Seewölfe Paket 17. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397754
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      »Sag bloß, du hast Mitleid mit ihm.«

      »Nicht die Spur«, erwiderte Piet hart. »Er hat es verdient. Es ist bloß schade, daß wir nicht auch von Saxingen erwischt haben.«

      »Weit kann er noch nicht gelangt sein!« stieß Dan hervor. »Warte!«

      Er lief zu dem Verschlag neben der Hütte. Hier brauchte er nicht lange zu suchen. Er fand im Sattelgepäck der beiden Junker ein Seil, das die richtige Länge hatte, kehrte damit in die Hütte zurück, rollte es auseinander und half Piet endlich aus dem Gefängnis heraus.

      »Den Kerl lassen wir da unten liegen«, sagte Dan. »Wir haben jetzt keine Zeit, um ihn zu beerdigen. Los, wir satteln und zäumen zwei von den drei Pferden, die in dem Verschlag stehen. Wir haben als Waffen eine Pistole und eine Muskete – und unsere Entermesser, die drüben bei den Pferden liegen. Munition ist auch genügend vorhanden.«

      »Gut so«, sagte Piet grimmig. »Mehr brauchen wir auch nicht. Beeilen wir uns.«

      Sie stürmten aus der Hütte, ließen die Tür offen und eilten zu den Pferden. Sie wählten wieder die beiden Tiere aus, mit denen sie von Rügenwaldermünde aus die Verfolgung der Kerle aufgenommen hatten. So schnell es ging, warfen sie ihnen die Sättel über, zurrten die Gurte fest, legten ihnen das Zaumzeug an und überprüften noch einmal, ob alles seinen festen Sitz hatte.

      Dann saßen sie auf und preschten aus dem Verschlag. Dan hatte die Pistole nachgeladen. Die Muskete war ebenfalls geladen, wie Piet feststellte. Sie konnten Erich von Saxingen nachjagen.

      Im Morgenlicht vermochte Dan die Spuren, die von dem Baum wegführten, deutlich zu erkennen. Sie hatten keine Schwierigkeiten, der Fährte zu folgen. Sie führte in den Wald.

      Mit trommelnden Hufen drangen die Pferde in den Wald ein. Dan und Piet duckten sich unter niedrighängenden Baumästen und verharrten in dieser Haltung. Sie stemmten sich leicht in den Steigbügeln hoch, um die Tiere ihr Gewicht so wenig wie möglich spüren zu lassen. So ging die wilde Jagd nach Süden, und sie erreichten einen Pfad, dessen Verlauf sie mühelos folgen konnten.

      Die Pferde waren ausgeruht und liefen sehr schnell. Erich von Saxingens Tier hingegen hatte schon den Weg hinter sich, den es in aller Frühe hatte zurücklegen müssen. Dan und Piet setzten darauf, daß es bald die ersten Erschöpfungserscheinungen zeigen würde. Diesen Vorteil mußten sie ausnutzen. Gleichzeitig aber mußten sie darauf achten, daß sie nicht wieder in eine Falle rasten, wie es am Vortag der Fall gewesen war. Wenn von Saxingen ihnen irgendwo auflauerte und sie es nicht rechtzeitig genug bemerkten, konnte es wieder eine böse Überraschung für sie geben.

      Doch das Risiko nahmen sie auf sich. Sie mußten ihn fassen, um jeden Preis. Er durfte ihnen nicht entwischen. Sie wollten Vergeltung für den Tod der Freiin von Lankwitz. Wenn Erich von Saxingen jetzt vor ihnen auftauchte, dann hing sein Leben nur noch an einem seidenen Faden.

      8.

      Plymmie, die Wolfshündin, hatte ihre Nase auf den feuchten Boden gesenkt. Aufgeregt schnuppernd eilte sie auf und ab und suchte nach der Spur. Plötzlich blieb sie stehen. Ihr Schwanz zitterte.

      »Sie hat was gefunden!« stieß Hasard junior hervor.

      »Sei still«, sagte sein Bruder Philip. »Du störst sie nur.«

      Von ihren Pferden aus beobachteten sie die Arbeit der Hündin, die jetzt tatsächlich eine Witterung aufgenommen zu haben schien. Sie würde ihnen, so wußten sie, einen unschätzbaren Dienst erweisen, wenn sie sie wirklich bis zu dem Versteck Erich von Saxingens und Bruno von Kreyes führte.

      Schweigend verfolgte der Seewolf vom Sattel seines Pferdes aus, wie Plymmie mit fast verzweifeltem Eifer dabei war, die Richtung zu finden, die sie einschlagen mußten. Die kleine Gruppe befand sich etwa eine halbe Meile südlich von Rügenwalde, die Gebäude waren noch zu sehen. Nils Larsen war mit bei der Gruppe, weil Hasard ihn möglicherweise als Dolmetscher brauchte, außerdem Batuti – als Spurenleser – und Matt Davies, der sich mit mehreren Musketen und Tromblons behängt hatte, um im Falle eines Kampfes ein schweres Feuer auf die Gegner eröffnen zu können.

