Auch wenn die Anpassung an benannte Einflussfaktoren selbstverständlich stärker zu gewichten ist, fallen trotzdem auch interne Prozesse auf den Kernaspekt der Agilität zurück. So sind die Auswirkungen oftmals nicht direkt messbar und es handelt sich um lange Verkettungen, jedoch hat die Pflicht des Ausfüllens eines Antrages zur Bestellung neuer Druckerpatronen seitens der Mitarbeiter, als interner Prozess und Beginn einer solchen Verkettung, im übertragenen Sinne beispielsweise ebenfalls Auswirkungen auf die Performance sowie Flexibilität eines Unternehmens. Es sind also sowohl Anpassungen an externe Anforderungen sowie interne Prozesse, die dafür sorgen, dass Unternehmen agil und flexibel am Markt agieren können, und sich somit auch in den Umbrüchen des digitalen Zeitalters langfristig als profitabel erweisen. An dieser Stelle sollen zwei wesentliche Aspekte der Agilität beleuchtet werden, deren Bedeutung bei unternehmerischen Vorhaben nicht zu unterschätzen ist. Hierbei handelt es sich eingangs um das Mindset, welches von Unternehmen bezüglich der Agilität gefordert wird, sowie fortführend grundlegende Prinzipien, welche als grundlegend für eine erfolgreiche agiles Unternehmensführung einzustufen sind.
Mindset
Der Begriff Mindset ist als Einstellung des Denkens zu verstehen. Ein agiles Mindset kennzeichnet sich dadurch, dass es Veränderungen durch externe Einflussfaktoren, wie beispielsweise der Digitalisierung, tatsächlich verstehen und in eine entsprechende Folgehandlung übersetzen kann. Es ist dynamisch, kontextbasiert, lehnt sich stets an situative Gegebenheiten an und aktualisiert sich ständig von selbst. Weiterhin steht ein agiles Mindset in enger Verbindung mit einer Transformation des Denkens sowie einem veränderten Stellenwert von Wissen.
Während man zu Zeiten des Mittelalters durch das Studieren einiger weniger Fachgebiete im Grunde genommen das gesamte Wissen der Welt aufnehmen und verinnerlichen konnte, so war Wissen in moderneren Zeitaltern wie dem der Industrialisierung deutlich komplexer und vielschichtiger, wenn auch mittels detaillierter Planung trotzdem beherrschbar. Heutzutage jedoch, geprägt von Internet und einer immer stärkeren Digitalisierung und Vernetzung der Welt, ist Wissen als reiner Inhalt keine Domäne der gebildeten Bevölkerungsgruppen mehr. Vielmehr liegt der Fokus auf anderen Ebenen, die sich mit der Verarbeitung und der intuitiven Nutzung von Wissen auseinandersetzen.
Der erste wichtige Aspekt für die Entwicklung eines agilen Mindsets ist eine entsprechende Neuausrichtung von Input-orientiert, sprich der Dauer, die ich für entsprechende Aufgaben benötige, und die Wahl jener Aufgaben, zu Output-orientiert hinzu Outcome-orientiert. Dies hilft dabei klar zu definieren, was wir als Resultat erhalten, wenn wir die entsprechende Aufgabe bewältigen, und welchen Nutzen dies nachfolgend stiftet. Erfahrungswerte zeigen, dass eine visionsorientierte Unternehmensführung als Grundlage für die Implementierung von OKRs anzunehmen ist, denn es geht innerhalb des Arbeitens der Methode nicht darum, die Ziele einer bestimmten Minderheit wie einzelne Interessengruppen oder Shareholder zu erreichen, sondern vielmehr die gesamten Unternehmensziele so zu formulieren, dass wirklich alle Mitarbeiter in unmittelbarer Verbindung mit diesen Zielen stehen und daran interessiert sind, diese zu erreichen. Dementsprechend wird ein eindeutig formulierter Auftrag benötigt, welcher für das gesamte Unternehmen gilt.
Wie auch bei anderen agilen Frameworks arbeiten wir bei der Verwendung von OKRs mit festen Zeitabschnitten, den sogenannten Sprints. Das hier zugrundeliegende Framework kann demnach als Gleichtaktsystem bezeichnet werden, da immer davon ausgegangen wird, mit gegebenen Ressourcen im Zeitraum eines Sprints, hier i.d.R. 3 Monate, bestimmte Ergebnisse erzielen zu können. Insofern gilt es nur zu definieren, was in diesen 3 Monaten erledigt werden soll, nicht jedoch, was halbjährige oder gar ganzjährige Gegebenheiten betrifft. Der Fokus liegt somit voll und ganz auf dem Output einer klar abgegrenzten Zeitperiode und dem daraus resultierende Outcome bzw. dem Nutzen, nicht jedoch auf einer möglichen Definition der Zukunft.
