Charlys Sommer. Anett Theisen. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Anett Theisen
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783960148241
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willst du denn im Anzug bei mir?“, fragte sie vollkommen perplex.

      „Na, zur Taufe unseres Nachwuchses will ich vernünftig aussehen, oder hast du dir noch keine Namen überlegt?“

      „Habe ich nicht. Steht ganz oben auf der Liste.“ Charly nickte zu dem vergessen auf dem Tisch liegenden Zettel hin. „Ich mache darum kein großes Trara.“

      „Was? Keine zelebrierte Taufzeremonie?“ Peter hob gespielt entrüstet die Hände.

      „Soll ich ihnen ein Glas Sekt über den Kopf schütten oder gar die Flasche an die Hinterhand knallen?“

      Die Männer lachten.

      „Schade um den guten Alkohol“, schüttelte Peter den Kopf.

      „Ich stelle mich als Taufpate zur Verfügung, wenn ich den Sekt trinken darf“, ergänzte Christian kichernd.

      Entnervt betrachtete Charly die beiden Männer auf ihrer Terrasse, die sich gar nicht wieder beruhigen wollten. Sie verdrehte die Augen, machte eine eindeutige Wedelbewegung mit der Hand vor ihrem Gesicht und entschloss sich dann, die immer noch glucksenden Herren zu ignorieren. Stattdessen fasste sie den ersten Punkt ihrer To-Do-Liste ins Auge. „Zur Taufe braucht man Namen. Mein Dad hat mich auf die griechische Mythologie verwiesen. Wobei ich teilweise auch schon so weit war.“

      Das Stichwort griechische Mythologie brachte die Männer abrupt zur Ruhe.

      „Fürchte, da kann ich dir nicht weiterhelfen“, enthob sich Christian. „Es sei denn mit Recherche.“ Er deutete auf sein Handy.

      „Hast du schon Vorstellungen?“, fragte Peter, die Stirn in konzentrierte Runzeln gelegt.

      Charly schmunzelte. Peter konnte man direkt ansehen, wie sich die Gedankenmaschinerie in Gang setzte. „Also, für den Hengst dachte ich an ,Phoenix’.“

      „Passt. Ist sogar noch angekokelt an den Ecken“, antwortete Christian trocken.

      ‚Von wegen nicht weiterhelfen können’, dachte Charly, schnaubte und warf ihm einen herausfordernden Blick zu. Sie ignorierte ihn dann aber und blickte sinnend ins Dunkel von Peters Garten, in dem sich schemenhaft die Pferde vor dem Schwarz der Bäume abhoben. Lau strich ein sanfter Wind durch den Fliederbusch und ließ dessen Blätter leise rascheln. Eine Welle süßen Duftes überrollte sie. „Für die Mutterstute hätte ich gern eine Göttin. Nichts Jugendliches oder Schönes wie Diana oder Aphrodite. Gibt’s eine Göttin des Alters?“

      „Wie gefällt dir ‚Athene’?“, fragte Peter nach einigem Überlegen.

      Christian tippte den Namen in sein Smartphone. „Die Dame war für einiges zuständig“, meinte er kurz darauf. „Unter anderem Göttin der Weisheit. Würde doch passen.“

      „Gefällt mir“, befand Charly. Von weitem schlug die Kirchturmuhr und sie wartete, bis der letzte Ton verklungen war. „Bleiben der Hund und das Fohlen. Bei Letzterem denke ich immer an ‚Puck’.“

      „Wenn es dir gefällt, dann belass es doch dabei.“

      „Und wenn er erwachsen ist und es passt nicht mehr?“

      „Es wird passen. Ansonsten deklarierst du es einfach als Abkürzung für irgendeinen hochoffiziellen Namen. Der mir jetzt aber grad nicht einfällt“, gähnte Christian.

      „Fürst Pückler zum Beispiel“, warf Peter ein.

      „Raffinierte Idee“, stimmte Charly lachend zu. „Also ‚Puck’. Für den Hund schwanke ich zwischen ‚Castor’ und ‚Pollux’, weil er so auf den Hengst aufpasst.“

      Christian tippte, überflog den Text und fasste die Informationen kurz zusammen. Sie hörte mit leicht geneigtem Kopf konzentriert zu.

      „Pollux. Passt besser“, entschied sie.

      „Sehe ich auch so“, bestätigte Christian und Peter nickte.

      „Punkt erledigt.“ Christian beugte sich zu Peter, zog ihm den Kugelschreiber aus der Brusttasche und strich den ersten Eintrag auf der Liste durch. Er hielt das Blatt ins funzelige Licht der Öllampe auf dem Tisch und las den nächsten Eintrag vor. „Ich stelle mich als Helfer zur Verfügung.“ Er sah sie an.

