Homilien über den Brief an die Hebräer. Johannes Chrysostomos. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Johannes Chrysostomos
Издательство: Bookwire
Серия: Die Schriften der Kirchenväter
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783849660178
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erschlafften Hände und die wankenden Kniee und macht gerade Tritte!“24 Und wieder: „Denn Gott ist nicht ungerecht, daß er vergessen sollte eures Thuns und der Liebe.“25 Die Seele wird nämlich, wenn sie von vielen Versuchungen ergriffen wird, oft vom Glauben abgezogen; darum gibt er die Mahnung, festzuhalten an dem Gehörten (den empfangenen Heilslehren) und nicht ungläubigen Herzens zu sein. Darum redet er auch in diesem Briefe besonders viel über den Glauben und zeigt zu diesem Ende in vielen Beispielen, daß auch Jenen (den Vätern) nicht alsbald die Güter gegeben wurden, die ihnen verheissen waren. Und damit sie überdieß nicht wähnen möchten, daß sie ganz verlassen seien, empfiehlt er folgende zwei Stücke: Erstens Alles, was da kommen mag, muthig zu ertragen; dann zuversichtlich die Vergeltung zu erwarten; denn Gott werde weder den gerechten Abel noch die anderen Gerechten der Folgezeit unbelohnt lassen. Er tröstet sie aber auf dreifache Weise: Erstens durch die Leiden, welche Christus erduldet hat, der da selber spricht: „Der Knecht ist nicht größer als sein Herr;“26 zweitens durch die Güter, welche für die Gläubigen hinterlegt sind; drittens durch die Übel. Und er bekräftigt Das nicht bloß durch das Zukünftige, was weniger überzeugt hätte, sondern auch durch das Vergangene, was ihren Vätern begegnet war. Dasselbe thut auch Christus, indem er spricht: „Der Knecht ist nicht größer als sein Herr;“ und wieder: „Viele Wohnungen sind bei dem Vater,“27 und beklagt das unsägliche Elend Derjenigen, die nicht geglaubt haben. Er redet auch viel über das alte und neue Testament, was ihm sehr nützte, um von der Auferstehung zu überzeugen. Und damit sie etwa nicht ob seiner beiden Zweifel an seiner Auferstehung schöpfen könnten, beweist er dieselbe aus den Propheten und zeigt, daß nicht das Judenthum, sondern das Christenthum ehrwürdig sei. Und weil der Tempel mit seinen Opfern noch stand, sagte er: „Lasset uns nun hinausgehen ausserhalb des Lagers und seine Schmach tragen.“28 Es stand ihm aber auch Dieses entgegen: Es war natürlich, daß Einige sagten: Wenn Das nur Schatten und Bild ist, warum ist es nicht vorübergegangen und gewichen, als die Wahrheit erschien, sondern blühet noch fort? Leise deutet er an, daß Dieß seiner Zeit geschehen werde. Daß sie aber lange Zeit im Glauben und in den Trübsalen ausharrten, erklärt er in den Worten: „Denn die ihr Lehrer sein sollet der Zeit nach;“29 und: „Daß nicht in Einem von euch sei ein böses, ungläubiges Herz;“30 und: „Ihr seid Nachahmer geworden Derjenigen, welche durch Glauben und Geduld Erben der Verheissungen wurden.“31

      Fußnoten:

      1. Röm 11,13.14

      2. Gal 2,8

      3. Apg 22,21

      4. Apg 21,20

      5. Apg 22,18

      6. Apg 22,19.20

      7. Apg 21,20

      8. 1 Kor 1,17

      9. Röm 9,3. Ἀνάϑεμα γενέσϑαι - im Banne sein, mit dem Vertilgungsfluche beladen werden - ist die Formel der kirchlichen Verdammung. Ἀνάϑεμα bedeutet ursprünglich ein Weihegeschenk, das der Gottheit gebracht wurde, und ist die Uebersetzung des hebräischen חדם. Dieß bedeutet aber hauptsächlich solche Personen oder Sachen, die der Gottheit devovirt, ihrem Strafgerichte unwiderruflich verfallen sind, z. B. die Kanaaniter, ihre Städte, ihr Hab und Gut. Es schließt also den Begriff der Vertilgung in sich. Auf's Christenthum übertragen verliert es nun natürlich jenen äusserlichen Charakter, erhält aber eine um so intensivere geistige Bedeutung: es bezeichnet den Ausschluß von den Gnadengütern Christi oder die ewige Verdammniß. Vrgl. Al. Meßmer, Erklärung des Briefes an die Galater S. 24.

