„Stimmt“, sagt er.
„Außerdem ist die Quatrelle nicht so reparaturanfällig und günstiger im Unterhalt. Und sie schwankt nicht wie ein Schiff auf offener See.“
„Stimmt“, sagt er.
„Gut, dann ist die Sache doch klar. Der R4 ist das bessere Auto!“
„Non, jamais!“
Dem Mann ist nicht zu helfen. Wir lenken das Gespräch in eine andere Richtung und fragen, warum das Schloss auf der Straßenseite gegenüber leer steht. Immerhin sei es doch ein „Monument historique“ und infolgedessen von beachtlichem Wert. Noch dazu sehe es hübsch aus und sei von einem ansprechenden Park umgeben. Der Enten-Fan rät uns, zur Gemeindeverwaltung zu gehen. „Es steht zum Verkauf. Kaufen Sie es doch“, sagt er und grinst mit Bierschaumschnäuzer.
„Danke, Monsieur. Das würden wir unbedingt tun wollen, aber die Quatrelle war teuer. Fürs Château wird das Geld wohl nicht mehr reichen.“
Nun ist er doch sprachlos. Wir trinken aus und fahren fort an diesem Maiglöckchentag, der in Tonnerre enden wird; Tonnerre, die Stadt der magischen Quelle.
Die Schlange in der Tiefe
Die reizende Stadt Tonnerre, am Flüsschen Armançon gelegen und nicht weit vom Canal de Bourgogne entfernt, hat ungefähr 4500 Einwohner. Glaubt man der Sage, wohnt eine Schlange in der geheimnisvollen Quelle Fosse Dionne, die unterhalb der Kirche Saint-Pierre ihre Wasser unaufhörlich in einen eindrucksvollen Waschplatz aus dem 18. Jahrhundert speit. Wissenschaftler, Taucher, Gelehrte – keiner ist dem geradezu unheiligen Quell so richtig auf die Schliche, geschweige denn auf den Grund gekommen. La Fosse Dionne ist nicht das einzige Wahrzeichen dieses quirligen Ortes im Département Yonne, aber auf jeden Fall das sprudelndste. (Info: france-voyage.com)
(Be)rauschend: die Quelle La Fosse Dionne in Tonnerre
Es sind die Dachziegel aus eisenhaltigem Ton und der weiße Stein aus Tonnerre, der die müden Sonnenstrahlen zur Dämmerung aufsaugt und sie auf eigenartige Weise reflektiert, die Tonnerre an wolkenlosen Tagen so unglaublich rosa erscheinen lässt. Tonnerre ist das, was Reisende lieben, wenn sie es entdecken. Denn da ist eine Quelle, eine ewig rauschende, und die Quatrelle hat ihren Weg zu dieser Quelle gefunden. „La Fosse Dionne“ ist ein Mysterium. Niemand weiß, wo ihr Ursprung ist, und manch Suchender hat sein Leben dafür gegeben. Legenden ranken sich um das rätselhafte Becken, unter anderem ist von der Schlange Basilic die Rede, die in diesen Wassern wohnen soll. Die Schlange dürfte beim Tauchgang das geringste Problem sein, eher ist es die Tiefe: zunächst 28 Meter, dann 360 Meter in den Berg hinein, und weitere 68 Meter hinabfallend. Ein Labyrinth der Unterwelt. Wir warten einen Moment lang, aber die Schlange zeigt sich nicht. Vielleicht ist sie zu Besuch bei Mutter Nessie in Schottlands Highlands. Etwas enttäuscht sind wir schon.