      ‚Hartnäckig ist er, das muss ich ihm lassen’, dachte sie. Aber der Wein hatte sie auch milde gestimmt. Sie lächelte. „Danke. Lieb gemeint. Leider hat der Hengst was gegen Männer. Jüngere Männer“, korrigierte sie. „Von Peter nimmt er Leckerli, aber mehr auch nicht. Das mache ich mit Beatrix zusammen.“ Sie nahm ihm das Blatt aus der Hand, warf einen Blick darauf und seufzte dann. „Ich werde die Liste diese Woche auf Eis legen. Immerhin bin ich krankgeschrieben. Ich erledige ein paar Sachen für meinen Dad, auf dem Tablet herumtippseln sollte kein Problem sein.“

      Peter begann, die Lebensmittel einzupacken. Sie stellte Teller und Besteck zusammen und trug sie durch die dunkle Wohnung in die Küche. Christian folgte ihr mit den Gläsern und den leeren Flaschen auf dem Fuße. Sie lächelte, nahm sie entgegen und bedankte sich. Schweigend gingen sie zurück auf die Terrasse und verabschiedeten sich.

      Er war in Peters Kielwasser schon fast um den Fliederbusch herum verschwunden, als Charly ihn noch einmal zurückrief.

      „Du kannst gern wieder vorbeischauen.“ Verdutzt starrte er sie einen Moment an. ‚Das hat er nicht erwartet’, dachte sie. „Wenn dein Hund jemanden zum Toben braucht“, setzte sie hinzu. „Gute Nacht.“ Sie drehte sich um, trat ins Haus und schloss die Terrassentür, ohne ihn noch eines Blickes zu würdigen.

      ***

      Als sie kurz darauf barfuß in ihr Schlafzimmer tappte, hatte Amadeus sich schon in ihrem Bett breit gemacht. Sie kuschelte sich zu ihm und überdachte den Abend. Es war schön gewesen. Sie fand, Christian passte gut auf ihre Terrasse. Über diesen Gedanken schmunzelnd schlief sie ein.

      Money, Money, Money – ABBA

      Müde und verärgert stülpte sich Christian den Helm über den Kopf und zog die Handschuhe an. Die Strahlen der tief stehenden Sonne fielen auf den Firmenparkplatz, als er sich aufs Motorrad schwang und losfuhr. Einerseits war ein Riesenberg Arbeit da und immer Not am Mann, andererseits sollte er seine Überstunden abfeiern. Nur deshalb war er gestern tagsüber zu Hause gewesen. Und heute gleich wieder zwölf Stunden. ‚So wird das nichts.’

      ‚Konzentriere dich’, ermahnte er sich selbst, fand langsam in seinen Rhythmus und fuhr reichlich dreißig Minuten später auf seinen Hof, gedanklich noch immer bei der Arbeit. Napoleon freute sich über seine Rückkehr, er kraulte ihn ausgiebig, trat ins Haus, rannte, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hoch, zog sich um und ging durch den Garten zum rückwärtigen Tor. Ein Pfiff schreckte ihn auf. Sein Nachbar stand auf dem Balkon und hielt eine Weinflasche in die Höhe. Er nickte, signalisierte eine halbe Stunde und trabte mit Napoleon los. Die kleine Waldrunde musste heute reichen.

      ***

      Gereon saß in der herabsinkenden Dämmerung auf dem Balkon, als er das leise Klacken von Hundepfoten auf den Fliesen hinter sich hörte. Kurz darauf schob sich Napoleons feuchte Hundenase unter seine Hand. Jetzt tauchte auch Christian nass geschwitzt auf, zerrte sich das Funktionsshirt vom Leib, hängte es auf die Balkonbrüstung und ließ sich in den Sessel neben ihn fallen. Gereon schob ihm die Wasserflasche zu und schenkte ein zweites Glas Wein ein.

      „Nur das eine, ich bleib nicht lange.“ Christian zog einen Zettel aus der Tasche und hielt ihm diesen entgegen. Es war eine Kopie einiger Notizen in Christians Handschrift.

      „Ein Pferdeunterstand?“ Erstaunt sah er zu seinem Freund auf.

      „Nicht für mich. Für eine Bekannte. Es geht nur um die Besonderheiten. Den Rest kriegt sie selber hin. Ist Zimmermeisterin“, erklärte der.

      ‚Frauen in Männerberufen’, dachte Gereon unwillig und brummte etwas Unverständliches.

      „Lass uns Montag Abend darüber sprechen. Ich fahre morgen wieder nach Berlin und bleibe übers Wochenende