Seewölfe Paket 20. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397792
Скачать книгу
herrschte tintenschwarze Finsternis. Weder die „Pommern“ noch die „Caribian Queen“ waren von den Menschen auf den beiden spanischen Galeonen entdeckt worden.

      Hasard hielt eine kurze Besprechung mit seinen Männern ab. Daran nahm auch Dan O’Flynn teil, der mittlerweile mit der Jolle der „Caribian Queen“ herübergepullt und an Bord der „Pommern“ geentert war.

      „Meuterei oder nicht“, sagte der Seewolf. „Uns soll es egal sein. Vielleicht holen wir uns auf diese Weise auch wieder Beute. Wenn zwei sich streiten, freut sich bekanntlich der Dritte.“

      „Was hast du vor?“ fragte Dan.

      „Das kannst du dir denken. Wir müssen die Sache auf jeden Fall näher ergründen.“

      Dan grinste. „Du willst den Kapitänen – oder wer immer da in Bedrängnis ist – also nicht nur helfen, sondern auch mal einen Blick in die Laderäume werfen?“

      „Das ist doch wohl Ehrensache“, brummte Carberry.

      „Sehr richtig“, pflichtete der Seewolf ihm bei. „Was für Korsaren wären wir sonst? Ihr könnt euch sicherlich noch gut an Fort St. Augustine erinnern.“

      „Das war eine Bombe“, sagte Blacky begeistert. „Trotzdem müssen uns die Dons heute noch dankbar dafür sein, daß wir sie vor Mardengos Bande gerettet haben. Sonst wäre das Fort nur noch ein einziger Trümmerhaufen.“

      „Mal sehen, ob wir hier wieder solches Glück haben“, sagte Hasard. „Vielleicht in weitaus bescheidenerem Rahmen, aber das kann man nie wissen. Vielleicht haben die beiden Galeonen was Schönes in den Laderäumen – etwas, was wir auf der Schlangen-Insel oder Coral Island besser brauchen können als die Dons auf Kuba oder sonstwo.“

      Ferris Tucker mußte unwillkürlich lachen. „Eben. Als richtiger Korsar läßt man jedenfalls keine Gelegenheit ungenutzt, die Dons zu zwicken und zu zwacken und ein bißchen auszunehmen – alles in Ehren, versteht sich.“

      „Das hab’ ich doch eben schon gesagt“, sagte der Profos.

      „Aber laß mich doch auch ein bißchen philosophieren“, sagte Ferris.

      Carberry musterte ihn mit wildem, herausforderndem Gesichtsausdruck. „Was, wie? Kannst du nicht ganz normales Englisch sprechen?“

      „Wenn wir weiter so laut sprechen, erfahren die Spanier noch, daß sie nicht mehr allein sind“, sagte der Seewolf. „Wir halten jetzt lieber unsere Luke und kundschaften aus, was an Bord der Schiffe los ist. Ferris, Shane, Blacky und Dan – ihr begleitet mich. Wir gehen erst einmal mit der Jolle der ‚Pommern‘ an die Galeonen heran und versuchen, uns zu informieren. Danach sehen wir weiter.“

      Wenige Augenblicke darauf enterten sie in die Jolle der „Pommern“ ab, die an der Bordwand bereitlag. Renke Eggens hatte von Hasard für die Zeit seiner Abwesenheit das Kommando über die „Pommern“. Gespannt verfolgten die auf den beiden Schiffen zurückbleibenden Männer, wie die Jolle ablegte und mit leisem Riemenschlag zu den Spaniern hinüberglitt.

      Der Mond zeigte sich für die fünf Männer von seiner freundlichsten Seite – nämlich dann und wann. Die spanischen Galeonen rückten näher. Still war es jetzt an Bord geworden, nur hin und wieder waren undeutliche Gesprächsfetzen zu vernehmen. Hasard versuchte, die Namenszüge am Heck der Schiffe zu erkennen – vergebens. Inzwischen war es wieder stockfinster, dicke schwarze Wolken hatten sich vor den Mond geschoben.

      Die Jolle glitt an die Achterpartie der ihr am nächsten ankernden Dreimast-Galeone heran. Hasard beugte sich etwas vor. Jetzt konnte er den Namen entziffern.

      „Almeria“, murmelte er. „Ein feiner Kahn, wie es scheint.“

      Plötzlich krachte oben, auf dem Achterdeck, ein Schuß. Gleichzeitig ertönte auf der Back ein Schrei, dann war ein dumpfer Laut zu vernehmen. Jemand schien von der Musketenkugel getroffen worden und zusammengebrochen zu sein. Auf dem Achterdeck waren Stimmen zu hören, aber Hasard, Shane, Ferris, Blacky und Dan konnten nicht verstehen, was gesprochen wurde.

