Und so begann meine vorsichtige Kommunikation mit Verstorbenen. Wir stellten Fragen und bekamen Antworten, ich nahm ihre Gefühlsqualitäten und Bedürfnisse wahr und hörte ihre Botschaften.
Für mich begann ein unglaublich spannender Prozess und meine Praxis wurde zunehmend eine Therapiepraxis für Lebende und Verstorbene.
Zunehmend machten sich auch Seelen bemerkbar, die gar nicht unbedingt etwas mit meinen Klienten zu tun hatten, sondern sie kamen sozusagen für sich selbst. Sie wollten oder brauchten etwas für sich und nahmen den Weg über die Klienten, um meine medialen Fähigkeiten in Anspruch nehmen zu können für ihre eigene Heilung. Trickreich finde ich das und manchmal sage ich ihnen auch lachend, dass jetzt jemand anders dafür bezahlt, dass ihnen geholfen wird.
Von vielen Kontakten mit Verstorbenen habe ich sofort hinterher Gedächtnisprotokolle angelegt. Eine Reihe davon möchte ich – nach bestimmten Themen geordnet – in diesem Buch vorlegen.
Wie man sich vorstellen kann, haben die Erlebnisse und Begegnungen natürlich vielerlei Gedanken in mir angeregt. Ich entwickle daraus keine Aussagen oder Theorien über das Leben nach dem Tod. Aber ich erlaube mir, Linien oder Muster aufzuzeigen, die ich sehe, oder persönliche Schlüsse zu ziehen, die ich in kleinen Exkursen zwischen den Berichten einstreue.
Zwillinge und ungeborene oder gestorbene Geschwister
Zwillinge sind etwas Besonderes. Sie haben eine eigene Identität, sind aber einem anderen Menschen so nah wie sonst niemand. Sie teilen ihre Zeit im Mutterleib und sind während dieser Zeit nie alleine. Viele hängen auch in ihrem Leben weiter aneinander und oft ist der Zwilling dem eigenen Herzen sogar näher als die große Liebe.
Seit einiger Zeit wird nicht nur das Phänomen der lebenden Zwillinge erforscht, sondern auch der Zwillinge, von denen nur einer im Mutterleib überlebt. Inzwischen weiß man, dass etwa jede zehnte Schwangerschaft als Zwilling angelegt ist, es sich aber in den ersten Wochen entscheidet, ob beide oder nur einer leben wird. Die Ärzte können bei der Geburt verhärtete Stellen im Mutterkuchen feststellen, von denen man weiß, dass es ein Hinweis auf einen Zwilling ist. Manchmal wird sogar das Gewebe des gestorbenen Zwillings von dem lebenden umwachsen, so dass es in dessen Körper nachgewiesen werden kann. In diesem Fall beeinflusst der nicht lebensfähige Zwilling das Leben des anderen nicht nur psychisch, sondern ganz konkret.
Eine Bekannte von mir wurde trotz etlicher Bemühungen nicht schwanger. Endlich sagten die Ärzte, man müsse sich das direkt anschauen. Sie fanden am Eierstock einen Gewebeklumpen, der aus Haut- und Haarzellen bestand. Es war eindeutig Gewebe ihres Zwillings. Und er signalisierte ihrem Körper ständig, dass sie doch schwanger sei.
Ein aufregendes Büchlein „Das Drama im Mutterleib“ von Alfred und Bettina Austermann beschreibt Therapieprozesse, in denen deutlich wird, was sich zwischen den Zwillingen und vor allem in der Psyche des (über)lebenden Kindes abspielen kann.
Mutterleibzwillinge
Wir haben Ihren Zwilling herausoperiert
Ein älterer Herr, den ich über lange Zeit, auch im Alterungs- und Sterbeprozess begleiten durfte, erinnerte sich eines Tages an eine Begebenheit, als er 25 Jahre alt war. Er erzählte, dass er damals Schmerzen in der Nähe des Steißbeins bekam und dass die Haut zu nässen begann. Er musste zum Arzt und wurde operiert. Nach der Operation sagte der Arzt freudestrahlend zu ihm: „Ich gratuliere Ihnen, wir haben Ihnen gerade Ihren Zwilling herausoperiert.“
Er fand das ganze Geschehen damals sehr merkwürdig und vergaß es mit der Zeit wieder.
