Ich kann das selbst nur bestätigen. Gerade meine junge Generation ist immer weniger an etwas „Ernsthaftem“ interessiert. Schnelle Flirts und kurze Bekanntschaften werden immer häufiger vorgezogen. Auch wenn viele meiner Bekannten von sich sagen würden, dass ihnen Treue persönlich sehr wichtig ist, so halten deren Beziehungen nie besonders lange. Nun kann man natürlich sagen, dass die jungen Menschen sich ruhig ausprobieren sollen und niemand mit 19 die Liebe fürs Leben findet, aber diese Phase der Bindungsunfähigkeit scheint sich bis Anfang 30 hinzuziehen. Mag sein, dass dies nur meine selektive Wahrnehmung in meinem persönlichen Umfeld ist, doch suchen sich viele auch bewusst Partner aus, mit welchen die Beziehung vorsätzlich auf ein kurzes, aber intensives Abenteuer angelegt ist.
Lange habe ich die Einstellung „leben und leben lassen“ auch in diesem Bereich vertreten, mittlerweile muss ich allerdings zugeben, dass ich diesen Zeitgeist abstoßend finde. Viele junge Männer verhalten sich wie die letzten Asozialen, weil sie damit jungen Frauen imponieren wollen. Viele junge Frauen wiederum präsentieren sich bewusst aufreizender, als sie es von ihrem Wesen her eigentlich tun würden, um eben diesen Männern zu imponieren. Alle spielen sich gegenseitig etwas vor, um irgendwen zu beeindrucken. Dann ist man drei Monate in einer Beziehung und anschließend wiederholt sich das Spiel mit anderen Partnern.
Das ist natürlich kein allgemeingültiges Urteil, sondern meine persönliche Beobachtung in meinem Umfeld. Zu dieser passt aber auch ganz gut der Fakt, dass die Ehe laut Statistischem Bundesamt an Bedeutung verliert.38 Von vielen Menschen in meinem Alter habe ich auch schon die Aussage gehört, dass die Ehe veraltet und unnötig geworden sei. Ohne sei man „flexibler“. Die Bindungsunfähigkeit, die in solchen Sätzen mitschwingt, ist wohl kaum zu überhören.
Politik, Medien und Bildungseinrichtungen haben mit ihrem subtilen Kriegszug gegen das klassische Familienbild jedenfalls vollsten Erfolg gehabt. In Zeiten der neuen Rollenbilder, der Tabubrüche und der alternativen Lebensmodelle haben wir Beständigkeit und gesellschaftlichen Zusammenhalt eingebüßt. Das ist ein familienpolitischer Kahlschlag.
Da darf es keinen wundern, dass wir erst massenhaft Migration gebraucht haben, damit die Geburtenrate in Deutschland wieder steigt.39 Für werktätige junge Menschen wird es finanziell immer schwerer, eine Familie zu gründen. Durch die neuen gesellschaftlichen Rollenbilder empfinden es auch deutlich weniger Frauen als attraktiv, in jungen Jahren Kinder zu bekommen. Eine Lösung könnten bessere staatliche Betreuungsmöglichkeiten sein. Jedoch darf man zumindest familienpolitisch auch die Frage stellen, ob es eine gute Idee ist, laufend über veraltete Rollenbilder zu schimpfen, wenn man keine funktionierenden neuen parat hat.
Ich als junger Mensch würde mir wünschen, dass man endlich aufhört, alles zu verteufeln, was sich nach alten Werten und Normen richtet. Alle konservativen Ansätze abzuwerten und stattdessen politischen Nonsens wie Gendersprache zu verherrlichen, erschafft einen Zeitgeist, der dieses Land zumindest in meinen Augen in eine sehr negative Richtung bewegt. Warum sollen die Lebensmodelle der Generationen vor uns denn zwanghaft schlecht gewesen sein? Warum soll heute ein Mann möglichst wenig Mann und eine Frau möglichst wenig Frau sein?
Die Frage muss doch sein: Befreien wir so wirklich Menschen von Zwängen und Rollenbildern, oder schicken wir sie ohne Halt in die Orientierungslosigkeit? Ich fühle mich nicht schlecht, nur, weil ich Werte wie Beständigkeit, Zusammenhalt und Treue wichtiger einschätze als die Feminismus- und Gender-Ideologie. Und ich habe oft genug auch Menschen kennengelernt, die das genauso sehen. Fortschritt nur um des Fortschritts willen hilft absolut niemandem, Bewährtes bewahren muss immer eine Möglichkeit sein. Und das traditionelle Familienbild wieder zu stärken und zu respektieren, wäre nicht nur gut für unsere Familienpolitik und unser Land, sondern auch für das Lebensglück vieler Menschen. Zu diesen zähle ich mich eindeutig dazu.
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