Matt lächelte den Sheriff an.
„Wenn ich alles, was Sie sagten, richtig verstanden habe, könnte ich mich doch zu der anderen Partei schlagen, nicht wahr?“
Das Gesicht des Sheriffs wurde lang. „Zu Troger?“
„Ginge das nach Lage der Dinge nicht?“
„Kann schon sein.“
„Habe ich Sie enttäuscht, Sheriff?“, fragte Matt mit einem verbindlichen Lächeln. „Ist es etwas anderes, wenn ich fortreite?“
„Es ist Ihre Sache, was Sie machen“, knurrte der Sheriff. „Komm, Tim, wir wollen Les in ein Zimmer tragen.“
7
Alan Trogers Ranch war weiträumig angelegt. Ein weiß leuchtendes Haupthaus stand in der Mitte, mit einer breiten Veranda davor, zu der eine breite Freitreppe hinaufführte. Rechts und links davon weitästige Cottonwoods, im Hintergrund ein paar Eisenholzbäume. Rechts und links davon Ställe und Schuppen, ein langgestrecktes Bunkhaus mit niedrigen Fenstern und zwei breiten Türen. Eine Pferdekoppel, von einem Corralzaun umgeben, große Fässer, die das Regenwasser auffingen, und zwei flache Ranchwagen vor einem der Schuppen, neben denen ein Buggy stand. Hinter dem Haupthaus drehten sich zwei Windräder knarrend in der lauen Brise, die über das Grasmeer strich.
Maude Freese, die auf der Veranda saß, umfasste das alles mit einem Blick, in dem Stolz lag. Sie umfasste mit diesem Blick auch Alan Troger, der ihr gegenüber saß und der das alles aus dem Boden gestampft hatte. Ihr Blick glitt über ihn hinweg, zu der fernen Staubwolke hinter den Hügeln.
Dort hinten stand die große Herde Herefords. Eine Herde, die sich schnell vergrößern würde. Gutes, sattes Vieh, für das an der Bahnlinie in Nebraska mehr als zwanzig Dollar pro Stück bezahlt wurde.
Sie wusste, dass Troger eines Tages ein reicher Mann sein würde. Schon heute gehörte ihm ein großes Stück dieses Landes. Eines Tages würde er Garett bezwungen haben.
Dann würde ihm alles Land gehören, das am Big Sioux River lag. Er würde Tage, vielleicht Wochen brauchen, um die Grenzen seiner Riesenranch umreiten zu können. Und zu dieser Ranch würde dann auch Watertown gehören, denn sie würde auf ihrem Gebiet liegen.
An das alles dachte Maude Freese, die selbst nicht mehr wusste, wann sie sich in diesen Gedanken verbissen hatte. Sie wollte eine große Rolle in diesem neuen Rinderland spielen. Dabei entging ihr, wie nachdenklich der Rancher geworden war.
Sein ehemals so selbstsicheres, strahlendes Gesicht wirkte eingefallen und müde. Es schien, als wäre er nach ihrem Bericht um Jahre gealtert. Als sie ihn wieder anblickte, sah sie das alles auf einen Schlag.
Sie beugte sich über den Tisch, an dem sie sich gegenübersaßen. Ihre blonden weichen Locken fielen über ihre Stirn ins Gesicht. Mit ihrer weichen, biegsamen Stimme fragte sie: „Was hast du, Alan? Ist es, weil Garett mich fangen lassen wollte?“
Troger reckte seine gedrungene Gestalt, und die kleine Narbe links des Nasenflügels glühte dunkler als sonst. Als er den Mund öffnete, wirkte der Goldzahn in seinem Mund stumpf und matt.
Es war ihr, als wäre eine große dunkle Wolke über die Ranch gezogen. Alles strahlte auf einmal nicht mehr so hell. Alles wirkte dunkel, grau und feindlich. Auch Alan Troger war nicht mehr der strahlende Mann aus ihren Träumen. Irgend etwas hatte ihn plötzlich sehr verändert.
