Ich muss mich echt zusammenreißen, hier nicht wirklich sauer zu werden. Immerhin soll dieses Buch ja nicht nur eine spannende Botschaft enthalten, sondern auch humorvoll sein. Bisher habe ich noch nicht allzu viel gesagt, worüber ihr hättet lachen können, aber noch hatte ich ja auch kein lustiges Thema. Damit lasse ich mir noch ein bisschen Zeit; ich bin der Meinung, ein paar Witze machen kann man immer noch, wenn man seinen Standpunkt klar gemacht hat. Okay, Moment mal, was wollte ich in diesem Kapitel überhaupt noch mal erklären? Angefangen habe ich mit den Superhelden, dann kam Ronald Reagan und der Untergang politischer Idole … Johnny Thunders sang einmal: „You can’t put your arms around a memory“, und ich denke, das war’s, was ich eigentlich sagen wollte. Denn genau darin besteht das große Problem der Republikaner: Sie kämpfen seit fast vierzig Jahren mit einem Geist, der die Kraft einer riesigen Boa Constrictor besitzt. Reagan war für sie ein echtes Geschenk, weil er zur damaligen Zeit so hervorragend funktionierte. Er spiegelte perfekt, welches Bild Amerika damals von sich selbst haben und auch langfristig beibehalten wollte. Nur hat sich seitdem in seiner Partei kaum noch etwas getan, was Entwicklung oder Diversität angeht. Wenn es mal wieder Zeit für die Entgegnung zur Regierungserklärung ist, holen sie ihre Vorzeige-Minderheiten raus oder suchen sich irgendeinen neuen Blödsinn, den sie Menschen anderer ethnischer Herkunft vorwerfen können. Als Partei haben die Republikaner genau deswegen stagniert, weil sie nur einen sehr eingeschränkten Teil der Bevölkerung repräsentieren. Okay, sie haben das Weiße Haus erobert (wenn auch nur knapp), aber so entwickelt sich keine Politik. Deswegen haben die Demokraten als erste einen schwarzen Präsidenten ins Rennen geschickt – weil das viel mehr dem entspricht, was Amerika heute ist und sein möchte. Wie kann es sein, dass die Partei, die einst die Sklavenbefreiung durchsetzte, die Menschen heute wieder wie Sklaven behandelt?
Vielleicht liegt es daran, dass ich ein unerschütterlicher Optimist bin, aber ich habe ja das Gefühl, der Zusammenbruch der GOP könnte auch sein Gutes haben. Natürlich, zunächst einmal muss das jedem, der sich für einen echten Republikaner hält, geprägt von einem Amerika der Freiheit und der Pancakes und all sowas, als eine Katastrophe erscheinen. Diese Prägung hat allerdings mit den Republikanern gar nichts zu tun, damit ist man einfach nur amerikanisch, wenn auch vielleicht von einer bestimmten Art. Die Rechten haben diesen Scheiß immer benutzt, um Menschen an sich zu binden, obwohl sie selbst sich schon seit Jahren nicht mehr damit identifizieren, falls sie das überhaupt jemals taten. Wie ich schon sagte: Wenn man sich mal die Schmutzwäsche der Republikaner vornähme, wäre kein einziger Blaumann dabei, dafür jede Menge Schlipse und Kragen, dreckiger als bei jeder anderen Partei auf dem ganzen Planeten. Von daher ist es schon völlig in Ordnung, dass ihr Lügengebäude jetzt in sich zusammengefallen ist. Aus der Asche kann vielleicht etwas erwachsen, das ehrlicher, ehrgeiziger und anständiger daherkommt und sich, wie wir uns das alle wünschen, mehr an der Mitte orientiert. Vielleicht eine Rückbesinnung auf die Anfänge: Freiheit für alle, unabhängig von Hautfarbe, Religion, Geschlecht oder Geschichte. Vielleicht genügt auch schon die Rückbesinnung auf die Zeit vor drei, vier Jahrzehnten: Unterstützung für alle, die selbst etwas auf die Beine stellen wollen, Hilfe für unabhängige Unternehmen und Geld für die Gemeinden vor Ort. Vielleicht halten sie dann auch mal die Religion aus der Gesetzgebung raus. Und sie verzichten auf ihre unglaublich antiquierten Ansichten … oder, noch besser, sie hören mal zu! Und kriegen mit, warum diese Vorurteile unvertretbar und nicht mehr gewollt sind. Wieso die Welt es sich nicht mehr leisten kann, so zu denken und so zu leben. Bei Menschen aller Hautfarben findet man wunderbare Leute und Arschlöcher gleichermaßen. Zu behaupten, dass nur ein einziger Teint das Wahre ist, das ist einfach lächerlich.