      10. Hebr 13,23

      11. 2 Tim 4,6

      12. 2 Tim 4,16

      13. 1 Thess 2,14

      14. Hebr 10,34

      15. Röm 15,25

      16. 1 Kor 16,4

      17. Gal 2,10

      18. Gal 2,9

      19. Apg 18,17

      20. Apg 23,5

      21. Hebr 12,12

      22. Hebr 10,37

      23. Hebr 12,8

      24. Hebr 12,12.13

      25. Joh 15,20

      26. Joh 15,20

      27. Joh 14,2

      28. Hebr 13,13

      29. Hebr 5,12

      30. Hebr 3,12

      31. Hebr 6,12

      Erste Homilie.

       I.

       Kap. I.

      

       1. 2. Mannigfaltig und auf vielerlei Weise hat einst Gott zu den Vätern durch die Propheten geredet, zuletzt hat er in diesen Tagen zu uns durch den Sohn geredet, den er zum Erben des All gesetzt, durch den er auch die Welt gemacht hat.

      „Wirklich, als die Sünde überschwenglich war, wurde die Gnade noch überschwenglicher.“1 Auf diese Wahrheit deutet der heilige Paulus auch hier im Eingange seines Briefes an die Hebräer hin. Denn weil diese von Mühen und Beschwerden fast aufgezehrt waren und darnach die Dinge beurtheilten, und für sie der Schluß nahe lag, daß sie selbst geringer als alle Anderen wären: so zeigt er, daß sie einer viel größern, ja überschwenglichen Gnade gewürdiget seien, und gibt gleich in den ersten Worten des Briefes dem Zuhörer eine besondere Anregung. Darum sagt er: „Mannigfaltig und auf vielerlei Weise hat einst Gott zu den Vätern durch die Propheten geredet, zuletzt hat er in diesen Tagen zu uns durch den Sohn geredet.“ Warum stellt er sich selber den Propheten nicht gegenüber? War er doch weit größer als diese, da ihm Größeres anvertraut war. Das thut er aber nicht. Warum? Erstens, weil er sich selber nicht rühmen wollte; zweitens, weil die Zuhörer noch nicht die nöthige Reife besaßen; drittens, weil er sie zu heben beabsichtigte und zeigen wollte, daß sie einer großen Auszeichnung theilhaftig würden, - als wollte er sagen: Was Großes liegt darin, daß Gott zu unseren Vätern die Propheten gesandt, da er uns seinen eigenen eingebornen Sohn geschickt hat? - Recht schön beginnt er mit den Worten: „Mannigfaltig und auf vielerlei Weise;“ denn er zeigt, daß nicht einmal die Propheten Gott geschaut haben, wohl aber der Sohn ihn geschaut hat. Denn der Ausdruck: „Mannigfaltig und auf vielerlei Weise“ hat die Bedeutung: in verschiedenen Gesichten und Gleichnissen; denn er spricht: „Ich mehre die Gesichte und erscheine in Gleichnissen durch die Propheten.“2 Das ist also nicht der einige Vorzug, daß zu Jenen zwar Propheten gesandt wurden, zu uns aber der Sohn, sondern daß auch keiner der Propheten Gott geschaut hat, wohl aber der eingeborne Sohn. Das aber schreibt er nicht gleich im Anfang, sondern beweist es erst im Folgenden, wo er von der Menschheit (Christi) spricht: „Denn zu welchem der Engel sprach Gott je: Du bist mein Sohn?“ und: „Setze dich zu meiner Rechten.“3 Betrachte seine große Klugheit. Zuerst zeigt er die durch die Sendung der Propheten ihnen gewordene Auszeichnung, und nachdem er Dieß als Thatsache dargelegt hat, beweist er das Übrige, daß nämlich Gott zu Jenen durch die Propheten, zu uns aber durch seinen Eingeborenen gesprochen. Hätte er aber sogar durch Engel zu ihnen geredet (und in der That haben Engel mit ihnen verkehrt), so hätten wir auch in dieser Beziehung den Vorzug, und zwar in so weit, als zu uns der Herr, zu Jenen aber die Diener geredet; denn die Engel sind wie die Propheten nur Diener. Schön spricht er auch: „Zuletzt in diesen Tagen;“ denn auch Das richtet sie auf und tröstet sie in ihrer Betrübniß; wie er denn auch an einer anderen Stelle schreibt: „Der Herr ist nahe, seid nicht ängstlich besorgt;“4 und wieder: „Denn jetzt ist unser Heil näher, als da wir gläubig wurden;“5 so auch hier. Was will nun Paulus damit sagen? Daß ein Jeder, der im Kampfe seine Kräfte erschöpft hat, sobald er das Ende des Kampfes