Ordo Templi Magica. Karin Bachmann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karin Bachmann
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Историческая литература
Год издания: 0
isbn: 9783957446107
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Kirche zu finden. Doch sicher nicht auf solch brutale Weise.

      Doch etwas Gutes hatte diese Aktion gehabt, er hatte einen enorm guten Orientierungssinn und hatte sich alles gut eingeprägt, er würde gleich morgen noch eine Skizze anfertigen. Er sah auf die Uhr und schüttelte den Kopf, morgen war schon längst heute, denn in zwei Stunden musste er schon wieder zum Unterricht. Also zog er sich an und ging erst einmal zur Polizei.

       Kapitel 4

      Zuerst musste er warten, bis ein Beamter Zeit für ihn hatte, denn es waren einige Betrunkene aufgegriffen worden, die handgreiflich geworden waren. Als er dann schließlich an der Reihe war, da merkte er schon, dass der Beamte damit überfordert war. Also musste er auf den Kommissar warten, dieser war aber gerade erst im Begriff aufzustehen. Geduld war sonst immer eine seiner Stärken gewesen, aber in dieser Angelegenheit nicht. Er tigerte den mit grauem Linoleum ausgelegten Gang im Polizeirevier auf und ab, noch wenige Minuten mehr, und er hätte einen Pfad getreten.

      Kommissar Bruckner war genauso, wie man sich einen Kommissar kurz vor dem Ruhestand vorstellte. Er trug dunkelblaue Stoffhosen und ein weißes Hemd, ein Trenchcoat, den er auch gleich auszog und an die spinnenförmige Garderobe hängte, vervollständigte das Bild. Er hätte auch nicht den Schönheitspreis gewonnen, denn sein Gesicht sah dem des Fernsehkommissars Derrick der gleichnamigen Serie recht ähnlich. Jedoch war er ein wenig füllig, was dem guten Essen seiner Frau zuzuschreiben war, und doch hatte er noch nichts von seinem Biss eingebüßt, sich in komplizierte Fälle ein zudenken und gelegentlich auch zu lösen.

      Kommissar Bruckner hörte sich die Geschichte Pauls in Ruhe an und zuckte dann bedauernd mit den Schultern. Er könne erst handeln, wenn eine Vermisstenanzeige vorläge, der oder die Vermisste mindestens einen Tag fehlte, und solange keine Verletzte oder gar Tote auftauche, solange wären ihm die Hände gebunden. Mit anderen Worten, er könne nicht viel tun. Er machte Paul allerdings den Vorschlag mit ihm zusammen zu Andreas Eltern zu gehen. Vielleicht könne man da etwas erreichen. Und in der Sache mit den Ritualen des Ordens, da könne er Paul auch nicht viel Hoffnung machen, denn inzwischen sei ja, laut Paul, alles wieder aufgeräumt und nichts deutete mehr darauf hin, dass irgendetwas Verbotenes stattgefunden hatte. Paul deutete an:

      „Ich werde keinesfalls aufgeben! Ich weiß, was ich gesehen habe! Ich werde versuchen, mich in den Orden einzuschleusen, wenn auch als letzten Ausweg.“

      Kommissar Bruckner schaute Paul über den Rand seiner Brille tief in die Augen:

      „Sie wissen, dass es kaum ein Entkommen aus so einer Sekte oder eines Ordens gibt, wenn Sie erst einmal dabei sind! Ist Ihnen das klar?“, fragte er eindringlich. Paul nickte bestätigend.

      „Ich kann es Ihnen nicht verbieten“, fügte der Kommissar noch an, „doch passen Sie auf sich auf!“

      Kommissar Bruckner erhob sich etwas schwerfällig aus seinem Bürostuhl und meinte: „Na, dann wollen wir mal!“ Paul schaute ihn fragend an. „Zu Andreas Eltern“, fügte er erklärend hinzu. Paul rief in der Universität an und ließ sich für einen halben Tag freistellen.

      Auf dem Weg zu Andreas Eltern fragte Paul den Kommissar, ob es Neuigkeiten von den vermissten Mädchen gäbe. Bedauernd schüttelte Kommissar Bruckner den Kopf.

      „Nein, wir haben nicht den geringsten Anhaltspunkt! Mehr darf ich darüber nicht sagen, und das was ich gesagt habe, war schon zu viel!“

      „Danke!“

      Paul und der Kommissar klingelten ununterbrochen, doch es wurde nicht geöffnet. Da rief der Kommissar mit lauter Stimme: „Polizei, öffnen Sie die Tür!“ Das schien gewirkt zu haben, denn kurz darauf stand Andreas Mutter im Türrahmen. Ihr Gesicht wirkte ängstlich und man sah, dass sie geweint hatte. Der Kommissar drückte kurzentschlossen die Tür auf und fragte schon beim Hineingehen: „Können wir mal kurz reinkommen?“ Sie gingen ins Wohnzimmer und da saß Andreas Vater vor dem Fernseher. Er hatte eine Flasche Bier in der Hand und auf dem Tisch standen einige weitere, leere Flaschen. Andreas Mutter verteidigte ihn und meinte:

      „Er trinkt sonst nie, wissen Sie, wegen seinem Glauben!“

      Das war natürlich ein Stichwort für Kommissar Bruckner.

