Seewölfe - Piraten der Weltmeere 264. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954396603
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      Hamed, Jussuf und die anderen schlossen sich ihm an. Muley Salah war ihr Anführer, er hatte das Zepter fest in der Hand und bestimmte, was zu tun war. Er war der Kapitän eines der Piratenschiffe gewesen, und außer Hamed hatten die anderen Kerle alle zu seiner Mannschaft gezählt.

      Bald zügelte Muley Salah wieder sein Kamel und begann, leise vor sich hin zu fluchen.

      „Der Scheitan soll diese dreckigen Hunde holen“, sagte er. „Sie halten nicht an. Hamed, bist du immer noch der Ansicht, daß sie vor Anker gehen wollen?“

      Hamed verhielt neben ihm und kaute auf der Unterlippe herum. Er suchte nach Worten und war bemüht, keine falsche Antwort zu geben. Muley Salah war ein unberechenbarer Mann, der auch seinen Kumpanen gegenüber sehr ungemütlich werden konnte.

      „Nun“, erwiderte er darum vorsichtig. „Bislang haben sie es immer getan. Warum sollten sie ausgerechnet heute nacht ihre Gewohnheiten ändern?“

      Muley Salah hatte einen Finger angefeuchtet und hielt ihn jetzt in die Luft. Er nahm ihn wieder herunter und zischte: „Ganz einfach. Der Wind ist viel zu günstig, als daß sie ihn einfach verschenken dürfen. Leuchtet dir das ein?“

      „Du bist ein erfahrener Seefuchs, Muley Salah, ich nicht.“

      „Schmier mir keinen Honig ums Maul“, sagte Muley Salah. „Tatsache ist, daß die Bastarde von Giaurs stur weitersegeln. Und wir müssen ihnen folgen, eine andere Wahl haben wir nicht.“

      Er teilte dies auch den anderen mit, und sie begannen alle verhalten zu fluchen. Weiter zog die kleine Karawane, und nicht sehr viel später konnten alle sieben Kerle sehr deutlich die Position der Sambuke erkennen, denn dort war inzwischen eine kleine Feuerstelle entfacht worden, auf der abgekocht wurde. So wies ihnen ein winziges Fanal den Weg durch die Dunkelheit, der immer weiter nach Westen führte.

      Das Schimpfen der Araber riß nicht ab. Sie verwünschten die Giaurs immer wieder in die tiefsten Schlünde der Hölle, wo Scheitan hohnlachend die Glut unter den Kesseln anheizte.

      Es war ja schließlich auch ein Unterschied, ob man Stunde um Stunde im Kamelsattel sitzen mußte oder wachwechselweise an Bord eines Schiffes segelte, wobei man sogar noch warme Mahlzeiten zu sich nehmen konnte.

      Die Kamele waren zwar zähe Tiere – allen voran Hameds Mehari –, doch auch an ihren Kraftreserven zehrte der nächtliche Ritt allmählich. So manches Mal waren die Männer in den Sätteln versucht, eine Ruhepause einzulegen, doch Muley Salah trieb sie unerbittlich voran und duldete keine Widerworte.

      Denn er wußte, was ihm blühte, wenn Uluch Ali erfuhr, daß sich die Christenhunde einen Teil der Schätze aus dem Wrack geholt und vereinnahmt hatten. Dann würde sehr wahrscheinlich sein Kopf rollen, und er hatte keine Chance mehr, sich aus der Affäre zu ziehen.

      Uluch Ali sah alles, hörte alles und wußte alles – Muley Salah mußte sich sehr beeilen und versuchen, so schnell wie möglich die Schatzkisten an Bord der Sambuke wieder an sich zu bringen. Gelang ihm das nicht, konnte er auch mit der Gnade Allahs nicht mehr rechnen.

      Old O’Flynn hatte den Befehl über die erste Morgenwache am 5. Juni. Er registrierte mit Genugtuung, daß es wieder ein schöner Tag mit wolkenlosem Himmel wurde. Auf dem Wasser war die Hitze erträglich. Solange der Wind weiterhin günstig blies und die Luft erfrischte, konnte man sicher sein, daß das Leben an Bord der Sambuke weiterhin angenehm blieb.

      „Wir laufen immer noch gute Fahrt“, sagte er nach einem prüfenden Blick auf die Segel zu seinen Kameraden. „Wenn das so bleibt, sind wir bald an Tunis vorbei und kriegen in den nächsten Tagen schon die Balearen zu sehen.“

      Dies gab den Männern erneut Auftrieb. Sie dachten daran, was sie seinerzeit auf Mallorca mit Sigrid, der Deutschen, und den anderen Frauen erlebt hatten, die sie in Marokko aus einem Harem befreit hatten. Trotz des Ärgers, den sie damals mit ihren Verfolgern gehabt hatten, war es doch ein höchst amüsantes Abenteuer geworden, als sie erst einmal die Balearen erreicht hatten.

