„Verdammt!“ schrie er. „Ist das nicht ein lausiger Nigger?“
„Ein Neger“, verbesserte Carberry und warf Batuti gleich einen warnenden Blick zu, damit der nicht vorzeitig explodierte und die Beleidigung gelassen schluckte.
„Ja, verflucht noch mal!“ brüllte der Profos jetzt so laut, daß man es über alle Decks hören konnte. „Das hier ist ein Schiff der königlichen Royal Navy und kein Affenzoo. Wie kann euer Kapitän es wagen, so einen Kerl zu uns an Bord zu schikken!“
Batuti wurde grau im Gesicht und fing Carberrys zweiten warnenden Blick auf, der soviel bedeutete, daß ein Kerl wie dieser lausige Profos Batuti niemals beleidigen könne.
„Jetzt haben wir auch noch einen Affen an Bord“, tobte der Profos. „Was frißt er denn? Gras oder Mäuse? Oder ist er ein Dreckfresser?“
Er wollte noch etwas hinzufügen, noch mehr Schmähungen und Beleidigungen, doch da ertönte vom Achterdeck eine indigniert klingende Stimme.
„Profos“, sagte der Earl, der sich durch die Anwesenheit eines „Niggers“ ebenso gekränkt fühlte wie die übrigen Herren vom Achterdeck, die mißbilligend und voller Abscheu auf Batuti starrten.
Der Profos raste ein Deck weiter und sah den Earl fragend an, der jetzt den Finger erhoben hatte und auf die Kuhl deutete.
„Was ist das für ein Subjekt?“ fragte er angewidert.
„Ein Bastard, Sir, ein Nigger.“
„Das war wohl die Rache dieses Killigrew“, schnarrte der Earl. „Schickt uns eine Mißgeburt an Bord, obwohl ich befahl, nur gutes und sauberes Material zu selektieren.“
Batuti stand immer noch ganz ruhig da. Er hatte die Augen geschlossen, was nach außen hin eine demütige Haltung erweckte, aber bezwekken sollte, daß man seine unbeschreibliche Wut nicht sah, denn noch war die „Isabella“ nicht aus dem Gefahrenbereich.
Den anderen Seewölfen lief die Galle über, besonders dem explosiven Hitzkopf Luke Morgan, den Carberry nur dadurch besänftigte, daß er ihm wie unabsichtlich einen seiner riesigen Torfkähne auf die Stiefel stellte und Luke auf diese Art buchstäblich auf den Planken festhielt.
Der Earl blickte noch einmal zur Kuhl, sah dann naserümpfend zu den anderen eitlen Fatzken und sagte leise etwas zum Ersten Offizier, wobei er den Blick nochmals zur Kuhl richtete.
Zu diesem Zeitpunkt war die „Isabella“ knapp zwei Kabellängen von der „Goliath“ entfernt.
„Geben Sie ihm fünf Hiebe mit der Neunschwänzigen, Profos“, befahl der Erste hart. „Damit dieses Subjekt geläutert wird und künftig weiß, wie es sich auf einem Schiff der Navy zu benehmen hat.“
Noch bornierter und menschenverachtender geht es wirklich nicht mehr, dachte der Profos. Sie wollen einen bis in die Knochen ehrlichen und gutmütigen Kerl auspeitschen, nur weil er eine andere Hautfarbe hat.
„Aye, aye, Sir!“ brüllte der Schlächter. „Fünf Hiebe mit der Neunschwänzigen, Sir!“
Der Profos drehte sich auf den Hacken um und brüllte nach der Neunschwänzigen. Ein kleiner krummbeiniger Kerl brachte sie ihm aus einem Kasten, unterhalb der Nagelbank.
„Jetzt geht’s los“, flüsterte Carberry, „ich nehme das Rübenschwein persönlich zur Brust. Shane, du schnappst dir den Earl und kitzelst ihn ein bißchen. Die anderen stürmen das Achterdeck. Haut jedem kräftig was auf sein durchlauchtes Maul. Aber wartet meinen Angriff ab.“
Niemand antwortete, sie nickten nur unmerklich und hatten die Hände unauffällig dort, wo die Pistolen steckten.
Der Profos mit der fürchterlichen Visage zog die Peitsche unter der Achsel durch, dann noch einmal durch die linke Hand.
„Vortreten, Nigger!“ befahl er rauh. „Damit du weißt, wie es einem schwarzen dreckigen …“
Carberry trat vor. Er atmete ganz flach, ein Zeichen, daß alles bei ihm auf Alarm stand.
