Eine Karavelle war in die Luft geblasen, die andere trieb fast entmastet im Meer, und auf der große Galeone herrschte ein unbeschreibliches Chaos. Im Meer schwammen ein paar Soldaten, die aus Leibeskräften um Hilfe brüllten, aber niemand kümmerte sich darum.
Eins der abgefierten Boote trieb mit schwerer Schlagseite im Wasser, weil unzählige Kerle darum kämpften, einen Platz zu ergattern.
Das war der Zeitpunkt, an dem „Caribian Queen“ und „Pommern“ den entscheidenden Seitenwechsel vornahmen.
Qualm und Pulverrauch hingen über dem Wasser, als Dan O’Flynn mit dem Zweidecker anluvte und Hasard eine Halse segelte, so daß wiederum beide Breitseiten eingesetzt werden konnten.
Die Dons überfiel das Grauen, als sie sahen, daß ihre Gegner zwei schnelle und gekonnte Manöver fuhren, die Seiten wechselten und erneut zum Angriff heransegelten.
Hasard verständigte sich durch ein Zeichen mit Dan, der sich die Kriegs-Galeone vornehmen sollte. Hasard ging auf die fast entmastete Karavelle los. Die andere existierte nicht mehr.
Von der leicht ramponierten Galeone lösten sich zwei Schüsse. Blitze zuckten an der Bordwand auf.
„Die sehen tatsächlich kaum etwas“, sagte Pete Ballie zu Hasard und deutete auf zwei Wassersäulen, die aus der See aufstiegen. Die Entfernung betrug mindestens fünfzig Yards.
„Das war unser größter Vorteil, Pete. Wir haben sie völlig überrumpelt. Jetzt kriegen sie den Rest.“
Dieser erste Angriff hatte ein Chaos hinterlassen und für unglaubliche Wuhling gesorgt. Keiner der Dons hatte damit auch nur im entferntesten gerechnet. Sie versuchten zwar noch, zu feuern, doch die Splitter der Flaschenbomben zwangen sie immer wieder in Deckung. Auf den Decks lagen die ersten Toten und Verwundeten.
Aus den Segeln regneten brennende Fetzen nach unten, deren Glut sich wiederum in die trockene Beplankung fraß.
Dan O’Flynn donnerte die zweite Salve hinaus. Fünfzehn Zwanzigpfünder entluden sich mit urweltlichem Donner, ließen die Decks erbeben und die Männer wanken. Vor den Stückpforten bildete sich ein Vorhang aus dunklem, übelriechendem Pulverqualm.
Das Eisengewitter hatte kaum das Rohr verlassen, als ausnahmslos alle Kugeln auch gleich darauf auf der Galeone mit Getöse und lautem Krachen einschlugen. Das war wie eine gewaltige Riesensense, die da durch die Takelage fegte. Die Kuhl wurde aufgerissen, das Schanzkleid zerfetzte, eins der Boote verwandelte sich übergangslos in einen nutzlosen Trümmerhaufen.
Dann brach es über Masten, Segel und Takelage mit der Wucht eines verheerenden Orkans her.
Noch beim Abdrehen feuerte Ferris Tucker unter dem Gebrüll des Profos zwei Flaschenbomben auf die Decks, die das Chaos vollkommen werden ließen.
Die spanische Galeone wurde regelrecht entmastet. Da war nur noch ein Krachen, Splittern, Dröhnen und Tosen in der Luft, in das sich die Schreie tödlich Getroffener und Verwundeter mischte.
Einen gezielten Schuß vermochte der überrumpelte Spanier nicht mehr abzugeben. Sie feuerten überhaupt nicht mehr, denn sie hatten alle Hände voll zu tun, um sich in Sicherheit zu bringen.
Auf dem Vordeck brannte es, die Kuhl war ein wüster, zerschossener Trümmerhaufen, und auf dem Achterdeck stand kein Mann mehr auf den Beinen. Dort hatten die hinuntergerauschten Segel alles wie mit glimmenden Leichentüchern zugedeckt. Steuerlos und brennend trieb sie in der See. Ein paar Überlebende waren dabei, Boote abzufieren. Sie taten das brüllend und schreiend, weil jeder so schnell wie möglich das brennende Schiff verlassen wollte.
„Hättest du das geglaubt, daß wir die Kerle auf Anhieb schaffen?“ fragte Ferris den Profos, der immer wieder die Arme hochriß.
„Kann ich selbst kaum glauben“, murmelte Ed erschüttert. „Und jetzt kriegt der andere auch noch den Rest.“
Dabei deutete er auf die „Pommern“, die jetzt ihre Breitseite auf die fast entmastete Karavelle ausspie.
