Der »unerklärliche« Börsencrash 1929
Nachdem das elektrische System weitgehend implementiert, aber das Auto noch nicht stark genug ist, wird nicht ausreichend in die Realwirtschaft investiert, die Zinsen erreichen Tiefststände. Wie schon im Spekulationsfieber Anfang der 1870er fließt das Anlagekapital an die Börse in virtuelle Werte. Die rasant steigenden Kurse reizen immer mehr Privatleute, Aktien zu erwerben – zunehmend auch auf Kredit. Schon im Sommer 1928 ziehen amerikanische Banken und Investoren Kapital aus Europa ab, um damit die Hausse an der New York Wall Street zu finanzieren. Ein Jahr später spürt Europa bereits an der stockenden Konjunktur, wie ihm das amerikanische Geld fehlt. Auch die US-Wirtschaft schrumpft schon vor dem Crash. Während Deutschland, England und Italien in die Depression rutschen, sinkt auch die amerikanische Autoproduktion von 622.000 Stück im März 1929 auf 416.000 im September (und wird nach dem Crash auf nur noch 92.000 Autos im Monat Dezember abstürzen).
Obwohl die Wirtschaft schon schwächelt, haussiert die Börse weiter. Die amerikanische Notenbank ist in einer schwierigen Situation: Soll sie die Zinsen senken, um Investitionen rentabler zu machen und so die amerikanische Realwirtschaft wieder anzukurbeln (was aber auch wieder mehr Geld für Luftbuchungen an der Börse frei macht), oder soll sie die Zinsen erhöhen, damit die Kurse eben nicht mehr weiter so völlig unrealistisch steigen (und die Wirtschaft abwürgen, weil das Investitionen verteuert)? In vier Schritten hebt sie bis August 1929 die Zinsen von 3,5 auf 6 Prozent an, ohne dass die Kursrallye endet – dafür wird die Wirtschaft weiter ausgebremst.
Anfang September 1929 endet die Hausse. Allmählich beginnen die Kurse zu fallen, aber noch denken die Anleger (und da können sich die Anleger des Jahres 2000 gut hineinfühlen), das sei eben wieder nur eine Atempause, bevor es weiter aufwärts geht. Am 15. Oktober 1929 prognostiziert Irving Fisher, Professor an der Yale-Universität: »Die Kurse haben ein dauerhaft hohes Niveau erreicht. Ich erwarte, dass die Kurse in wenigen Monaten ein gutes Stück höher als heute stehen werden.« Am 24. Oktober stützt ein Bankenkonsortium die wichtigsten Kurse ab, doch die Verkauforders häufen sich. Panik erfasst die Aktionäre. Ihre Informationen sind oft schon einen Tag alt oder älter, wenn sie diese erhalten; die geringeren Kommunikationsmöglichkeiten sind ein Grund, warum die Börse nach dem dritten Kondratieff viel heftiger abstürzt als jetzt nach dem fünften Kondratieff (→ Börsen-Kapitel, S. 346).
Noch ein Grund für den schnellen Absturz: Damals müssen Investoren nur zehn Prozent des Aktienkaufs bar bezahlen, den Rest können sie leihen. Wer Aktien auf Kredit gekauft hat, für den verkauft die Bank die Papiere auch ohne seine Zustimmung, sobald der Kurswert gerade noch den Kreditanteil deckt – das beschleunigt den Abfahrtsslalom. (Heute darf nur die Hälfte des Betrages kreditfinanziert sein, mit dem jemand in den USA Aktien kauft – auch deswegen verteilt sich die Korrektur der Preisblase auf mehrere Jahre.) Am 28. und 29. Oktober 1929 verliert der Dow Jones-Aktienindex 40 Prozent. Anleger stürzen sich von Wolkenkratzern in den Tod. Es wird bis 1954 dauern, bis er wieder das Niveau von 1929 erreicht hat. (Glauben Sie es also Ihrem Finanzberater nicht blind, wenn der Ihnen erzählt, Aktien wären immer die bessere Anlage.)
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