Teppiche. Clemens von Alexandria. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Clemens von Alexandria
Издательство: Bookwire
Серия: Die Schriften der Kirchenväter
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783849660277
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zu fristen, während er sich um nichts Überflüssiges kümmert; ja auch das Notwendige nimmt er nur, soweit es wirklich nötig ist, an und nicht in dem Sinn, als wäre es die Hauptsache, sondern weil es infolge der Lebensgemeinschaft notwendig für den Aufenthalt des Fleisches hier unten ist; denn die Hauptsache ist für ihn die Erkenntnis.

      X. Kapitel

      80.

      1. An zweiter Stelle kommt dann, daß er eifrig mit dem beschäftigt ist, was ihn für die Erkenntnis schult, indem er von jedem Wissensfach das nimmt, was der Erforschung der Wahrheit förderlich ist.

      2.4097 Demnach achtet er in der Musik auf das richtige Verhältnis in den Tonarten; in der Arithmetik beachtet er, wie die Zahlen steigen und fallen und wie sie sich zueinander verhalten und wie die meisten Dinge einem gewissen Zahlenverhältnis unterliegen; in der Geometrie lernt er das Sein an und für sich kennen und gewöhnt sich daran, sich einen stetigen Zwischenraum vorzustellen und ein unveränderliches Sein, das verschieden von den Körpern hier ist.

      3. Durch die Astronomie wiederum wird er sich im Geist über die Erde erheben und wird sich oben mit dem Himmel verbinden und wird im Geiste den Kreislauf miterleben, wobei er immer die von Gott geschaffenen Gestirne und den sie untereinander verbindenden Zusammenklang zu erfassen sucht,4098 so wie von diesem Ausgangspunkt aus Abraham darüber hinaus zu der Erkenntnis des Schöpfers emporstieg.4099

      4. Aber auch mit der Dialektik wird sich der Gnostiker beschäftigen, indem er aus ihr die Einteilung der Gattungen in die Arten entnimmt, und er wird die Unterscheidung der Einzeldinge durchführen, bis er zu den ersten und einfachsten Begriffen gelangt.

      5. Die meisten aber fürchten sich vor der griechischen Philosophie wie die Kinder vor Gespenstern, und sie haben Angst, sie könnte sie mit sich fortnehmen.

      81.

      1. Wenn aber der Glaube (denn Erkenntnis kann ich das nicht nennen) bei ihnen derart ist, daß er durch beredte Worte erschüttert werden kann, so soll er erschüttert werden, da die Leute dadurch am meisten veranlaßt würden, zuzugeben, daß sie nicht im Besitz der Wahrheit sind; denn unerschütterlich fest, so heißt es, steht die Wahrheit, ein Irrglaube aber kann wankend gemacht werden.4100 So wählen wir ja auch Purpur dadurch aus, daß wir anderen Purpur daneben halten.

      2. Wenn daher jemand zugesteht, daß er kein festgeformtes Herz (keine unerschütterliche Überzeugung) hat, so hat er den Probetisch der Geldwechsler nicht und keinen Maßstab zur richtigen Beurteilung der Lehren. Und wie sollte der noch ein wirklicher Geldwechsler sein, der nicht zu prüfen und die echte Münze von der gefälschten zu unterscheiden versteht?4101

      3. David aber ruft: „Denn bis in Ewigkeit wird der Gerechte nicht wankend gemacht werden“,4102 also weder durch trügerische Rede noch durch in die Irre gehende Lust, und daher wird er auch von dem ihm zu eigen gehörenden Erbe nicht weggestoßen werden.

      4. „Vor bösem Leumund wird er sich also nicht fürchten“,4103 also weder vor leerer Verleumdung noch vor einer falschen Meinung, die man von ihm hat. Er wird sich aber auch nicht vor den verschlagenen Reden fürchten, da er sie zu durchschauen vermag und fähig ist, richtig zu fragen und richtig zu antworten. Denn die Dialektik ist wie ein Schutzwall, der verhindert, daß die Wahrheit von den Sophisten niedergetreten wird.4104

      5. Denn nach dem Wort des Propheten müssen wir „uns des heiligen Namens des Herrn rühmen und uns in unserem Herzen freuen, indem wir den Herrn suchen“.4105

      6. „Suchet also den Herrn und werdet stark, suchet sein Angesicht allezeit“4106 auf allerlei Weise! Denn da er „vielfältig und auf vielerlei Weise“4107 gesprochen hat, wird er nicht auf eine einzige Weise erkannt.

      82.

      1. Unser Gnostiker wird also vielseitig gebildet sein, nicht weil er sich diese Wissenszweige als Tugenden aneignen wollte, sondern als Gehilfinnen; und indem er das Gemeinsame und das Besondere scheidet, wird er zur Wahrheit gelangen. Denn in der Tat ist an allem Irrtum und an allem falschen Wahn schuld, daß man nicht unterscheiden kann, inwieweit die Einzeldinge miteinander Gemeinsames haben und inwieweit sie sich unterscheiden.

      2. Denn wenn jemand seine Untersuchung nicht auf Grund genauer Unterscheidungen durchführt, dann wird er, ohne es selbst zu merken, das Allgemeine und das Besondere durcheinanderbringen; wo aber dies geschieht, da muß man notwendig vom rechten Weg abkommen und in die Irre gehen.

      3. Auch bei der Betrachtung der Heiligen Schrift läßt die Unterscheidung der Wörter und der Sachen in den Seelen ein helles Licht aufgehen. Denn man muß beim Hören sowohl auf die Einzelausdrücke achten, die mehrerlei bedeuten, als auch auf die Fälle, wo mehrere Ausdrücke nur ein und dasselbe bedeuten. Daraus erwächst auch die Fähigkeit, richtig zu antworten.

      4. Dagegen ist die unnütze Vielgeschäftigkeit zu meiden, die sich viel mit dem zu tun macht, was ganz ohne Belang ist; der Gnostiker muß vielmehr die Beschäftigung mit den verschiedenen Wissenschaften als eine Vorübung verwenden, die einerseits mit dazu hilft, daß die Wahrheit, soweit das erreichbar ist, genau richtig und ungestört überliefert wird, und andererseits ein Schutz gegen die Reden ist, die mit ihren verderblichen Künsten die Wahrheit ausrotten wollen.

      83.

      1. Der Gnostiker wird also nicht hinter denen zurückbleiben, die in der allgemeinen Bildung und in der griechischen Philosophie gute Fortschritte machen; aber er wird das nicht als die um ihrer selbst willen zu betreibende Hauptsache ansehen, sondern nur als etwas Nötiges und als etwas, das erst an zweiter Stelle kommt und durch die Umstände bedingt ist. Denn das, was die eifrigen Anhänger der Irrlehren in verderblicher Absicht verwenden, das wird der Gnostiker zum Guten benützen.

      2. Denn während sich die in der griechischen Philosophie zutage tretende Wahrheit nur auf Teilgebiete erstreckt, stellt die wirkliche Wahrheit alle die trügerischen Versuche der Sophistik, etwas glaublich zu machen, ins rechte Licht, genau wie die Sonne alle Farben hell beleuchtet und beim Weißen und beim Schwarzen deutlich zeigt, wie beschaffen jedes von ihnen ist.

      3. Mit Recht ist daher schon zuvor auch von den Griechen laut verkündet worden: „Anfang gewaltiger Tugend, Herrscherin Wahrheit.“4108

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