„Du doch nicht“, knurrte der Profos sauer. „Der Nigger da!“
Was dann folgte, hatte es auf der „Goliath“ noch nie gegeben, selbst die Meuterei war dagegen nur ein Klacks gewesen.
„Diesmal bin ich der Nigger“, sagte Ed zu seinem „Kollegen“, mit dem er nichts, aber auch gar nichts gemeinsam hatte, nicht einmal das fürchterliche Aussehen.
Dann schoß seine geballte Rechte vor, ein Hieb, der Schiffsplanken zertrümmerte und in dem alle Beleidigungen auf einmal steckten, die der Profos Batuti zugedacht hatte.
Nach dem Motto: Einer für alle, knallte dem Profos ein Hammer voll in die platte Visage. Der hart gezogene Schlag ließ den Profos aufheulen, dann trieben ihn unsichtbare Gewalten schlagartig quer über die Kuhl.
Während die Schiffsführung fassungslos zusah und überhaupt nicht begriff, was da vor sich ging, stürmte Big Old Shane mit seinem Trupp blitzschnell das Achterschiff. Wie die Tiger setzten die Arwenacks von der Kuhl aufs Quarterdeck und von da aus bis ganz nach achtern.
Der Profos war zusammengesackt. Jetzt sah er wie eine plattgedrückte Mumie aus.
Carberry ließ ihn gar nicht erst zur Besinnung kommen. Seine ganze aufgestaute Wut entlud sich in einem weiteren harten Schlag, der den Profos rücklings auf den Handlauf des Schanzkleides warf. Schon wieder war Ed mit einem Riesensatz bei ihm.
„Kanalratten gehören ins Wasser!“ schrie er, packte den Profos bei den Stiefeln, kippte ihn ein bißchen hoch und beförderte ihn ohne große Kraftanstrengung über Bord. Es platschte laut, als der brüllende Profos in einer mächtigen Woge unterging, dann auftauchte und wie ein Verrückter paddelte.
Auf dem Achterdeck herrschte inzwischen nacktes Entsetzen. Die großen Maulhelden hatten den harten Fäusten der Arwenacks nichts entgegenzusetzen, und so schnappte sich Shane augenblicklich den Earl, der vor Angst laut quietschte.
Ehe die anderen richtig begriffen, saß dem Earl ein Entermesser so dicht an der Kehle, daß er nicht mal mehr Luft schnappen konnte und sein entsetztes Quieken sofort abbrach.
Luke Morgan fackelte ebenfalls nicht lange. Er rammte dem Ersten Offizier gleich voller Zorn die Faust in den Bauch, fing den zurückfliegenden Ersten wieder ein, griff nach dessen Hals und kriegte nur das Rüschenhemd zu fassen, das er zu zwei Dritteln gleich in der Hand hatte.
Der Zweite, ebenfalls ein adliger Stiesel wie auch der Dritte, wich zurück und begann zu zetern.
Matt Davies fetzte ihm mit einem schnellen Ruck seiner scharfgeschliffenen Hakenprothese erbarmungslos die Uniform von der Hose bis zum Hemd auf, zog ihn mit dem Haken zu sich heran und knallte ihm den Schädel auf die Nase. Der Zweite ging mit einem wimmernden Schrei halb bewußtlos in die Knie.
Den Dritten packte Bill, drosch ihm zwei Kopfnüsse an den Schädel, drückte ihn dann nieder und hockte sich mit seinen Knien dem Dritten ins Kreuz, damit der in seiner grenzenlosen Angst nicht weglaufen konnte.
Smoky schnappte sich das hochnäsige Jüngelchen, das tatsächlich eine Pistole hervorfummeln wollte. Mit dem Handrücken schlug er ihm ganz lässig die Waffe aus der Hand, dann setzte es prasselnde Ohrfeigen.
Zwei Bootsleute und drei andere Kerle flüchteten. Während einer nach einem Belegnagel griff, schnitten die Seewölfe den anderen den Weg ab.
Da war Ferris Tucker heran. Ein harter Schlag ließ den Bootsmann vor der Nagelbank höflich zusammenknicken, ein zweiter beförderte ihn auf die Planken, eine rötlich behaarte Hand riß ihn jedoch sofort wieder am Genick hoch und schleppte ihn zum Schanzkleid. Direkt darunter schwamm brüllend und fluchend der Profos und versuchte, wieder aufzuentern.
„Warte, du kriegst noch Gesellschaft“, versprach Ferris.
Er