      Sam Roskill seufzte, dann grinste er. „Was wohl aus den Ladys geworden ist. Was meinst du, Bob, ob wir sie irgendwo im Mittelmeer wiedertreffen?“

      „Das glaube ich kaum“, erwiderte Bob Grey. „Kabil, dem wir in Ägypten begegnet sind, hatte sich in Südfrankreich von ihnen getrennt. Sie werden wohl irgendwo in Europa sein.“

      „Genau wußte Kabil das aber auch nicht“, wandte Al Conroy ein.

      Sam grinste immer noch. „Eben. Wer weiß, ob uns die lieben Mädchen nicht südlich von Sardinien über den Weg laufen und unseren Kurs kreuzen! Das wäre ein Fest, was Al?“

      „Na klar. Wann haben wir eigentlich zuletzt einen europäischen Frauenrock gesehen?“ fragte Al.

      „Das mag ich gar nicht nachrechnen“, brummte Bob. „Jedenfalls ist es eine halbe Ewigkeit her.“

      „Ihr Stinte“, sagte Old O’Flynn. „Könnt ihr über nichts anderes als über Weiber reden?“

      „Im Moment nicht“, antwortete Sam. „Das ist bei uns nun mal das besondere Thema, Donegal. Bei dir nicht, das können wir durchaus verstehen, aber ...“

      „Bei mir nicht?“ fiel der Alte ihm ins Wort. Plötzlich fühlte er sich in seiner Ehre als Mann berührt. „Wie soll ich das auffassen? Hör mal, Mister Roskill, ich mag zwar ein Holzbein und auch schon ein paar Jährchen mehr als ihr auf dem Buckel haben, aber deswegen bin ich noch lange kein Methusalem, oder wie der Kerl heißt. Bei mir ist noch alles in Ordnung, kapiert?“

      Jetzt wurde Sam doch endlich ernst. „Natürlich, Donegal. Ich wollte dich auch nicht beleidigen.“

      „Dann ist ja alles in Ordnung“, knurrte der Alte. „He, ist noch was von dem gebratenen Fisch da?“

      Bob Grey nickte und reichte ihm eine Portion von dem, was sie in der Nacht zubereitet hatten. Fisch zum Mittagessen, zum Abendbrot und auch zum Frühstück – eigentlich waren sie dieser Art der Verpflegung allmählich überdrüssig und fragten sich, ob sie in der Bucht von Kanais nicht doch etwas zu eifrig geangelt hatten. Doch andererseits hielten sie sich auch immer wieder vor Augen, daß sie froh sein mußten, überhaupt genug Proviant an Bord zu haben.

      Old O’Flynn schob sich seine Ration also unverdrossen zwischen die Zähne und fragte zwischen zwei Bissen: „Ist das nun Zahnfisch oder Mittelmeerbarsch?“

      „Es ist Umber, glaube ich“, entgegnete Al Conroy.

      „Ist ja auch egal“, brummte der Alte. „Schmeckt nicht schlecht. Wer gibt mir eine Muck Wasser?“

      „Ich“, sagte Bob Grey. „Mit einem Schuß Rum darin?“

      „Nein, ohne“, erwiderte Old O’Flynn. „Wenn nachher wieder die Sonne auf die See runterbrennt, will ich einen klaren Kopf haben. Bei Tag schadet einem der Rum nur.“ Ziemlich angriffslustig sah er plötzlich Sam Roskill an. „Stimmt’s, oder ist das auch eine Alterserscheinung von mir?“

      „Nein, Sir“, sagte Sam grinsend. „Mir geht es da genauso wie dir.“

      „Na fein. Dann verstehen wir uns ja mal wieder“, sagte der Alte trokken. Mittags passierten sie nach einer Fahrt von gut hundertsechzig Meilen in vierundzwanzig Stunden die Bucht von Sollum und Ras el Milh, wie Ben anhand der ihnen zur Verfügung stehenden Karten feststellte.

      In einem winzigen Küstenort bei Ras el Milh waren unterdessen auch die unbekannten und unsichtbaren Verfolger der Seewölfe eingetroffen. Sie legten eine kurze Zwangspause ein, weil sie unbedingt ihre Kamele wechseln mußten – doch davon ahnten Ben und seine sieben Kameraden nach wie vor nichts.

      Ben richtete nur seinen Blick nach Nordosten, hob leicht den Kopf an und sagte: „Ich fürchte, der Wind läßt bald nach. Richten wir uns darauf ein, daß der nächste Törn nicht ganz so schnell verläuft.“

      Seine Voraussage sollte sich wenig später bestätigen.

      Muley Salah und seine sechs Begleiter hatten ein recht günstiges Tauschgeschäft abgeschlossen