Als die Dorfstraßen noch gekehrt wurden
Auch in den Nachkriegsjahren waren die Dorfstraßen vielfach noch nicht geteert. Den ganzen Tag über waren Fuhrwerke unterwegs, so dass die Wege immer wieder verschmutzt wurden. Da gab es Ortspolizeibeschlüsse über die „Straßenreinlichkeit“, an die sich jeder halten musste.
So war es strikt verboten, Küchenabfälle, übelriechende oder ekelerregende Stoffe und Flüssigkeiten wie Pfuhl, Spül- und Waschwasser auf Straßen, Wege und Plätzen oder in die Straßenrinnen abzuleiten, auszuschütten oder auszugießen. Es war auch verboten, auf den Straßen und Plätzen Drachen steigen zu lassen, Schlittschuhe zu laufen, Spiele zu machen, Schneebälle zu werfe n und mit Holzschlitten zu fahren. An das letzte Verbot hielten wir Kinder uns nicht. Hin und wieder aber kam der „Schitz“ und jagte uns fort.
Und weiter hieß es: „Es ist verboten, Unrat irgendwelcher Art, insbesondere Kehricht, Haus- und Küchenabfälle, Rasierschaum, Glasscherben, Gemüse- und Papierabfälle auf Straßen, Wege oder öffentliche Plätze zu werfen.“
Ganz wichtig für die Hauseigentümer waren die sogenannten „Kehrtage“. So war jeder Hof- und Grundstücksbesitzer verpflichtet, die Straße entlang seines Besitzes jeden Samstag und außerdem am Vorabend jedes Feiertages gehörig zu reinigen und zu säubern. Auch hier machte der Feldschütz am Samstagabend seine Kontrollen. Bei außergewöhnlichen Verunreinigungen der Straßen, Gassen und Plätze, wie durch Auf- und Abladen von Holz, Torf, Kohlen, Dünger, Heu und Stroh hatte die Straßenreinigung auch an anderen Tagen als an den Kehrtagen stattzufinden.
Bei trockener Witterung musste die Straße zur Vermeidung von Staub jedesmal vor dem Kehren mit reinem Wasser begossen werden, Kehricht und Kot mussten sofort entfernt werden. Auch mussten die Straßenrinnen vor den Häusern zur Sommerzeit an den Kehrtagen mit frischem Wasser ausgespült werden.
Das Waschen, insbesondere der Putz- und Scheuerlappen, der Kartoffeln und Futterartikeln, sowie das Reinigen der Kübel an den Gemeindebrunnen war untersagt. So war es auch verboten, Unrat, Eis oder Schnee dem Nachbarn zuzukehren. Kehricht, Asche und Abfälle durften nicht in die Bäche und Dohlen gebracht werden. Jede Verunreinigung der Straßen, Wege, Plätze, Anlagen und Häuserwinkel durch Verrichtung der Notdurft war untersagt, ebenso das Anlegen von Dunghaufen außerhalb der Höfe.
„Wo ein Schaf hingeht, da gehen sie alle hin“ - Vom Schafhirt im Bauerndorf
Rindvieh, Schafe, Schweine und Gänse, jede Gattung für sich, wurden von Hirten, die in dem Gemeindehirtenhaus wohnten, gehütet. Der Schafhirt, auch Schäfer genannt, hatte seine Weide auf allen begrasten Flächen mit Ausnahme des Dorfangers, wo die Kirmes war.
Von April bis November weidete der Schäfer. Die Stoppelweide nach der Ernte wurde der Reihe nach beweidet, zuerst durch den Kuhhirten. Dann kamen der Schweinehirt und der Gänsehirt, und als letztes kam dem Schafhirten vor Winteranfang der in den Stoppeln vorhandene Graswuchs noch zugute.
Der Schäfer zog mit den Schafen im Frühjahr so zeitig wie möglich hinaus. Dem Schäfer wurde nämlich das Futter knapp. Beim Hinaustreiben am frühen Morgen gab der Schäfer durch Pfeifen mit den Fingern ein besonderes Signal. Die Tiere wurden dann vom Hofe getrieben. Abends vor der Dunkelheit kam er mit der Schar wieder heim. Vor jedem Bauernhof hielt er an und teilte die entsprechenden Schafe wieder zu. Bei diesem Auseinandermarschieren gab es immer einen Höllenlärm. Das Geplärr der Mutterschafe nach ihren Lämmern, das Gebell des Hirtenhundes und das Fluchen des Schäfers mit den grässlichsten Ausdrücken kehrten jeden Abend wieder.