Hasard ließ auf die Wasserlinie feuern. An Deck gab es nicht mehr viel zu zerstören, das sah aus wie ein Abfallhaufen.
Al Conroy wartete in stoischer Ruhe den günstigsten Zeitpunkt ab. Dann spuckten nacheinander zehn Culverinen ihre todbringende Ladung über die See.
Für die Dons auf der Karavelle war das Resultat erschreckend. Die erste Kugel hämmerte durch die Bordwand und erschütterte das ganze Schiff. Die nächsten folgten so schnell hintereinander, daß es sich anhörte, als wäre ein Riesenkaliber abgefeuert worden.
Gleich nach den Einschlägen verließen etliche Spanier brüllend und fluchend die Karavelle, indem sie einfach ins Wasser sprangen. Deutlich war zu hören, nachdem der Donner verebbt war, wie das Wasser in die Karavelle rauschte. Sie neigte sich langsam zur Seite und krängte noch härter über, als Hasard wieder ablief und sich erneut die Kurse der beiden Schiffe kreuzten.
Diesmal war Dan O’Flynn am Brüllen. Kolberger und Arwenacks schrien begeistert mit, denn Grund genug hatten sie ja. Ihr Gegner, der sie kaltblütig vernichtet hätte, war geschlagen. Seine Schiffe waren zerstört, und damit war wieder ein wenig an Spaniens Vorherrschaft gesägt worden. Es waren nur kleine Zähne, die da von Zeit zu Zeit sägten, aber sie schafften unermüdlich, und so summierten sich die kleinen Stücke schließlich zu einem großen.
Die wahnsinnige Verfolgungsjagd hatte die Spanier drei Kriegsschiffe gekostet, ganz abgesehen von den Seesoldaten, die ihr Leben gelassen hatten oder verletzt worden waren.
„Geschafft!“ schrie Shane, auf die Karavelle deutend. „Sie geht bereits zu den Fischen!“
Die Karavelle krängte jetzt so hart über, daß ihre Decks mit dem Wasser Kontakt hatten. Nur ein paar Augenblicke später kenterte sie und zeigte den muschelbewachsenen Rumpf.
Die Galeone trieb brennend in der See. Da gab es auch nichts mehr zu löschen. Die Kerle waren schon heilfroh, wenn sie ihr armseliges Leben retten konnten. Wie ein Feuerball leuchtete die Kriegs-Galeone in der See. Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann sie das Schicksal der beiden anderen Schiffe teilen würde.
Von den beiden Schiffen dröhnte ein lautes „Ar – we – nack“ über das Wasser. Die Dons, die glücklich ihre Boote erreicht hatten, zuckten noch einmal zusammen, denn es hörte sich an, als würde gerade die nächste Breitseite abgefeuert.
Die Antwort waren Flüche und ein Wutgeheul der geschlagenen Dons.
„Kurs Südwest!“ rief Hasard zu Dan hinüber. O’Flynn zeigte klar. Beide Schiffe gingen auf Südwestkurs. Der Wind begann ganz unmerklich zu drehen.
Während sie vom geschlagenen Gegner abliefen, wurden auf den Decks immer noch die Kämpfe diskutiert.
Weder die „Pommern“ noch die „Caribian Queen“ hatten einen einzigen Treffer erhalten. Die Dons waren noch nie so schnell überrumpelt worden, und Hasards Taktik – aus der Sonne heraus zu kämpfen – hatte die Dons so verwirrt und geblendet, daß alles fast schon vorbei war, noch bevor es richtig begonnen hatte.
Aber damit war der Raid noch nicht beendet. Die Spanier sollten noch eine zweite Lektion erhalten.
Eine knappe Stunde später waren die Trümmer, Boote und fluchenden Spanier hinter der Kimm verschwunden. Nichts deutete mehr auf ein Gefecht hin.
Hasard segelte auf Rufweite an die „Caribian Queen“ heran. Es war jetzt dunkel. Beide Schiffe hatten keine Hecklaterne gesetzt, um sich nicht zu verraten. Der Mond schien auf das Wasser. Hin und wieder schob sich eine Wolke vor ihn. Dann herrschte für Augenblicke Dunkelheit.
„Was hast du vor, Sir?“ fragte Dan.
„Wir gehen wieder auf Nordkurs!“ rief Hasard hinüber. „Die Dons können uns nicht mehr sehen!“
„Nordkurs? Dann segeln wir ja wieder zur kubanischen Küste zurück“, sagte Dan verwundert.
„Sehr richtig. Unser Ziel