Sehen wir das wahre Licht,
Und in der Schwäche werden wir stark.
AMEN.5
(Austin Osman Spare – Inferno Erde)
Spares ist ein Rausch- und Ekstasekünstler wie er in der Geschichte der westlichen Esoterik nur selten anzutreffen ist. Seine skurrile Persönlichkeit und seine konsequente Verachtung für die Gesellschaft lassen ihn den tibetischen Bön-Einsiedlern ebenbürtig werden: Ein moderner Eremit des Linkshändigen Pfades.
Oh Selbst, mein Gott! Fern ist Dein Name außer in der Blasphemie, denn ich bin Dein Ikonoklast. Dein Brot speie ich in die Fluten, denn ich selbst bin mir Fleisch genug. Verborgen im Labyrinth des Alphabets ist mein geheiligter Name, die SIGIL aller unbekannten Dinge. Auf Erden ist mein Königreich die Ewigkeit des Wünschens. Mein Wunsch inkarniert im Glauben und wird zu Fleisch, denn – ICH BIN DIE LEBENDE WAHRHEIT. Der Himmel ist Ekstase, die Verwandlung und Vereinigung meines Bewusstseins. Möge ich die Kraft haben, aus meiner eigenen Überfülle zu schöpfen. Lass mich Rechtschaffenheit vergessen. Befreie mich von Moral. Führe mich in die Versuchung meiner selbst, denn ich bin ein schwankendes Königreich aus Gut und Böse. Möge ich Reichtum durch alle Dinge erlangen, derer ich mich erfreute. Sei meiner Übertretung würdig. Gib mir den Tod meiner Seele. Berausche mich mit Selbstliebe. Lehre mich die Bewahrung ihrer Freiheit, denn Hölle bin ich zu genüge selbst. Lass mich gegen alle kleinlichen Bekenntnisse sündigen6
Diese Beispiele mögen nun genügen um einen Eindruck von der Natur des linken Pfades zu vermitteln. In Anbetracht der Materialfülle mag der Leser verzeihen, dass die Thematik des jeweiligen Kulturkreises nur angeschnitten wurde. Wer tiefer aus den Wassern des linken Pfades schöpfen möchte, der wird sich zweifellos zu helfen wissen. Denn der Linke Pfad ist für diejenigen, die gefunden haben, nicht für die, die suchen.
O siehe an dir mein beschwerliches Los,
Du, der du atmend aufsuchst hier die Toten!
Ist sonst wohl eine Strafe noch so groß?
– Dante Alighieri, Die (göttliche) Komödie –
Erste Schritte zur Befreiung von der „Urschuld“ und deren Kompensationsstrategien
FRATER SDDB
A. Ziele und Grundlagen
1. Einführung
Der nachstehende Beitrag hat seinen Ursprung im „psychologisch-spirituellen Paradigma“ – das Ziel: Erste Schritte zur Befreiung von einer scheinbaren Urschuld-/Sünde/- einer persönlichen/kollektiven Schuldfixierung und Entdeckung einer „freien, unkonditionierten Essenz“.
Der Autor dieses Beitrags ist „Chaosmagier“, d. h. nach seiner Überzeugung gibt es möglicherweise keine absolute Wahrheit – seine Magie schöpft aus der Vielzahl aller sich ihm bietenden Paradigmen – auch ohne eine Trennung vorzunehmen. Von daher geht es mehr um die Technik, als um ein spirituelles Paradigma – ob jetzt linker oder rechter Pfad. Jeder mag in dieser Essenz sehen, was er will, sie ist jedoch attributfrei und ohne spezifische Eigenschaften. Man kann sie also bezeichnen wie man mag, z. B. als das „reine Chaos“, die Leerheit, baphometische Kraft, reines Sein, das Selbst oder falls man sich ein klein wenig gruseln will, als Christusbewusstsein.
2. Grundlagen
Die psychologisch-spirituellen Ideen entstammen den Konzepten des Enneagramms und der Quantenpsychologie nach Stephen Wolinsky – ähnliche Ansätze finden sich aber auch in anderen psychologischen Modellen und Ideengebäuden z. B. in der RET nach Albert Ellis (s.u.).
Die angewandten Techniken sind schamanische Reisen, Meditationen, Invokation und Glaubenssatzarbeit/-auflösung.
Die Ideen beruhen zwar eher auf dem „Gedankengut“ des sog. „Rechten Pfades“– was aber zählt, ist das Ergebnis und nicht die Grundlage der Technik.