Darüber hinaus gibt es klare Erwartungen, was bedeutet, dass nicht nur das Ziel, sondern ebenso Messgrößen und Erwartungswerte definiert werden, sodass jeder Mitarbeiter sich darauf verlassen kann, dass die Metrik und die entsprechende Erwartungshaltung seines jeweiligen Vorgesetzten im Vorfeld klar sind. Das heißt, die Mitarbeiter können sich in diesem agilen System darauf stützen, dass sie bei Planerfüllung wirklich eine gute Leistung abgegeben haben, wenn die gewünschten Ergebnisse erzielt werden konnten.
Äußerst spannend ist hier die Dimension des zehnfachen Denkens (10x), verankert im Mindset von Google, einem der Vorreiter bei der erfolgreichen Implementierung von OKRs und Ursprung der Bezeichnung des sogenannten Silicon Valley Leadership Frameworks. Zentraler Aspekt ist hier die sogenannte Moon-shot-Logik, nach welcher das Unternehmen sich keine Ziele sucht, die bereits gelieferte Resultate um 10 Prozent übertreffen, sondern Ziele anstrebt, die ganze 10-mal so gut sind wie bisherige, was Betroffene zu einer grundlegend veränderten gedanklichen Herangehensweise sowie der kritischen Hinterfragung der gewählten Strategie zwingt. Stets nach dem Motto „Selbst bei Nichterreichung des Monds haben wir trotzdem eine sehr gute Leistung erbracht“ spielt das Setzen äußerst ambitionierter Ziele sowie das eventuelle Scheitern eine wichtige Rolle bei der Implementierung von OKRs sowie der allgemeinen agilen Unternehmensführung. Allen Mitarbeitern muss bewusst sein, dass sie Teil einer Kultur des Scheiterns sind. Nach dem fail-fast-Prinzip wird Scheitern keineswegs verurteilt, sondern optimalerweise innerhalb eines frühen Stadiums als Erkenntnis und Chance auf Anpassung und Optimierung gesehen.
Prinzipien
Es ist berechtigt zu hinterfragen, warum die OKR-Methode vor allem in den letzten Jahren derart an Bedeutung gewonnen hat. Ein Grund dafür ist sicherlich die allgemeine Verbreitung agiler Prinzipien und Methoden. Hier hat sich OKR als eine der passendsten Konzepte erwiesen, was sich durch den weltweiten Erfolg praktizierender Global-Player unterschiedlichster Branchen wie Google, Apple oder Ebay widerspiegelt. Aber auch kleinere deutsche Unternehmen wie Zalando oder MyMuesli nutzen diese Methode seit mehreren Jahren erfolgreich. Unumstritten müssen Unternehmen unter den heutigen Gegebenheiten am Markt ihre Prozesse und Strukturen anders anlegen als bisher. Viele Management-Teams nehmen die angesprochene Komplexität und die Steigerung der Dynamik auf den Märkten wahr. Flexibilität, Wissen, Digitalisierung und Reaktionsfähigkeit gelten als Erfolgsfaktoren und Alleinstellungsmerkmale. Vorgehensweisen im Sinne des Taylorismus wie eine starre Betriebssteuerung sind heute oftmals nicht mehr von Erfolg gekrönt. Aus unserer Erfahrung bei der Begleitung agiler Transformationen in Unternehmen sowie einer agilen Herangehensweise hinsichtlich der Umsetzung von Projekten sind fünf Prinzipien agiler Methoden abzuleiten.
1) Konsequente Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Kunden
Nicht selten haben wir die Erfahrung machen können, dass den Präferenzen und Bedürfnissen der Kunden ein viel zu geringer Stellenwert im Rahmen der Produktentwicklung zugeschrieben wird, und es von Unternehmensseite aus nicht gelingt, einen entsprechenden Perspektivwechsel zu vollziehen. Dies hat oftmals finanzielle Einbußen zur Folge, obwohl dem mittels verschiedener Instrumente entgegengewirkt werden kann. Seien es marketingspezifische Instrumente wie Lead-User-Projekte, bei denen stellvertretend ausgewählte Nutzer und Kunden als Pioniere in die Produktentwicklung bzw. das Projektgeschehen integriert werden, um Abweichungen von den genannten Präferenzen zu vermeiden, oder die Integration agiler Methoden, welche externes Feedback und den Einfluss entsprechender marktwirtschaftlicher Interessengruppen gewährleisten. Unternehmen müssen eine Priorisierung der Interessen ihrer Abnehmer sicherstellen, um heutzutage langfristig erfolgreich am Markt agieren zu können. Hierbei handelt es sich keineswegs um eine neue Erkenntnis. Ganz im Gegenteil, in vielen Managementsystemen der vergangenen Jahrzehnte wird dies