Okay, hier sind die Fakten:
Nach dem Abi wählte ich Sport als Studiengang. Nicht auf Lehramt: Ich wollte Leistungssportlerin werden. Mein Sport: Tennis. Ich hatte einen Platz in der Weltrangliste, bevor ich Abi hatte.
Tagsüber studierte ich, abends hatte ich Training. Ich war zielstrebig und wusste, was ich wollte, Disziplin war kein Problem. Wenn meine Kommilitonen feiern gingen, saß ich und lernte. Oder trainierte für den nächsten Wettkampf.
Dann kam der Sportunfall: eine Achillessehnen-Ruptur. Das bedeutete das Aus für meine Sportkarriere. Ich fiel in ein emotionales Loch. Jetzt war auch das Studium mir nicht mehr wichtig. Ein Jahr lang holte ich nach, was ich verpasst zu haben glaubte: Partys, Alkohol, Jungs. Dann hatte ich genug. Meine Karriere war vorbei, das Studium brach ich ab und machte eine Ausbildung zur Bürokauffrau.
Und die Geschichte?
Ich erinnere mich genau an den Morgen, an dem ich neben diesem fremden Typen aufwachte. Er war mindestens zehn Jahre älter als ich und sah nicht übel aus – wobei er ziemlich übel roch. Vor allem nach Alkohol. Das war aber nicht das Hauptproblem. Ich roch wahrscheinlich ähnlich. Jedenfalls fühlte sich meine Mundhöhle an, als sei ein kleines Nagetier darin verendet und kralle sich nun oben am Gaumen fest. Und in meiner Stirnhöhle rannte ein anderes, etwas größeres Tier im Kreis und hämmerte rhythmisch mit seinen Pfoten von innen an die Augäpfel.
[16]Das Hauptproblem war, dass ich keine Ahnung hatte, wo ich war. Oder wer er war. Oder was ich hier sollte. Oder was wir die Nacht zuvor hier getan hatten. Leise, leise kramte ich meine Sachen zusammen, die überall in seiner unaufgeräumten Bude herumlagen. Dann schlich ich mich aus seiner Wohnung. Durch ein unbekanntes Treppenhaus. Durch unbekannte Straßen. Als ich den Dom erkannte, fing ich an zu heulen, vor Erleichterung und Scham.
Zu Hause duschte ich eine Stunde lang. Als ich mir die Zähne putzte, schaute mich eine Fremde im Spiegel an.
„Was hast Du mit Dir angefangen?“, fragte mich die Fremde. „Ich kann nichts dafür“, verteidigte ich mich. „Die Sportverletzung! Wenn die nicht gewesen wäre!“ – „Ach, was für ein Unsinn“, entgegnete mein Spiegelbild. „Du bist doch selbst für Dein Leben verantwortlich! Das Problem ist nicht das Problem. Das Problem ist nie das Problem! Du bist das Problem. Deine Einstellung ist das Problem!“ Na super. Ich war ein Problem. Klar. So hatte ich mich die letzten Monate auch gefühlt. Ein wandelndes, depressives Problem.
Was sollte ich anfangen mit meinem Leben? Der große Plan war gescheitert. Ich war gescheitert. Keine 23 und schon gescheitert. Ich zog die Nase hoch und wischte mir die Tränen ab. Zeit, mir mein Versagen einzugestehen.
Ich zog zurück zu meiner Mutter in die Kleinstadt. Kleinlaut. Mama hatte wahrscheinlich recht. Ich sollte was Anständiges lernen. Ich brauchte Sicherheit. Stabilität. Also fing ich eine Ausbildung an: Bürokauffrau.
Mit 25 hatte ich den Abschluss in der Tasche. Ein geregeltes Leben im Büro mit einer sicheren Ganztagsstelle wartete auf mich. Und zehn Jahre lang ging das gut. Naja. Mehr oder weniger gut.
Also … eigentlich gar nicht gut. Das Gefühl, gescheitert zu sein, blieb mein steter Begleiter. Der feste Job, die geregelten Arbeitszeiten änderten daran nichts. Mein berechenbares Leben machte mich krank. Mir fehlte das Tempo, das Ziel. Mir fehlte die Disziplin. Ich wurde dick, und ich wurde[17] depressiv – mehr, als ich es nach meiner Sportverletzung damals gewesen war. Also traute ich mich nach ein paar Jahren, vorsichtig wieder mit dem Sport anzufangen. Ich hatte ganz langsam begriffen, dass ein ärztliches Verdikt kein endgültiges Urteil ist. Dass ich selbst entscheiden darf, was mein Körper kann. Schwimmen, Laufen … mit viel Gespür für meinen Körper machte der Sport wieder Spaß. Doch was sollte ich mit meinem Leben beginnen?
Storytelling – das wirksamste Marketing-Tool
Videos funktionieren so gut, weil sie Geschichten erzählen. Bevor ich Dich in die Praxis des Videomarketings schubse, möchte ich deshalb darüber sprechen, warum Storytelling überhaupt funktioniert.