      Die Zwillinge wurden gebraucht, weil Plymmie auf ihren Befehl hörte. Schließlich waren sie es gewesen, die das Tier in Abo vor einer Horde von Gassenjungen gerettet hatten. Seitdem befand Plymmie sich an Bord der »Isabella« – als drittes Tier neben Arwenack, dem Schimpansen, und Sir John, dem karmesinroten Aracanga – und gehorchte den Jungen aufs Wort.

      Plymmie wandte sich nach Süden und schien ihrer Sache sicher zu sein. Bald begann sie zu laufen – wie ein Jagdhund, der die Fährte eines Wildes entdeckt hat. Die vier Männer und die Jungen folgten ihr.

      Knapp eine Stunde nach dem Verschwinden Erich von Saxingens von der Pier in Rügenwaldermünde waren sie aufgebrochen, um sich an seine Fersen zu heften. Doch natürlich durften sie sich ihm nicht zeigen und mußten mit äußerster Vorsicht auf Distanz bedacht sein.

      Alles hing jetzt von Plymmie ab, und selbstverständlich auch von Batuti, der sich schon in vielen Fällen als ausgezeichneter Spurenleser erwiesen hatte.

      Nach einem etwa viertelstündigen Ritt stießen sie auf den kleinen Fluß Grabow. Hufabdrücke führten zum Wasser hinunter. Plymmie folgte ihrem Verlauf. Die Männer und die beiden Jungen ritten in das Wasser. Es war nicht sehr hoch und reichte den Pferden knapp über die Fesseln.

      Plymmie war bereits auf der anderen Seite angelangt, blieb stehen und knurrte. Sie schien die Witterung verloren zu haben und war darüber erbost. Geschäftig lief sie auf und ab und hielt die Nase wieder dicht über dem Boden.

      »Vielleicht ist er dem Fluß gefolgt, um uns irrezuführen«, sagte Hasard. »Er könnte sich ausgerechnet haben, daß wir uns an seine Fersen heften.«

      »Nein«, sagte Nils. »Das glaube ich nicht. Viel wahrscheinlicher ist, daß es zwei Fährten gibt – die von gestern abend, als Dan und Piet den Kerlen nachgejagt sind, und die von heute morgen.«

      Plymmie verharrte, schnüffelte und gab einen winselnden Laut von sich. Sie wandte sich nach Süden und begann wieder in dem Tempo zu laufen, das sie auch zuvor beibehalten hatte.

      »Dad«, sagte Philip junior. »Das ist das untrügliche Zeichen dafür, daß sie ihrer Sache wieder sicher ist. Sie hat von Saxingens Geruch in der Nase.«

      »Den Gestank, wolltest du wohl sagen«, korrigierte ihn Batuti mit grimmiger Miene.

      Sie trieben ihre Pferde wieder an, verließen den Grabowfluß und ritten nach Süden. Plymmie blieb weiter auf der Spur und schien von dem, was sie tat, wirklich überzeugt zu sein. Sie stoppte jetzt nicht mehr ab.

      Erst in dem Erlengehölz, in dem Dan und Piet in die Falle gegangen waren, hielt sie wieder an. Hasard, Batuti, Nils, Matt und die Zwillinge zügelten ihre Pferde und verfolgten gespannt, was weiter geschah.

      Plymmie begann anhaltend zu winseln. Sie schaute zu den Jungen auf, sprang hoch, lief auf und ab und gebärdete sich wie verrückt.

      Die Männer blickten sich untereinander an. Hasard gab dem Gambia-Mann ein Zeichen, und dieser saß ab, bückte sich über den Boden und untersuchte jeden Zollbreit.

      »Hier muß es passiert sein«, sagte er dumpf. »Plymmie wittert Dan und Piet. Jawohl, so muß es sein. Ein Tau wurde gespannt, der Abdruck ist zu sehen. Dan und Piet prallten dagegen, stürzten und wurden niedergeschlagen.«

      »Gut, Batuti«, sagte der Seewolf. »Jetzt wissen wir also auch, wie es von Saxingen und seinem Kumpan gelang, die beiden zu überwältigen. Auf die übliche gemeine Tour – sie haben ihnen eine Falle gestellt.«

      Philip junior war ebenfalls aus dem Sattel gerutscht. Er beruhigte Plymmie, streichelte sie und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Die Hündin schnürte wieder auf dem Untergrund hin und her, nahm die Spur von neuem auf und lief weiter – wieder in die südliche Richtung.

      Batuti und der Junge saßen auf, der Ritt ging weiter. Kein Wort wurde gewechselt, die Spannung wuchs von Minute zu Minute.