Ihr Konservativen könnt doch nicht so blind gegenüber der eigenen Entwicklung sein. Ihr entsprecht jedem Klischee aus Footloose. Das kann euch doch nicht entgangen sein. Deswegen sprecht ihr auch nur noch Menschen mit einer einzigen Hautfarbe an, die Weißen, und so ziemlich der ganze Rest hält euch für unwählbar. Das war euch früher egal, denn früher waren die Weißen ja die einzigen, die von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht haben. Als sich das änderte, wart ihr ganz schnell dabei, die Wahlgesetzgebung zu ändern und die Grenzen der Wahlbezirke neu zu ziehen, damit ihr nicht an Macht verliert. Aber das klappt jetzt nicht mehr. Jetzt haben die Leute gemerkt, welch ein Spiel ihr spielt. Jetzt werden eure alten Gesetze gekippt, weil sie – ÜBERRASCHUNG! – nicht der Verfassung entsprechen. Jetzt strömen die Wähler plötzlich in Scharen an die Urnen, hauptsächlich, weil ihr zugelassen habt, dass ein verdammter Schwachkopf für euch antritt, aber auch, weil es jahrelang immer nach eurer Nase gegangen ist und ihr dafür gesorgt habt, dass alle anderen die Arschkarte ziehen. Jetzt bleiben die Leute nicht länger stumm. Nein, sie schreien laut, und sie schreien euch an. Eure Partei liegt in Trümmern, und es wäre an der Zeit, die Lage wieder in den Griff zu bekommen. Wenn ihr in Zukunft auch nur irgendwas Gutes für das amerikanische Volk tun wollt, dann dürft ihr nicht vergessen, dass das amerikanische Volk AUS EINEM HAUFEN VERSCHIEDENER MENSCHEN besteht. Wenn ihr das nicht in eure Köpfe bekommt, dann müssen diese Köpfe wohl mal rollen!
Aber ich gebe die Hoffnung noch nicht auf. Ich bin im Mittleren Westen aufgewachsen, und daher steckt auch ein kleiner Konservativer in mir, obwohl ich gleichzeitig erkannt habe, dass ein bisschen Sozialhilfe nicht schlecht ist, um Menschen dabei zu helfen, wieder auf die Beine zu kommen. Immerhin ist mir das auch selbst so gegangen. Ich bin mit Lebensmittelmarken und den kostenlosen Käserationen der Reagan-Ära großgeworden. Ich profitierte von den Schulküchen und Sponsorenprogrammen, bei denen reiche Leute mit Kindern Ausflüge machen und ihnen Geschenke kaufen. Ich kenne die andere Seite – und ich weiß, dass es da nicht nur Sozialschmarotzer und Leistungsverweigerer gibt. Die Leute an den Schaltstellen lieben solche verallgemeinernden Ausdrücke, weil man dann nicht mehr den Menschen und das Menschliche hinter solchen Hilfsprogrammen sieht. Ich zähle nicht zu den Leuten, die glauben, man könne auf einem freien Markt und in einer kapitalistischen Nation eine total kostenlose Gesundheitsversorgung anbieten. Aber ich denke auch, dass es keinen guten Grund gibt, um nicht trotzdem Hilfsprogramme für Menschen in Not anzubieten. So etwas muss man natürlich genau im Blick behalten, damit kein Missbrauch damit getrieben werden kann. Aber wir sind doch in der Lage, Mitgefühl und Freundlichkeit zu empfinden, gerade gegenüber Menschen aus unserer Mitte, die in Not geraten sind. Manchmal vergessen wir wohl, dass es hier darum geht, anderen Amerikanern zu helfen. Reagan wäre sicher ganz meiner Meinung, dass man sich um die eigenen Leute kümmern muss und nicht alle Energie darauf verwenden sollte, einen Keil in die Gesellschaft zu treiben. Schmerzen empfindet jeder von uns gleichermaßen, da gibt es keine Ausnahmen. Und da können wir entweder helfen oder uns abwenden. Eine andere Möglichkeit sehe ich nicht.
Onkel Ronnie hätte das nicht gewollt. Ich weiß nicht, was er über Trump an der Spitze seiner Partei gedacht hätte, aber er hätte es nicht gut gefunden, Teilen des amerikanischen Volkes die kalte Schulter zu zeigen. Letzten Endes war er doch durch und durch ein überzeugter Amerikaner. Er war nicht der Held, den wir uns zeitweise gewünscht hatten, aber dennoch hat er heute den Status einer Legende: Er streckte uns die Hand hin, damit wir wieder aufstanden, und gab uns dann einen ordentlichen Anschiss, damit wir uns weniger leidtaten. Das