Siana. Jasmin Windfeder. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jasmin Windfeder
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Зарубежная драматургия
Год издания: 0
isbn: 9783967130171
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nicht einmal besucht. Ich sehe sie und meinen kleinen Bruder nur alle paar Wochen, wenn ich ein komplettes Wochenende frei habe und nach Sydney zu ihnen fahren kann. Dabei wohnen wir nur knapp eine Stunde auseinander.

      »Ist etwas?« Sein Blick aus den braunen Augen ruht auf mir.

      »Ich musste nur gerade an Finn denken, weil ich ihn so selten sehe«, antworte ich seufzend.

      »Dein Freund?« Er sieht mich überrascht an und, wenn es mich nicht täuscht, ist da noch was anderen. Enttäuschung?

      »Mein siebenjähriger Bruder«, ergänze ich.

      Er will etwas erwidern, doch die Tür wird aufgestoßen und Phelan kommt mit Kathleen zur Tür herein. Ihre Augen leuchten zuerst auf, als sie Kay sieht, verdunkeln sich jedoch wieder, als sie mich bemerkt. Kay begrüßt sie mit einem Kuss auf die Wange, Phelan mit einem lauten Handschlag, der mich zusammenzucken lässt. Ich bekomme von Phelan nur ein Kopfnicken, während mich Kathleen überraschenderweise kurz anlächelt. Sie setzt sich auf einen freien Stuhl und rutscht gleich etwas näher an Kay heran. Er betrachtet sie liebevoll. Ihre kinnlangen braunen Haare fallen ihr ins Gesicht, als sie sich zu ihm vorbeugt und etwas in sein Ohr flüstert, das sein Lächeln noch breiter werden lässt. Geschickt streicht sie die Haare hinter ihr Ohr.

      Die zwei turteln zu sehen, gibt mir das Gefühl von Eifersucht. Ich bin mir nicht sicher, ob ich nur jemanden an meiner Seite möchte, mit dem ich schäkern kann oder, ob ich Kay interessanter finde, als ich wahrhaben will. Um die Szene nicht weiter betrachten zu müssen, starre ich auf meine Hand und entferne etwas Dreck, der unter den Nägeln feststeckt, als ich plötzlich Blicke auf mir spüre. Ich sehe automatisch hoch zu Phelan, der sich an der Theke anlehnt und mich tatsächlich mustert. Seine hellblauen Augen durchbohren mich förmlich. Ich versuche, dem Blick standzuhalten, aber es kommt mir vor, als würde er nach und nach meine Fassade einreißen, die ich mir in den letzten Jahren mühsam aufgebaut habe. Er macht mich nervös.

      Nachdem Kathleen kichert, löse ich mich von Phelan und sehe erneut zu Kay. Er sieht mich an und lächelt, während Kathleen den Kopf auf seine Schulter abgelegt hat. Ob die beiden ein Paar sind?

      Ich will mir diese Szene nicht weiter antun und beschließe soeben, aufzustehen und rauszugehen, als mir Phelan zuvorkommt.

      »Ich gehe zu River«, brummt er und verlässt die Reiterstube.

      Na toll! Jetzt dackle ich ihm auch noch hinterher!

      Bevor er die Tür schließt, springe ich auf, murmle eine Entschuldigung und husche ebenfalls aus der Stube. Phelan beäugt mich irritiert, nachdem ich die Tür aufstoße, die er soeben schließen wollte.

      »Das kann man nicht aushalten«, nuschle ich, als ich die Tür ins Schloss fallen lasse.

      Er zuckt nur mit den Schultern und fragt stattdessen:

      »Wie läuft es mit River?«

      Ich atme hörbar aus.

      »Longieren wollte sie sich heute nicht lassen.«

      Phelan zieht die Brauen hoch und sein markantes Gesicht bekommt dadurch eine gewisse Härte.

      »Hat dir Richard nicht gesagt, dass du sie nicht longieren darfst?«

      Mir klappt die Kinnlade herunter.

      »Bitte?«, bringe ich heraus und bemühe mich, seine Frage zu verstehen.

      »Ich habe Richard ausdrücklich gesagt, dass River an der Longe Panik bekommt und dadurch ausrastet«, sagt er ernst und sieht mich dementsprechend auch an.

      »Ähm, nein, er hat mir nichts gesagt.« Ich bin verwirrt. »Sonst hätte ich sie ja kaum longiert. Oder denkst du, ich halte mich nicht an Anweisungen?«

      Phelan macht ein eigenartiges Knurrgeräusch. Er ist ganz offensichtlich sauer. Verständlich! Ich wäre es ebenso. Zumindest würde ich erwarten, dass man auf meine Anforderungen und Warnungen eingeht.