Nun, mit über 70 Jahren, traten an derselben Stelle heftige Verspannungen und Schmerzen auf und es hatte sich bereits eine Erkrankung der Nerven und Muskeln entwickelt, die sich von der Leistengegend in die Beine ausbreitete und ihn zunehmend am Gehen hinderte.
Allmählich begriff er einen Zusammenhang zwischen dem Zwilling und seiner Erkrankung. Im Grunde hatte er schon immer einen unerklärlichen Verlust gespürt und so dachte er viel nach. Das Gefühl verstärkte sich, eine Schwester zu haben (er empfand den Zwilling als weiblich), und er trauerte tief, weil sie nicht am Leben war.
Einiges in seiner Lebensgeschichte bekam einen tieferen Sinn: Er hatte eine wesentlich ältere Schwester, die er über alles liebte und die ihn teilweise aufzog. Sie starb nach dem Krieg mit 19 Jahren an Tuberkulose. Er war untröstlich und hat diesen Verlust sein Leben lang nicht verwunden.
Ebenso sehr war er, der erfolgreiche Geschäftsmann, an seine Frau gebunden. Wenn er nach Hause kam und sie nicht da war, wurde er unruhig, und wenn sie ein paar Tage zu ihrer Schwester fuhr, konnte er das Alleinsein zu Hause kaum aushalten. Dann befiel ihn eine große Verlassenheit und eine unerklärliche Angst. Außerdem hatte er bei kleineren Krankheitssymptomen öfter große Angst, an Krebs zu erkranken und zu sterben.
Er verstand, dass er eine Zeitlang mit einer Zwillingsschwester im Mutterbauch gelebt und sie sogar sozusagen in sich hineingenommen und so unwissentlich immer mit ihr gelebt hatte. Und er trug auch ihr frühes Sterben in sich. In seiner Psyche prägten sich die typischen Symptome von Verlassenheitsängsten, Einsamkeitsgefühlen und Todesangst eines Zwillings aus.
Er führte Zwiegespräche mit ihr und nahm sie in sein Leben auf. Irgendwann bestellte er sich einen Anhänger mit dem Sternbild Zwilling. Er wollte sie immer bei sich haben. Und dann meinte er, es sei jetzt Zeit für eine Begegnung und einen Abschied.
Ich bat also ihre Seele in den Raum und sah, wie sie rechts über ihm schwebte.
Ich erzählte ihm, was ich „sah“ und was sie „sagte“. Sie freute sich, dass sie endlich wahrgenommen wurde und dass sie im Kontakt zu den Menschen und zu ihrem Bruder einmal da sein durfte. Wir würdigten ihr kurzes irdisches Leben und verneigten uns vor ihr. Die Atmosphäre war schön und friedlich, aber Herr K. fiel noch einmal in einen tiefen Schmerz. Nach einer Weile konnte er sie verabschieden und gehen lassen.
Ich selbst sah bunte Lichter, flatternd wie Schmetterlinge, und spürte die große Freude dieser befriedeten und befreiten Seele.
Er trug den Anhänger immer um den Hals und er starb ein Jahr später ohne allzu großen Leidensweg.
Ich wollte leben und gönne dir dein Leben nicht!
Ein anderer Klient ist ein Mann mittleren Alters, schmal und verhärmt. Er ist in seinem Leben und in seinen Beziehungen nie recht angekommen.
Er bezeichnet sich als schwul, lebt jetzt aber in einer Beziehung mit einer Frau und sehnt sich nach einer Familie. Seine Arbeit ist etwas völlig anderes als das, was er einmal studiert hat, und er möchte jetzt auch noch einmal einen ganz anderen beruflichen Weg einschlagen, ohne recht zu wissen, was und wie. Er weiß nicht, wer er ist, wo sein Platz ist, aber auch nicht, wo sein Herz schlägt.
Sein Lebensanfang war schon sehr schwierig: Die Nabelschnur war um seinen Hals gewickelt und er wurde mit der Zange geholt.
Meine Informationen aus höheren Ebenen sagten deutlich, dass er immer noch am Leben gehindert wurde.
Er erzählte, dass seine Mutter vor ihm eine Fehlgeburt hatte. Ich forschte weiter und bekam gesagt, dass er der Überlebende eines