Bei den Lanzenträgern kann angenommen werden, daß sie Perücken tragen, bei den nubischen Bogenschützen belegen Mumienfunde das eigene Haar in einheitlichem Schnitt, unterstützt durch ein Kopf-, bzw. Stirnband (Abb. 72).
Nach dem frühen Tod Merenres wird sein Halbbruder Pepi II. im Alter von nur 6 Jahren zum König erhoben; die Regierungsgeschäfte werden von seiner Mutter geführt. Wann Pepi zum alleinigen Souverän wurde, ist unbekannt.
Ebenso unbekannt ist die Dauer seiner Regentschaft, die Annahmen schwanken zwischen 63 und 94 Jahren.
Gestützt auf sein Militär, führt er das durch, was bereits unter seinen Vorgängern als das Entsenden von Expeditionen bezeichnet wurde. In seinem Totentempel in Saqqara-Süd wird er als Sieger über die Feinde dargestellt und in gleicher Weise als Sieger über libysche Fürsten, gegen die er nie gekämpft hat.
Auch die vorgefundenen Figürchen, Gefangene darstellend, haben nicht viel in dieser Hinsicht zu bedeuten; solche fanden sich auch im Grab des Königs Neferefre aus der 5. Dynastie, der nachweislich nie einen Feldzug geführt hatte.
Nachgewiesen sind Pepis vier Expeditionen in das Gebiet des sudanesischen Kerma am 3. Nilkatarakt und eine Expedition nach Punt, ebenso militärische Unternehmungen zur Bekämpfung asiatischer Beduinen sowie zur Befriedung des stets zum Aufruhr neigenden Nubiens. Diese Neigung ist verständlich, denn die Ägypter warben in Nubien im großen Stil Arbeitskräfte und Soldaten, deren Auszug nach Ägypten die Wirtschaft Nubiens enorm schwächte.
Die Erwähnung nubischer „Gefangener“ auf ägyptischer Seite ist in den meisten Nennungen eine gelinde Übertreibung zur Überhöhung des Königs; die überwiegende Mehrzahl der „Gefangenen“ wurden mit dem Versprechen auf Lohn und Brot und ein besseres Leben für sich und ihre Familien in ägyptischen Diensten eingefangen.
Innerpolitisch geht die Saat auf, die von Userkaf, dem Begründer der 5. Dynastie, mehr als 200 Jahre zuvor gesät wurde. Da trotz emsiger Produktion der Harem nicht genügend Prinzen lieferte, wurden unter ihm auch Beamte nichtköniglicher Abstammung mit hohen Ämtern bekleidet.
Inschriften aus der 5. Dynastie weisen aus, daß die Provinzialbeamten unter Asosi größere Selbständigkeit zu Lasten der Zentralregierung erhalten haben.
Doch die Machtfülle der Beamten unter Pepi II. hat mit „größerer Selbständigkeit“ nicht mehr viel zu tun, sie liegt weit über dem, was der Begriff der Selbständigkeit zuläßt.
Ein Edikt Pepis für den Tempel des Min in Koptus läßt darauf schließen, daß höchste Beamte sogar eigenmächtig in die königlich verbrieften Rechte der Tempel eingegriffen haben, was einer Schmähung Pepis gleichkommt27:
[Horus NTrj-Xow – Jahr nach] der 22. Zählung.
[Der König befahl (an) …..] Ackerschreiber des Distriktes [von Koptus]
[(Betreffend) den Vorsteher der] Priester die sHd-Priester und alle Angehörigen des Min-Heiligtums der Gefolgschaft und des Tagesdienstes, die Arbeiter und Maurer …..
[Nicht erlaubt] die Majestät, daß man sie in die Königshürden setzt, in die Rinderweiden, Eselweiden (des) pr-z# (oder in) irgendeine Pflichtarbeit oder eine Steuer, die veranlagt ist in der königlichen Verwaltung, in alle Ewigkeit. [Sie sind exempiert für Min] von Koptus heute erneut auf Befehl zugunsten des Königs von Ober- und Unterägypten Neferkare‘, er lebe immer und ewig.
[Bezüglich eines Vorstehers von Oberägypten, der ihre Aushebung tun sollte für] das Büro der königlichen Aufträge, der Landesverwaltung, der Registratur der gesiegelten Aufträge oder der Registratur, (oder) um sie in irgendeine Arbeit des Königshauses zu setzen. Das was der König haßt ist es [wahrlich].
[Bezüglich irgendeines Oberhauptes,] eines wr-mD Cmo, eines Vorstehers der Phylen von Oberägypten, eines Vorstehers der Kommissionen, eines rX-nswt, eines Vorstehers der opr (?) oder eines Vorstehers der Königsleute, der sie rekrutieren sollte, entsprechend einem Auftrag, der gebracht ist für das Büro der königlichen Aufträge, der Landesverwaltung, der Registratur der gesiegelten Dokumente oder der Registratur, (oder) um sie in irgendeine Arbeit des Königshauses zu setzen. Das was der König haßt ist es [wahrlich].