      Er streicht sich mit der Hand durch das dunkelblonde Haar.

      »Ich werde mich mit ihm wohl nochmals unterhalten müssen«, meint er nachdenklich und sieht dieses Mal durch mich hindurch.

      Ich nutze die Gelegenheit und betrachte ihn etwas genauer. Er sieht, wie Kay, durchtrainiert aus. Wenn es mich nicht täuscht, ist Phelan etwas größer als sein Freund. Ein Dreitagebart ziert sein Gesicht, der ihm etwas Verruchtes gibt. Die Lippen sind geschwungen und laden zum Küssen ein. Wäre er nicht ein solcher Eisklotz, würde er durchaus anziehend auf mich wirken. Er ist echt attraktiv.

      Ich räuspere mich.

      »Ich bin mal weiterarbeiten«, sage ich rasch und ohne auf eine Reaktion zu warten, verschwinde ich im Stall.

      Nachdem ich außer Sicht bin, schlage ich mir einmal kräftig gegen die Schläfe. Ist das wirklich mein Ernst? Ich denke ans Küssen, während ich einen Kunden betrachte?

      Kopfschüttelnd marschiere ich zu Trojanas Box, um sie für eine weitere Trainingsstunde fertigzumachen. Die braune Stute mit dem schwarzen Langhaar und dem Stern auf der Stirn, wiehert mir entgegen, als ich mit dem Halfter in die Box husche. Sobald sie das Training hinter sich hat, darf auch sie auf die Weide. Rasch begrüße ich sie, bevor ich sie putze und sattle. Um Verletzungen vorzubeugen, lege ich ihr Gamaschen um die Beine, die ihre weißen Fesseln bedecken.

      ***

      Mit einem Ruck landen wir auf dem Boden, dabei fixiere ich das nächste Hindernis, das wir nach wenigen Galoppsprüngen auch überwinden. Danach wende ich Trojana in eine große Volte, um die dritte Hürde zu nehmen. Als ich am Außentor vorbei galoppiere, höre ich jemanden laut lachen. Ich bin nicht sicher, aber ich tippe auf Kay. Kaum denke ich an ihn, beschleicht mich ein ungewöhnliches Gefühl. Seine braunen Augen tauchen vor mir auf, die etwas Freundliches ausstrahlen. Seine männliche, aber doch das Ohr umschmeichelnde Stimme erklingt in meinem Kopf. Doch plötzlich erscheint ein anderes Bild: Kathleen, wie sie sich an ihn schmiegt. Ich kann sogar noch ihren kühlen Blick auf mir spüren, mit dem sie mich anfangs bedachte.

      »Achtung, pass auf!«

      Mein Blick klärt sich augenblicklich und ich will noch an den Zügel reißen, aber Trojana springt ab. Unvorbereitet schmettert es mich gegen ihren Hals. Schmerz durchströmt meinen Kopf, bevor alles um mich herum schwarz wird.

      »Siana?« Irgendwer rüttelt an mir. »Siana, wach auf.«

      Ich blinzle, bekomme jedoch kaum die Augen auf. Was ist passiert? Wo bin ich? Langsam hebe ich die Lider und schaue direkt in braune Augen.

      »Siana, Gott sei Dank! Alles okay? Bleib liegen. Soll ich Richard holen?«

      Wunderschöne braune Augen, die mich besorgt ansehen. Ich muss automatisch lächeln.

      »Geht und holt Hilfe.«

      ›Wie kann man nur so schöne Augen haben?‹, ist mein einziger Gedanke. Die Sprenkel in der Iris faszinieren mich. ›Habe ich die eigentlich auch?‹

      »Siana? Sag endlich was!«

      Die Augen verengen sich und ich höre kurz darauf Worte der Entschuldigung. Wieso denn das?

       Patsch!

      »Aua!«, entweicht es meinem Mund, gleichzeitig wird die linke Wange heiß. Hat mich Kay tatsächlich geohrfeigt? Ist er nicht ganz dicht? »Was soll das?«

      »Siana, endlich«, sagt Kay, der mir über die schmerzende Wange streicht und erleichtert ausatmet.

      »Was ist passiert?«, ächze ich und setze mich auf, dabei dröhnt mein Kopf.

      »Du bist von der Stute gefallen.« Kay legt mir einen Arm um die Schulter, an den ich mich automatisch lehne.

      »Warum?« Ich schaue ihn verständnislos an, dann weiß ich es auf einmal wieder: Meine Gedanken waren bei ihm und dieser Kathleen, weswegen ich den Absprung verpasst habe und vornüber geknallt bin. Ich greife nach dem Verschluss des Helms, den ich immer beim Reiten trage und versuche, ihn zu öffnen, aber meine Hände zittern.

      »Warte«,