      Hasard schüttelte den Kopf. Eine merkwürdige Sache, dachte er. Da scheint das Achterdeck gegen das Vordeck zu kämpfen. Und drüben, auf der anderen Galeone, scheint eine ähnliche Situation zu sein. Sonderbar ist das.

      Im Achterdeck der „Almeria“ konnten sie jetzt auch Frauenstimmen hören – und die Stimmen von Kindern. Sie klangen weinerlich und verzweifelt. Leise sprachen die Frauen auf die Kinder ein. Sie trösteten sie, das war offensichtlich.

      Hasard tauschte ein paar Blicke mit seinen Männern. Sie waren ratlos, keiner wußte, was er von dem bisher Beobachteten und Gehörten halten sollte.

      Hasard beschloß, selbst nach dem Rechten zu sehen. Dazu gehörte eine Portion Verwegenheit und Frechheit.

      Aber das riskierte er. Er gab seinen vier Männern ein Zeichen, dann legten sie mit der Jolle am Heck der „Almeria“ an. Hasard zog sich am Ruderblatt hoch, erreichte das Hennegat und kletterte auf die untere Heckgalerie. Er gab Dan, Ferris, Shane und Blacky ein Zeichen. Sie sollten weiterhin still sein, jedoch die Waffen für alle Fälle bereithalten.

      Hasard bückte sich und warf einen Blick durch die Bleiglasfenster. Da sah er die Bescherung und begriff, was hier los war.

      Kleine Öllampen waren entfacht worden, Talglichter brannten an den Lagern der Menschen. Menschen dicht an dicht, hauptsächlich Frauen und Kinder, und sie sahen alles andere als glücklich aus. Die Kinder weinten, eins von ihnen bettelte: „Wasser! Nur ein bißchen! Mama, warum darf ich nicht trinken?“

      „Du mußt ein wenig Geduld haben, Chiquito“, erwiderte die Mutter des Jungen mit abgehärmtem Gesicht.

      „Wasser!“ riefen nun auch ein paar andere Kinder.

      Durst – die schlimmste aller Geißeln. Mein Gott, dachte Hasard, dann drückte er vorsichtig eins der Fenster auf. Er enterte kurz entschlossen, für ihn gab es jetzt kein Zurück mehr.

      Die Frauen und die Kinder fuhren zu ihm herum und blickten ihn entsetzt an. Er schloß das Fenster, lächelte und deutete eine Verbeugung an, dann sagte er in seinem perfekten Spanisch: „Buenas diaz, einen schönen guten Tag wünsche ich. Sie brauchen keine Angst vor mir zu haben, Señoras, ich bin hier, um Ihnen zu helfen. Ihre Probleme können gelöst werden.“

      Pablito, der sich auch gerade in dem großen Raum aufhielt, sah ihn neugierig an und fragte: „Wer bist du denn?“

      „Ein Freund, mein Junge.“

      „Spanier?“

      „Nein. Aber das ist nicht so wichtig.“

      „Mein Vater ist schwer verletzt worden“, sagte Pablito. „Aber jetzt geht es ihm wieder besser. Das Fieber hat nachgelassen, und er ist gerade zu sich gekommen. Willst du ihn sehen?“ Der Junge wartete die Antwort nicht ab, er zog Hasard an der Hand einfach hinter sich her.

      Die Frauen, die Kinder und die wenigen Männer, die sich in diesem Raum aufhielten, sahen ihnen völlig entgeistert nach. Viele hatten die Augen weit aufgerissen und den Mund geöffnet. Keiner wußte, was er sagen sollte.

      Pablito zerrte Hasard in die Kammer, in der Ramón Vega Venteja auf seinem Krankenlager lag. Sabina hockte auf der Kante der Kojenumrandung und hielt seine Hand. Pablito und Hasard verharrten bei ihnen, und die beiden Männer musterten sich.

      Ramón verfügte nach Überzeugung des Feldschers über eine Bärennatur. Früher als erwartet hatte er den „kritischen Punkt“ überstanden und befand sich jetzt auf dem Weg zur vollen Genesung.

      „Eine Schußverletzung?“ fragte der Seewolf.

      „Ja, Señor. Aber ich habe Glück gehabt“, erwiderte Ramón mit noch relativ schwacher Stimme. „Weder das Herz noch die Lunge wurden verletzt. Und auch die Knochen sind heil geblieben. Aber wer sind Sie? Ich – habe Sie an Bord der ‚Almeria‘ noch nicht gesehen?“

      „Vielleicht ist er von der ‚San Sebastian‘“, sagte Sabina. Aufmerksam betrachtete auch sie den Seewolf.

      „Ist