Warum fesseln uns Geschichten? Was haben sie an sich, diese magischen Worte „Ich möchte Dir eine Geschichte erzählen“?
Wir bewegen uns in einer Zeit, in der Kundinnen immer aufgeklärter sind. Die sofortige Überprüfbarkeit und Teilbarkeit eines jedweden Inhaltes macht Konsumenten als Masse zu einem unglaublich mächtigen Verbündeten – oder Gegner. Das zeigen Shitstorms im Internet genauso wie begeisterte Fans. Ganze Bewegungen entstehen in den sozialen Medien.
Und das ist erst der Anfang. Diese Entwicklung wird stärker. Nur ein Beispiel: Allein in Deutschland nutzen rund 27 Millionen Menschen Facebook (Stand: Januar 2016 laut de.statista.com). Im Februar 2011 waren es noch 15 Millionen. Für Firmen, Produktanbieter und Dienstleister bedeutet das: Wir brauchen teilbare Inhalte. Das ist für Produktmacher schon eine Herausforderung, für Dienstleisterinnen aber ungleich schwerer.
[18]Konsumentinnen brauchen von Werbern und Marketingleuten keine Fakten. Wenn sie Fakten wollen, holen sie sie sich selbst. Wir haben unbegrenzten Zugriff auf fast alle Fakten der Welt, wenn wir mit dem Internet umgehen können. Und wir wollen uns selbst informieren. Vor 20 Jahren ließen wir uns noch vom Fernsehen sagen, dass Ariel weißer wäscht – heute überprüfen wir persönlich, ob es das wirklich tut.
Unsere Welt wird durch die Informationsflut unübersichtlicher. Wir brauchen das, wonach Menschen sich seit jeher sehnen, wenn die Welt unübersichtlicher wird: Beziehungen. Bindung. Vertrauen.
Die großen Marken haben das natürlich längst erkannt. Wofür steht eine Marke? Passt sie zu mir, zu meinem Lebensstil? Was nützt sie (oder das Produkt, die Dienstleistung) mir? Was unterscheidet sie von anderen? Kann ich ihr vertrauen? Welche Werte stehen hinter einer Marke oder Firma, und: Sind sie echt? Beweisbar? Authentisch? Oder nur dahergeredetes Zeug?
All das wollen Kunden wissen. Und das vermittelt sich über Geschichten.
Wir sind auf zwei Arten auf Geschichten gepolt:
Erstens durch unsere Kindheit. Schon von klein auf bekommen wir durch Geschichten eine Anleitung, wie das Leben funktioniert. Sie sagen uns, dass wir nicht mit Fremden mitgehen sollen, wenn wir nicht im Bauch des Wolfes landen wollen; sie sagen uns, dass Drachen besiegt werden können und dass es sich lohnt, für etwas zu kämpfen.
Wir lernen aus Geschichten mehr als aus Anleitungen, Zahlen oder Fakten. Bei Kindern funktioniert das Erzählen so gut, weil sie sich schon die Sprache zu eigen gemacht haben, lange bevor sie die Schrift beherrschen. Wenn wir Geschichten erzählen – richtige Geschichten, nicht einfach nur daherreden – dann bedienen wir uns unbewusst verschiedener Techniken, die dem Gedächtnis unserer Zuhörerinnen auf die Sprünge helfen. Das kann man sogar messen: Wenn wir eine Geschichte hören, schüttet unser Gehirn Dopamin,[19] Serotonin und Oxytocin aus (Fisher 2011). Oxytocin sorgt für Wohlbefinden und Behaglichkeit. Ohne Dopamin und Serotonin könnte das Gehirn keine Informationen verarbeiten. Informationen, die mit Geschichten verknüpft sind, funktionieren also um einiges besser als Informationen, die einfach nur im Raum stehen. Übrigens: Alles drei sind sogenannte Glückshormone. Storytelling macht also, zu allem Überfluss, auch noch glücklich.
Der Begriff Storytelling, wie ich ihn hier verwende, bedeutet also nichts anderes als Geschichtenerzählen. In der modernen Wissensvermittlung, im Marketing und im Management wird der englische Begriff benutzt – wahrscheinlich, damit es weniger nach Omas Schaukelstuhl klingt. Eigentlich schade, finde ich. Wir haben damals auf Omas Schoß durch ihre Geschichten viel gelernt.
Psychologie und Neurologie sind nur der erste Grund für die Wirksamkeit von Geschichten. Der zweite ist geschichtlich: Geschichten wirken schon seit vielen tausend Jahren! Schon bevor es eine Schrift gab, haben Menschen sich durch Geschichten Wegweiser gegeben, Neuigkeiten erzählt und Ratschläge erteilt. Wo gibt es Mammutherden, wo lauern Säbelzahntiger?
Tatsächlich