      „Und warum trinkt er heute, ausnahmsweise?“

      „Ehm …, ihm geht es nicht gut!“

      „Wie geht es denn Andrea?“, schoss Paul dazwischen.

      Wieder zögerte Andreas Mutter sehr lange und brach dann schließlich in Tränen aus.

      „Wo ist sie?“, fragte Kommissar Bruckner. Sie zeigte nur mit dem Finger zur Treppe, die nach oben führte. Bruckner und Paul rannten fast gleichzeitig nach oben und da lag Andrea. Totenbleich, ihre Atmung war fast nicht mehr vorhanden. Kommissar Bruckner erfasste die Lage sofort und rief einen Krankenwagen. Andreas Mutter stand nun auch im Raum und weinte bitterlich.

      „Was haben Sie sich dabei gedacht, Ihre Tochter hier oben liegen zu lassen? Sie mussten doch gesehen haben, dass sie sehr krank ist und sofort in ein Krankenhaus gebracht werden muss!“, sagte der Kommissar.

      „Ich wollte schon längst einen Arzt holen, aber mein Mann hat es verboten! Wegen seinem Glauben, wissen Sie!“

      „Allmächtiger!“, stöhnte der Kommissar. Paul war inzwischen an Andreas Bett getreten und fühlte ihren Puls. Der Krankenwagen kam nach fünfzehn Minuten und Andrea bekam sofort Infusionen angehängt. Der Notarzt bestätigte den Verdacht von Paul und sagte: „Total unterernährt!“ Paul fügte leise hinzu: „Verhungert!“

      „Können Sie mir sagen, Frau Peters, wie es kommt, dass Andrea total unterernährt ist?“

      „Sie durfte doch nichts essen, sonst hätte die Dämonenaustreibung doch nicht gewirkt! Wissen Sie, sie war besessen!“

      Inzwischen wimmelte das Haus nur so von Polizei, Andreas Vater war schon abgeführt worden, er war nicht ansprechbar. In Andreas Zimmer verhörte Kommissar Bruckner noch immer Andreas Mutter. Er versuchte die ganze Wahrheit herauszufinden und dies würde am erfolgreichsten in Andreas Zimmer sein.

      „Wie kommen Sie darauf, dass Andrea besessen war? Welche Anhaltspunkte gab es da?“

      „Sie hat immer wieder von einem Mann gesprochen, dass sie von ihm träumt und mit ihm fortgehen will. Mein Mann hat ihr verboten von diesem Mann zu träumen, und wegzugehen, das ging schon mal gar nicht! Da hat Andrea hysterisch rumgeschrien, dass sie es bei uns nicht mehr aushält. Sie war besessen von diesem Teufel und davon mussten wir sie doch erlösen!“

      Paul wurde schlecht, vermutlich hatte sich Andrea nur verliebt und wollte diesem Elternhaus baldmöglichst entfliehen.

      „Wo ist denn dieser Mann zu finden? Wie heißt er?“, fragte der Kommissar weiter.

      „Das weiß ich nicht, ich dachte, den Mann gäbe es nur in ihrer Fantasie!“

      Paul dachte, dass das ja noch schlimmer war, ein gesundes Mädchen fast umzubringen, weil sie Fantasie hatte! Er war fassungslos!

      „Wie sind Sie denn auf die Idee gekommen, dass Andrea vom Teufel träumt?“

      „Sie war besessen von ihm, er hat ihr ganzes Denken in Besitz genommen, das kann nur ein Dämon sein!“

      Der Kommissar musste sich räuspern und so fragte Paul:

      „Wie sind Sie denn an Hilfe gekommen, um den Dämon auszutreiben?“

      „Nun, der Bruder meines Mannes ist in so einem Orden und der hat uns zu einer Teufelsaustreibung geraten. Er hat dann auch alles in die Hand genommen, wir mussten Andrea nur abliefern und wieder abholen! Und inzwischen ist sie auch geheilt, sagt der Bruder meines Mannes!“

      Keine Stunde später saßen die Eltern von Andrea in Untersuchungshaft, und Andrea kämpfte um ihr Leben.

      Paul hätte gerne mehr über diesen angeblichen Orden erfahren, aber dazu kam es nicht mehr, denn der Kommissar hatte genug gehört.

      Am