„Bastard“, stieß der Indianer auf spanisch hervor. „Stirb!“
Yalic hatte sich wieder aufgerappelt, kroch durch den Raum und suchte nach den Hartholzmessern. Im Licht der Öllampen konnte er sie so schnell nicht finden, entdeckte aber zwei gekreuzte Säbel, die an der Querwand der Kammer befestigt waren. Ein Teil von Hasards Waffensammlung. Yalic riß den einen Säbel herunter, fuhr herum und grinste siegesgewiß.
Hasard konnte nichts gegen ihn unternehmen, er hatte genug mit Tezoura zu tun. Der Kerl preßte ihm wahrhaftig die Luft ab. Es dröhnte bereits in Hasards Kopf, dunkle Schemen begannen vor seinen Augen zu tanzen. In der Lunge stach es, als steckten Nadeln darin.
Hasard ließ Tezouras Arme los. Er führte beide Hände ein Stück tiefer, ließ sie neben den Hüften des Indianers verharren und drehte sie um. Er hieb mit größter Wucht zu, und seine Handkanten trafen die Seiten des Burschen.
Tezoura keuchte entsetzt. Seine Augen weiteten sich. Der Druck seiner Hände ließ nach, er nahm sie von Hasards Hals und krümmte sich unter dem Schmerz, der seinen Leib durchflutete.
Der Seewolf holte mit der rechten Faust aus, zog sie hoch und knallte sie ihm unters Kinn. Tezoura taumelte zurück und ruderte dabei verzweifelt mit den Armen.
Yalic stand nicht weit hinter ihm. Er hatte die Situation voll auskosten wollen und pirschte mit dem erbeuteten Säbel auf Hasard zu. Bevor Hasard zu ersticken drohte, hatte er ihn mit der Klinge töten wollen, und er war mit so blindwütigem Eifer in seinen Plan verbissen, daß er zu spät auf den Wandel der Lage reagierte.
Tezoura stolperte genau in den Säbel.
Yalic riß die Waffe zurück und stieß einen erschütterten Laut aus. Es war zu spät. Tezoura drehte sich halb im Hinstürzen. Als er auf dem Bauch lag, konnten die beiden Gegner deutlich die klaffende Wunde in seinem Rücken erkennen.
„Das wirst du mir büßen“, zischte Yalic in seinem gebrochenen Spanisch.
Hasard griff mit der rechten Hand an die linke Hüfte. Seine Finger schlossen sich um den Degengriff. Er konnte den goldenen Handkorb fühlen. Mit entschlossenem Ruck zog er die Waffe aus der Scheide.
Yalic senste ein paarmal mit dem Säbel durch die Luft, als gelte es, Korn zu mähen. Das Geräusch, das dabei entstand, klang beeindrukkend. Das war aber auch alles. Er war kein großer Fechter. Daran änderte auch all das nichts, was Sabreras den Serranos an Fechtkunst beigebracht hatte.
Hasard bremste Yalics Sturm durch eine schulmäßige Parade. Die Klingen kreuzten sich klirrend, Metall scharrte so hart über Metall, daß die Funken stoben. Yalic hieb mit voller Wucht zu, und seine Absicht dabei war klar: Er wollte mit dem Säbel den dünneren Degen des Seewolfs zerschmettern.
Soweit ließ Hasard es nicht kommen. Er wehrte die wilden Attacken elegant ab und riß den Degen immer dann hart an sich, wenn Yalic ihn zu zerhacken trachtete. Das brachte den Indianer noch mehr in Raserei.
Schritte polterten heran.
Jemand stürmte durch den Gang. Hasard hörte, daß es mehrere Männer waren, dann vernahm er einen Fluch, den nur Carberry ausgestoßen haben konnte.
Der Profos nahte, um das Verschwinden der zwei Indianer zu melden. Hinter ihm liefen Bob Grey und Stenmark. Als sie das Klirren und Krachen der Klingen vernahmen, beschleunigten sie ihren Schritt noch und stürzten dann in die Kapitänskammer. Carberry rammte die Tür mit solcher Gewalt auf, daß sie innen gegen die Wand knallte.
„Zurück!“ schrie der Seewolf. „Wir tragen es allein aus. Ich brauche keine Hilfe.“
Carberry stand plötzlich da wie vom Donner gerührt. Er breitete die Arme aus und hielt Bob und Stenmark zurück.
„Aye, Sir“, murmelte er, dann: „Wir brauchen nicht mehr zu suchen, Jungs. Da sind die beiden Rothäute ja.“
Sir John, der karmesinrote Aracanga, hatte seine Nachtruhe ebenfalls abgebrochen und hockte auf der mächtigen Schulter des Profos’.
„Fahr zur Hölle“, krächzte er. „Himmel, Arsch und Zwirn.“
Yalic war verunsichert, er wankte zurück und geriet in Bedrängnis. Hasard ließ den Degen vorzucken, traf seine rechte Hand und zeichnete mit der Klingenspitze ein Muster darauf. Yalic schrie auf. Der Seewolf setzte nach und hieb gegen den Säbel. Unversehens taumelte der Säbel durch die Luft. Er senkte sich auf den Boden der Kammer und blieb zitternd darin stecken.
Yalic wich zur Wand zurück. Er stand mit abgewinkelten Armen und gespreizten Beinen, raffte den ganzen Rest Tapferkeit zusammen, der ihm geblieben war, und rief: „Töte mich, Lobo del Mar!“
Hasard trat dicht vor ihn hin, packte ihn und zog ihn zu sich heran.
„Wer hat dich dazu aufgewiegelt, hier einzudringen, du Narr?“ fragte er ihn auf spanisch.
„Hidduk …“
„Du lügst!“
„Ich schwöre es“, beteuerte der Indianer.
„Sir“, sagte Carberry. „Dieser andere Bursche – die rechte Hand von Hidduk – hat sich mit Koka vollgepumpt, wie es scheint, und vorhin taumelte er auf die Kuhl. Aber ich glaube, das Ganze war bloß ein Trick, um die Deckswache von diesen beiden hier abzulenken.“
„Bestimmt.“ Hasard blickte Yalic kalt an. „Chumash. Er hat euch den Befehl gegeben, an der Außenhaut des Schiffes entlangzuhangeln und es mir zu besorgen.“
„Ja, du Hund!“ schrie Yalic.
Hasard stieß ihm die Faust unters Kinn, und er sank an der Kammerwand zu Boden.
„Stenmark und Bob, ihr paßt auf ihn auf“, sagte der Seewolf. „Ed, wir beide laufen zum Vordeck und stellen Chumash zur Rede.“
Er hatte den Degen weggesteckt, wandte sich von dem bewußtlosen Yalic ab und eilte zur Tür. Carberry drehte auf dem Stiefelabsatz um. Sie hetzten nach vorn. Auf halbem Weg stießen sie im Gang auf Big Old Shane, den alten O’Flynn, Ben Brighton und Ferris Tucker, die inzwischen auch auf den Beinen waren.
„Was wird denn hier gespielt?“ rief Old O’Flynn. „Seid ihr nicht mehr ganz dicht, oder laufen wir auf Grund?“
„Schlimmer“, stieß der Profos hervor. „Die Indianer wollten Hasard umbringen.“
„O verdammt“, sagte O’Flynn.
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