So befiehlt der König von Ober- und Unterägypten Neferkare‘, er lebe immer und ewig.
Bezüglich eines Auftrags für den Distrikt, der gebracht wird zum Vorsteher von Oberägypten, um danach zu handeln, nachdem er zu den Magistraten [gebracht wurde:] Die Majestät befiehlt, daß er entferne die Namen der Priester dieses Tempels.
Bezüglich eines Magistraten, eines königlichen Urkundenschreibers, eines Vorstehers der Ackerschreiber, eines Schreibers der gesiegelten Urkunden oder (sonst) eines Funktionärs, der einen Auftrag erhalten wird oder der Befehle schreiben wird, um zu setzen [den Namen des Vorstehers der Priester,] der sHD-Priester oder Funktionäre und irgendwelcher Angehörigen des Heiligtums des Min in Koptus in irgendeine Arbeit des Königshauses. Das was der König haßt ist es wahrlich.
So befiehlt der König von Ober- und Unterägypten Neferkare‘, er lebe immer und ewig.
Gebracht werde eine Urkunde über diesen Befehl, die auf eine Stele aus Kalkstein gesetzt werde am Torbau des Heiligtums des Min in Koptus, damit die Funktionäre des Distriktes (es) sehen, daß sie nicht nehmen sollen die Priester dieses Tempels zu irgendeiner Arbeit des Königs in alle Ewigkeit.
[Bezüglich] dem, das gesagt wurde zur Majestät, daß Befehle ausgestellt sind für dieses Oberägypten, um zu tun eine Verpflichtung für die Arbeit des Königs, bestehend aus Trage- und Transportarbeit; (für) die Abgabe des Vorstehers von Oberägypten: Gold und Kupfer und Juwelen; (für) den Bedarf des pr-onX: die jährliche Abgabe, Nahrungsmittel, Viehfutter, Opfergaben (?), nwH-Seile, spw-Stricke, Häute; (für) oHt-Land von 19 5/8 Aruren und den Pflugrechten – irgendwelche Steuern, irgendwelche Arbeit oder irgendwelches Aussenden zu Wasser und zu Lande – die in diesem Oberägypten zu tun befohlen sind. Indem es in diesen Befehlen heißt: „Nicht soll man irgendeine Exemption davon machen in den exemtierten Städten, die in diesem Oberägypten sind“. Nicht erlaubt die Majestät, daß diese Priester diese Sachen machen, die in diesem Oberägypten zu tun befohlen sind.
Es befiehlt der König von Ober- und Unterägypten Neferkare‘, er lebe immer und ewig, daß sie exempiert und beschützt sind für Min von Koptus in alle Ewigkeit.
Die Majestät weiters veranlaßt, daß man ausführt den früheren Königsbefehl für ihre Exempierung für Min von Koptus. Du sollst danach handeln. Nicht aber erlaubt die Majestät, daß ein Emissär des Vorstehers von Oberägypten oder ein Magistrat hinausgeht zu der Höhe von Koptus ….. Min-Heiligtum.
So wahr der König von Ober- und Unterägypten Pepi-Neferkare‘, er lebe immer und ewig, lebt, dauert und gesund ist, du sollst sie nicht [zu diesen Sachen] nehmen ….., um das Eigentum gegen sie zu besteuern, (oder) um Steuern des Eigentums von ihnen einzuziehen, außer zur Ausführung ihres Dienstes für Min von Koptus. Das was der König von Ober- und Unterägypten Neferkare‘, er lebe immer und ewig, wünscht, ist das Handeln gemäß dem Wortlaut dieses Befehls.
Ein Vorsteher von Oberägypten oder irgendein Magistrat, irgendein Emissär oder Funktionär, der nicht handeln wird nach dem Wortlaut dieses Befehls, werde zur „Halle des Horus“ genommen und nicht erlaubt die Majestät, daß er Priester sei in der Pyramide Mn-oX-Nfr-k#-ro.
[Gesiegelt in der persönlichen Gegenwart des Königs (?)] ….. 4. Monat der Smw-Jahreszeit, Tag 28.
Gaufürsten und Landesvorsteher haben an Macht und Einfluß gewonnen, die staatliche Macht verlagert sich vom Hof in Memphis in ihre Hände. Am Ende der Regierungszeit Pepis wird sie nur noch von den Händen zweier Gaufürsten gehalten, denen des Gaufürsten von Meir und denen des Gaufürsten von Theben.
Abb. 72: Kopf der Mumie des nubischen