Das Schaf ist von allen Tieren wohl das „dümmste“ Geschöpf. So eilen doch das Pferd, die Kühe, die Schweine und die Ziegen beim Heraustreiben jedes nach seinem Gehöft und Stall. Selbst die „dumme“ Gans weiß ihr Heim zu finden. Dagegen sind die Schafe fast nicht von der Stelle zu bewegen. Will man sie aus dem Stalle haben, muss man eines ergreifen und wegschleppen. Erst dann folgen alle anderen eiligst nach. Daher das Sprichwort: „Wo ein Schaf hingeht, gehen sie alle hin.“
So ab Anfang Mai blieben die Schafe samt ihren Lämmern draußen. Es wurden dann Hürden aufgestellt und eine fahrbare Schäferhütte. Für die Nacht kroch der Schäfer im Krebsgang in die Hütte. Nachts um zwölf Uhr hatte der Schäfer die Hürden weiter zu schlagen. Dabei beanspruchte er die Hilfe des Hirtenhundes, der die Schafe beieinander hielt, bis sie in die neue Fläche eingetrieben wurden. Man nannte dieses den Morgenstall. Bei Tagesanbruch kam dann der Schäfer mit seinem Hunde nach Haus. Morgens gegen zehn Uhr zog der Schäfer wieder aus den Hürden zur Weide, nachdem er die Hürden für den nächsten Abend geschlagen hatte.
Bauerntracht – Selbstgemacht
Wir kennen wunderschöne Bauerntrachten, die auf dem Lande teilweise auch heute noch als Sonntagsstaat getragen werden; früher wurden sie von Hand zusammengefädelt.
„Die schönste Bauerntracht
ist selbstgesponnen, selbstgemacht.“
Und damit haben wir einen weiteren Beruf der Bäuerin: Sie war auch Näherin und Schneiderin. In der Spinnstube sorgte sie mit den Dorfmädchen für Garn und Wolle, die dann auf dem Webstuhl zu Tuch verarbeitet wurde. Der schönste Stoff aber musste immer für die Tracht herhalten.
Wer sich beim Nähen ungeschickt anstellte, weit ausholend mit zu langem Faden abmühte, dem hielt man die alte Bauernweisheit vor, die zum Sprichwort wurde:
„Kleine Fädchen – fleißige Mädchen.
Große Faden – faule Maden.“
Natürlich wurde auch die Bettwäsche selbst hergestellt, wobei man sich nicht im Material vergreifen durfte:
„Wolle liegt sich zu Mist,
Flachs liegt sich zu Seide.“
In manchen Gegenden war blütenweißes Bettzeug ein Zeichen für die Reinlichkeit der Hausfrau, die sich aus manchen Sprüchen in Bauernkalendern Rat holen konnte:
„Im Märzenschnee die Wäsche bleichen,
da müssen alle Flecken weichen.“
Obwohl die Tätigkeit in Feld und Garten eine rechte Drecksarbeit ist, war für die Hausfrau, die etwas auf sich hielt, Reinlichkeit in den Wohnstuben oberstes Gebot. Deshalb hielt sie ihren Mägden manchmal vor:
„Auch in der Eck’ muss es rein sein.“
Und wenn sich dann die Magd entschuldigte, sie habe auf des Pfarrers Geheiß erst den Rosenkranz beten müssen und darüber fast die Arbeit vergessen, musste sie den alten Spruch hören:
„Ein Mädchen das gätet,
ist besser als ein Mädchen, das betet.“
Auf jedem Gebiet musste die Bauersfrau Höchstleistungen erbringen und durfte noch nicht gegen ihren Mann, den Patriarchen, aufmucken, der ihr möglicherweise immer wieder vorhielt:
„Eine gute Hausfrau mehrt das Haus,
die schlechte trägt’ s zur Türe raus.“
Ihr gab man auch die Schuld, wenn die Wintervorräte zur Neige gingen und vielleicht Schmalhans Küchenmeister wurde. Deshalb heißt es in einem Spruch:
„Eine gute Hausfrau
kennt man an der Vorratskammer.“
Die Rezepte der Bauersfrau, der halben Doktorin
Wahrscheinlich hat man alle Zeit zuviel von einer Bauersfrau verlangt.