Eine Galerie fürs innere Auge
Als bezauberndes Beispiel der französischen Renaissance gilt das von einem Wassergraben und weitläufigen Park umgebene Château de Tanlay. Mitte des 16. Jahrhunderts war es erbaut worden. Große Augen machen Besucher in einem Eckturm mit Deckengemälde der Schule von Fontainebleau, das berühmte Persönlichkeiten aus jener Zeit als Gottheiten darstellt. Noch erstaunlicher ist allerdings die Grande Galerie, weil hier die Trompe-l’œil-Malerei meisterhaft umgesetzt worden ist. Wände und Decke sind illusionistisch perfekt inszeniert. Dreidimensionalität wird vorgetäuscht, wo es sie gar nicht gibt. Was ist wahr, was nicht? Die Grande Galerie wirkt wie eine Parallelwelt. Sehr beeindruckend. Und zwar echt! (Info: chateaudetanlay.fr)
Sich in der „Ferme de la Fosse Dionne“ ein Zimmer zu nehmen und abends an den rauschenden Wassern vor dem Panorama des silbernen Quells aus der Tiefe ein Glas Wein zu trinken, ist eine gute Sache. „Diese Quelle ist Magie. Viele Touristen haben sie schon bewundert. Weil der Pilgerweg nach Santiago de Compostela direkt hier vorbeiführt, sind zudem viele Gläubige hier“, verrät Bernard Clément, der gemeinsam mit Gilles Barjou das „Gîtes“ führt, Jazzmusik zum Frühstück auflegt und selbst gemachte Marmeladen zu Baguette und Croissant bereitstellt. Abends fällt das Licht im Sekundentakt vom Himmel, die Église Saint-Pierre thront über der Ferme und dem Städtchen, und der Maître der Crêperie „Les Vieux Volets“ an der Rue de l’Hôtel de Ville gibt nach dem Essen einen Sprachkursus in Japanisch, Französisch, Englisch und Deutsch. „Ich weiß auch nicht, warum die Menschen nach Tonnerre kommen“, sagt Patrick Gallot und meint das ohne Zweifel augenzwinkernd. Wenn’s nicht die Quelle wäre, nicht die Église, nicht die schöne Landschaft drumherum mit dem faszinierenden Château de Tanlay und dem Canal de Bourgogne, an dessen Ufern liebliche Schleusenhäuschen stehen, wie man sie sich als Kind für seine Modelleisenbahnlandschaft gewünscht hätte, dann kommen sie vermutlich, weil Patrick köstliche Galettes und Crêpes kreiert, die mit Salzbutter zubereitet und mit Käse, Schinken und Ei gekrönt werden, während der Cidre aus Tassen ohne Henkel getrunken wird. Die vier Katzen des Gasthauses schmeicheln sich durch einen Wald aus Beinen von Tischen, Stühlen, Menschen, um danach hinter dem Tresen in der Küche zu entschwinden. Der Abend nimmt sich seinen Raum. Patrick macht die Rechnung fertig, wünscht eine Gute Nacht und schließt die Tür.
Schmale Gasse – der R4 kommt durch.
Die Wasser der Fosse Dionne rauschen, säuseln, flüstern, sie raspeln Süßholz, so kommt es den Gästen in der Ferme de la Fosse Dionne vor, die an diesem Tag einen letzten Blick auf das italienisch anmutende Panorama an der schmalen Rue de la Fosse Dionne werfen, die hufeisenförmig um die Quelle herumführt und an der die Fassaden der Häuser zartrosa, hellorange und zitronengelb leuchten. Abends nimmt das goldorangefarbene Licht der Laternen dort Platz, und die Wasser sprudeln unaufhörlich. Am Morgen sind Quelle und Quatrelle noch immer ein Brunnen der Inspiration. Es ist Zeit, den Ölstand zu prüfen und den Deckel der Kraftstoffpumpe abzuschrauben, um nachzusehen, ob das Filtersieb verschmutzt ist. Es wäre noch viel wichtiger gewesen, an der Tankstelle nicht den Tankverschlussdeckel liegengelassen zu haben. Retour über acht Kilometer. Es gibt Dinge, an die gewöhnt man sich bei Oldtimern nur sehr langsam. Immerhin aber: Er liegt noch dort, an der Zapfsäule. Selbst ein Enten-Fahrer hätte damit nicht viel anfangen können. Und wo wir schon beim Thema sind: Der nette Guide vom nahe gelegenen Château de Tanlay, einem Wasserschloss mit 44 Hektar großem Park unweit des Canal de Bourgogne, sagt: „J’adore votre voiture.“ Er geht an uns vorbei in den wohlverdienten Feierabend und winkt freundlich. Er betet es also förmlich an, nun sind wir schon zu dritt.
Von einer „deux-chevaux“ hat er nichts gesagt.
Neben der Spur … ein Schloss des kleinen Haushalts.
Wir tanken 16,5 Liter, randvoll und hoch die Tassen, alors allerseits, wir fahr’n in Saus und Braus! Das wäre keine Sensationsmeldung, wenn nicht der Durchschnittsverbrauch unseres Roadrunners bei 5,7 Litern pro einhundert Kilometer läge. Er gibt sich erstaunlich bescheiden, aber er hat ja auch die schmalen 135er-Schlappen drauf und nicht die fetten 145er ... Manchmal bewegt sich die Nadel der Tankinhaltsanzeige über Dutzende Kilometer keinen Millimeter, sie zittert höchstens ein bisschen auf der Stelle, fällt aber nicht nach links ab. Ist doch verrückt, oder? Noch mal in Lettern schwarz auf weiß: fünfkommasieben. Ein Allerweltsbenziner von heute, ausgestattet mit modernster Start-Stopp-Technik, Bremsenergierückgewinnung, Brimborium und Tinnef, schafft das meistens nicht, ohne dass man ihn über eine Teilstrecke schöbe. Und für hypermoderne Hybriden und E-Autos müssen Batterien gebaut werden, die aufgrund der katastrophalen Folgen durch den Lithiumabbau schlimmer sind als jeder blaugraue Nebel, der unter dem Stoßfänger hinten links aus dünnem Röhrchen als Abenteuerparfum entschwebt und „Amour“ in die Luft kritzelt. Die Reise führt uns weiter durch die Nordbourgogne. Die D-Straßen werden nicht müde, uns ihr Geleit zu geben. Die D996 schickt uns in der Region Côte