„Garett ist ein Schurke“, hörte sie ihn verzerrt sagen. „Dafür sollte man ihm die ganze Ranch über dem Kopf anbrennen!“
„Du musst das nicht so wichtig nehmen“, sagte sie. „Ich glaube, er würde sich schnell überlegen, dass eine solche Methode seinen Untergang nur beschleunigen kann. Sie könnten mich doch nicht umbringen. Ich würde eines Tages wieder frei sein. Dann würde ich nach Fort Sisseton reiten und dem District-Marshal ein Licht anstecken.“
„Ja, dann wäre es vielleicht gut gewesen, dieser … Wie hieß er gleich?“
„Matt Wister, Alan.“
„Ja, dieser Wister wäre gar nicht gekommen. Was ist er für ein Kerl?“
„Ein Mann, den du gebrauchen könntest, Al. Er wird sicher über Nacht in Watertown bleiben. Du solltest mit mir kommen und mit ihm reden. Vielleicht hat er Lust, bei dir zu arbeiten.“
„Ist er … Ich meine, sah er wie ein Revolvermann aus?“
Maude überlegte einen Moment und schüttelte dann den Kopf.
„Er sah wie ein Cowboy aus. Aber irgendwie war er anders. Ich möchte zu gern wissen, was er mit Vane und Spears noch gemacht hat.“
„Vielleicht sollte ich mir den Burschen wirklich ansehen“, brummte Troger. „Sagte er sonst noch etwas zu dir?“
„Nein, Al, nichts. Wirst du mitkommen?“
„Du solltest besser über Nacht hierbleiben, Maude. Ich werde ein paar Männer von der Weide holen, die auf dich aufpassen. Es ist zu gefährlich, wenn wir allein reiten. Morgen begleiten dich meine Boys in die Stadt.“
„Aber …“
„Es geht darum, dass Garett keine Handhabe gegen mich bekommen darf. Was nützt uns der District-Marshal? Gar nichts! Garett würde mich erpressen. Er würde mit deinem Tod drohen, wenn irgendeiner davon erfährt. Du weißt, er bekämpft mich ohne Gnade!“
„Und du, Al?“
„Ich muss mich wehren. Was bleibt mir weiter übrig. Aber ich werde es mit ihm allein ausmachen. – Also, du reitest morgen zurück.“
Sie schaute ihm nach, wie er die Treppe hinunterstieg. Seine Bewegungen erschienen ihr eckig und hölzern. Als er sein Pferd unten vor dem Corral sattelte, da klappte das nicht so wie an anderen Tagen, da sie ihn beobachtet hatte.
Sie schaute ihm nach, wie er fortritt, und plötzlich beschlich sie ein unangenehmes Gefühl. Irgend etwas war anders, als es immer gewesen war. Irgend etwas verschwieg er ihr.
Sie stand mit einer langsamen Bewegung auf, schob den Holzsessel zurück und stützte die Hände auf das Geländer. Ihr Blick folgte der wehenden Staubfahne, die von den Hufen seines Pferdes hochgeschleudert wurde und träge in der flimmernden Luft hing.
Was war es?
Immer wieder hatte sie das Bild eines Mannes vor Augen, der wie aus dem Boden gewachsen neben dem Weg gestanden hatte, die Winchester 73 in der Armbeuge. Ein Mann, an dem irgend etwas anders war als an anderen Männern – anders als an Garett, anders als an Sheriff Riley, als an Vane und Spears – und auch anders als an Alan Troger.
Sie wusste, dass dieser Mann durch seine Art, durch sein unerschrockenes Auftreten Eindruck auf sie gemacht hatte. So wie Troger mit seiner Riesenranch Eindruck auf sie machte. Plötzlich fühlte sie den tiefen Zwiespalt in ihrer Seele. Doch sie wusste noch nicht, dass es zu viele Dinge waren, die sie liebte und haben wollte.
8
Die Sonne stand weit im Westen. Die Hitze des Frühlings hatte etwas nachgelassen.
Sheriff Riley lag drüben unter dem Vorbau vor seinem Haus im Schaukelstuhl und lauschte der knarrenden Begleitmusik zu den Bewegungen der Kufen. Er blickte nicht auf, als er den Reiter unten im knirschenden Sand hörte. Er hatte ihn vorhin gesehen. Er wartete auf Garett. Troger interessierte ihn jetzt nicht.
Aber Troger beachtete den Sheriff auch nicht. Er ritt genauso schweigend an den anderen vorbei, hielt vor dem Saloon an, weil es sonst keinen Saloon in der Stadt gab. Er stieg ab, schlang die Zügel lose um den Holm und stieg die Stufen zum Stepwalk hinauf.
Als er sich durch die Schwingtür geschoben hatte, blieb er stehen und zog die