So strotzt die Begrifflichkeit des Enneagramm zum Teil bei manchen Autoren nur so vor christlichem Gedankengut. Dieses System lässt sich aber gut verwenden, wenn es darum geht, die eigene Existenz von (meist kulturell bedingten) Schuldfixierungen zu befreien, um die eigene göttliche Essenz freizulegen und Veränderung vorzunehmen – in welcher Richtung auch immer.
3. Die Urschuld/die Schuldfixierung
Was ist die „Urschuld“/Schuldfixierung? Sie ist eine Idee, ein Konzept, ein Glaube, mit dem wir uns bewusst oder unbewusst identifizieren und die unser gesamtes Innenleben organisiert und antreibt – sei es, dass wir uns mit ihr identifizieren oder Kompensationsstrategien entwickeln, um ihr scheinbar zu entgehen.
Diese Urschuld – eine Art „kollektiver Sündenfall“ basiert auf dem Prinzip:
Ich bin schuldig/schlecht/falsch/sündig – Dinge, die gerne von Vertretern des „Rechten Pfades“ herangezogen werden, um den Menschen glauben zu machen, er sei nicht das „Göttliche“ selbst – eine Art des menschlichen Denkens, das sich durch die gesamte Menschheitsgeschichte zieht.
Das Urschuldprinzip – ist ein „Irrglaube“ – den die Menschheit „selbst erschaffen“ hat, um sich selbst zu versklaven – um sich ihrer eigenen Göttlichkeit“ nicht bewusst sein zu müssen – also, – in Anlehnung an einen englischen Magier namens Fra. Perdurabo(der großen weißen Bruderschaft bekannt als A.A.) – aka A. Crowley – „eine Illusion, die man nur schwer los wird“.
Die „Urschuld“ ist, so gesehen, nicht unbedingt im christlichen Sinne zu verstehen (z. B. Ursünde), sie weist jedoch Parallelen dazu auf. So wurde z. B. durch einen „scheinbaren“ Abfall von „Gott“, also von sich selbst (bzw. dem Sein an sich), eine stark dualistische Sichtweise erschaffen, die es verhindert, dass der Mensch erkennt, dass er „Gott“ – oder was auch immer – ist. Ein starres Gut/Böse-Denken, sowie eine widersinnige Moral haben dann ihr übriges getan, den Menschen in Angst/Schuld und Selbstentfremdung zu halten.
Diese „Urschuld“/Schuldfixierung findet bei jedem seine spezifische Ausprägung – diesbezüglich ist die Einteilung nach dem Enneagramm und der Quantenpsychologie ganz hilfreich, ohne allerdings deren Basis, den „Rechten Pfad“, übernehmen zu müssen. In versteckter Form treibt sie bei jedem einzelnen ihr Unwesen: z. B. als Schuldgefühle, Gewissensbisse, Angst vor Fehlern, einem starren Schwarz/Weiß-Denken, etc.
4. Ziele/Vorgehensweise
Bei den folgenden Techniken und Arbeiten geht es darum, die einzelnen Schuldfixierungen bei sich selbst kennenzulernen, sie anzunehmen und die Fixierung mit ihnen etwas zu lösen, um näher an seine eigene „Essenz“ zu kommen und sich der Dinge bewusst zu werden, die einem manchmal bei der Verwirklichung eigener Ziele im Wege stehen. Sie stellen somit zum einen ein Mittel der Selbst-/Menschheitserkenntnis dar, und zum anderen bieten sie eine Möglichkeit, näher an seine „Essenz“ zu kommen – die eigene Göttlichkeit – welchem Paradigma sie auch entstammen mag.
Bei der Beschreibung der Schuldfixierungen – im „Enneagramm“ „Persönlichkeitstypen“ genannt – wird in der Literatur davon ausgegangen, dass jeder Mensch nur einem Typus in seinem Kern zuzuordnen ist, aber natürlich auch die Merkmale der anderen Typen in sich trägt. Die Entdeckung dieses spezifischen Typus ist dabei nicht immer leicht – hierbei sei auf die Literatur zum Enneagramm verwiesen. Es ist daher sinnvoll, sich mit allen Typen zu beschäftigen bzw. die Techniken mit allen neun Typen zu durchlaufen.
Zunächst werden die einzelnen Schuldfixierungen/Persönlichkeitstypen dargestellt, dann folgen die Techniken zum Erkennen