht, an dem sie sich von ihrer körperlichen Reise erholen und darüber nachdenken könnte, was sie als Nächstes tun wollte.
Mission vollendet
Kass, die Weise des Waldvolks, sagte, sie sei bereit, dieses Leben zu verlassen, sobald sie ihre Mission vollendet habe. Zusammen mit ihren Schwestern bildete sie eine jüngere weise Frau als Anführerin des Stammes aus. Sie hatte das Gefühl, ihr Volk in guten Händen zurückzulassen.
Die Einführung der neuen weisen Frau fand in Form eines großen Festes statt:
Wir bildeten einen großen Kreis innerhalb der Steine. Wir führten die alten Rituale aus, um unsere Götter in den Kreis aus Steinen zu holen. Und sie kamen auch.
Danach sagten wir dem Stamm, es sei Zeit, eine neue weise Frau zu haben, eine junge, die eine neue Zeit mit sich bringen würde. Dann nahmen wir ihr die Kutte ab und führten sie nach vorne.
Es war eine große Überraschung für die Leute. Keiner hatte das Geheimnis verraten. Die junge Weise sah in ihren besonderen Gewändern wunderschön aus. Der ganze Stamm sah sie mit offenem Mund an.
Sie sprach mit starker, klarer Stimme zu ihnen. Sie sagte ihnen, dass sie in einer Vision gesehen habe, wie unser Volk durch eine Landschaft aus Schlamm, Wind und Dunkelheit gewandert sei. „Aber wir gehen in ein herrliches Sommerland. Es wird ein Ort voller Wunder sein. Unsere Götter und Geister werden uns hinführen. Heute Abend ist der Anfang unserer Reise in unser Sommerland.“
Anschließend sangen und tanzten alle. Meine Schwestern und ich sahen eine Zeitlang zu. Unsere Herzen waren mit Freude erfüllt. Dann verließen wir die anderen und gingen zurück. Unsere Arbeit war getan.
Damit war mein Leben vollendet. Ich konnte nun damit aufhören, die Schatten des Todes in Schach zu halten. Ich legte mich nieder und ließ sie in meinen Körper einströmen. Bald darauf wurde ich krank. Doch es war eine sanfte Krankheit. Ich hatte kaum Schmerzen. Meine Schwestern pflegten mich liebevoll. Während ich krank auf meinem Lager lag, legten die Leute viele Geschenke vor der Tür ab.
Langsam driftete ich weg. Stück für Stück nahmen die Geister des Waldes mich mit. Eines Tages ging ich ganz mit ihnen und kehrte nicht mehr zurück.
Die Abreise geübt
In Zacks Leben als afrikanischer Schamane wurde er mit den anderen Reichen vertraut - lange bevor seine Zeit gekommen war, dorthin zu gehen. Im Folgenden beschreibt er ein solches Erlebnis:
Ich strecke die Arme nach dem Geistwesen aus, das mir den besten Rat geben wird. Dann lasse ich mich an den Ort ziehen, an dem der Geist ist. Es fühlt sich so an, als würde man in rasender Geschwindigkeit durch einen Tunnel fliegen.
Er hat mich an einen sehr großen Platz gebracht. Ich erkenne den Ort. Hier habe ich mich schon mit weisen Anführern getroffen. Ich warte auf dem großen offenen runden Platz in der Mitte. Von hier aus führen viele Passagen weg.
Jetzt kommt jemand durch eine der Passagen. Es ist eine sehr große männliche Gestalt. Sie sieht aus, als würde sie weite blaue Gewänder tragen, aber in Wahrheit sind die Gewänder ihr eigenes Licht. Die Gestalt kommt zu mir und bleibt vor mir stehen. Ich muss nichts sagen; sie kann sehen, was ich wissen will.
Als für Zack die Zeit gekommen war, aus diesem Leben zu scheiden, fiel es ihm leicht - er ging einfach nur den Weg, den er schon immer gegangen war, um sich von den Geistführern Rat zu holen.
In jenem Leben fühlte ich mich zufrieden. Aber trotzdem freute ich mich, als es Zeit war, hinüberzugehen. Ich war schon ziemlich alt - älter als die meisten meines Stammes. Ich hatte mich schon eine Weile unwohl gefühlt. Daher entschied ich, dass dies ein guter Zeitpunkt sei, dieses Leben zu verlassen. Ich wollte nicht so alt und krank werden, dass andere mich lange pflegen müssten.
Ich zog mich in meine Hütte zurück und tauchte mehrere Tage lang immer wieder in den Traumzustand ein, in dem ich mit den Göttern und Geistern kommunizierte. Eines Tages ging ich durch den Tunnel, doch diesmal viel langsamer als sonst. Ich trieb eine Weile wie ein Blatt im Strom. Es fühlte sich herrlich an.
Nach einer Weile sah ich ein Licht und ging darauf zu. Als ich es erreicht hatte, sah ich die Vorfahren, die dort auf mich warteten. Da wusste ich, dass ich nicht mehr zurückkehren würde.
Sie brachten mich an ihren wundervollen Ort des Lernens. Dort blieb ich sehr lange und lernte noch viel mehr Dinge, bevor ich für ein weiteres irdisches Leben bereit war.
Eine neue Brücke
Unsere Kultur tut einiges, um unsere Erwartungen an den Tod zu formen. Charon brachte die Seelen der alten Griechen mit der Fähre über den Fluss Styx. Anubis brachte die alten Ägypter in die Unterwelt. Nach nordischer Tradition flogen die Alten nach Asgard - es sei denn, sie waren in der Schlacht gefallen; dann flogen die Walküren sie in die Hallen der Walhalla.
Solche Geschichten sind wie vertraute Verbindungswege zwischen dieser und der nächsten Welt; sie erleichtern es der Seele, die physische Welt zu verlassen. Manche Leute sagen, dass unsere heutige Kultur keine nützlichen symbolischen Brücken zum Jenseits mehr hat, aber das glaube ich nicht. Eine solide neue Brücke wird gerade von all den Menschen errichtet, die Nahtoderlebnisse hatten und über sie sprechen.
Viele von ihnen haben diese Erfahrungen bestätigt, indem sie Dinge, die sie gesehen und gehört haben, während sie über ihrem scheinbar toten Körper schwebten, korrekt wiedergegeben haben. Durch Massen-medien und die Macht des Internets haben sich solche Schilderungen auf der ganzen Welt verbreitet.
Sie alle beschreiben mehr oder weniger das Gleiche. Nachdem die Person ihren Körper verlassen