Joe Cocker - Die Biografie. Christof Graf. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christof Graf
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Изобразительное искусство, фотография
Год издания: 0
isbn: 9783854454762
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seine raue Stimme scheint irgendwie besser zu dem Song zu passen als die von Eric Burdon. Die Band um Joe und Chris ist exzellent, und Jimmy Page bzw. Steve Winwood veredeln die Songs mit ihren Gitarren. Songs wie „Feelin’ Alright“ und „Bye Bye Blackbird“ werden zu wahren Diamanten, die Joe in der Mine zu entdeckender Songs leidenschaftlich abzubauen und aufzupolieren weiß. Bei zwei Songs hat Cocker darüber hinaus selbst mitkomponiert: „Change In Louise“ und „Sandpaper Cadillac“, welche wahrhaft ambitioniert wie auch nachdenklich klingen.

      Nach den ersten Club-Konzerten in den USA tourte Joe weiter durch die Staaten und trat bei den mit dem Monterey-Festival 1967 gerade in Mode gekommenen Massenveranstaltungen in Form der Hippie- und Rock-Messen auf. In Northridge, in der Nähe von Kalifornien, fand vom 20. bis 22. Juni das Newport-Rock-Festival statt, wo 33 Bands und Künstler wie Jimi Hendrix, Janis Joplin, Jethro Tull, Steppenwolf, The Byrds und auch Joe Cocker mit der Grease Band vor etwa 150.000 Menschen auftraten. Eine Woche später war Joe beim Denver-Pop-Festival, und zwei Wochen später spielte er beim Atlanta-Festival mit Janis Joplin, Delaney and Bonnie, Led Zeppelin und Creedence Clearwater Revival vor 140.000 Zuschauern. „Das waren schon tolle Tage. Ich wusste nicht mehr, wo mir der Kopf stand. Wir waren ziemlich neu in der Szene, und so mussten wir uns ständig mit den schlechtesten Terminen zufriedengeben. Im Atlanta Stadion z. B. sollten wir eigentlich um acht Uhr abends auftreten, aber so allmählich wurde unser Auftritt immer weiter für die anderen Star-Bands verschoben, und schließlich spielten wir erst um sechs Uhr am nächsten Abend. Es konnte einem aber auch den Kopf verdrehen, wenn man an die vielen verschiedenen Stimulanzien und Substanzen denkt, die es in Amerika damals so gab.“ Stimulanzien, denen Joe bekanntermaßen ja nie abgeneigt gewesen war.

      Joe experimentierte damals zunächst mit einer Droge, das in der Szene als „Heavy Jelly“ bekannt war. „Man nahm ein ganz kleines bisschen davon auf einen Fingernagel und spülte es mit Coca Cola runter. Nach ungefähr einer Dreiviertelstunde war immer noch nichts passiert – und dann war auf einmal die ganze Welt wie Watte um einen herum –, in Technicolor. Das dauerte dann 36 Stunden, und in dieser Zeit schien dein Kopf von deinem Körper total getrennt zu sein, und du konntest dich aus großer Höhe betrachten – außerhalb deiner selbst.“

      Die größte „Messe“ dieser Art, zu der Jünger der Hippie-Bewegung und der „Make Love – Not War“-Philosophie pilgerten, war natürlich die „Love, Peace & Music-Fair“ in Woodstock.

      An drei Tagen im August 1969 verwandelte sich das Gelände einer Farm im US-Bundesstaat New York in den Austragungsort eines Musikfestivals, das nicht nur als Höhepunkt der Hippie-Bewegung gilt, sondern indirekt zum Katalysator einer ganzen Generation wurde, die sich mit den politischen Entscheidungen der damaligen Zeit, insbesondere dem Krieg in Vietnam, längst nicht mehr identifizieren konnte. „Woodstock –

       3 Days of Peace and Music“, ein Jahr später als Dokumentarfilm veröffentlicht, darf also zu Recht als eines der Ereignisse in der Geschichte der USA bezeichnet werden, das einen nachhaltigen Einfluss ausübte und nicht nur in den Köpfen der insgesamt mehr als 500.000 Besucher etwas veränderte. Der daraus entstandene Film gilt als „die Wiederauferstehung eines der größten Momente des 20. Jahrhunderts! Das bekannteste Rockereignis aller Zeiten.“

      Die Menschen versammelten sich in der Nähe des kleinen Ortes Woodstock, um den bedeutendsten Musikern ihrer Generation (u. a. Jimi Hendrix, Janis Joplin und The Who) zuzuhören. Und Joe Cocker war dabei, wenn auch nur aufgrund einer glücklichen Fügung. Laut Intention des Veranstalters und späteren Joe-Cocker-Managers Michael Lang ging es in Woodstock darum, alle wichtigen Rock-Bands der damaligen Zeit auf einem einzigen Festival zu präsentieren, „aber dann kam uns der Gedanke, dass es vielleicht doch eine gute Idee wäre, wenn wir auch ein paar neue Talente vorstellen würden. Joe Cocker war einfach so unglaublich, dass wir wussten, den müssen wir dabeihaben.“

      Joe und die Grease Band sollten das Sonntags-Programm mit The Band and Sly & The Family Stone eröffnen, und die Gage betrug laut VARIETY Magazine 1.375 Dollar.

      Joe und die Band mussten mit einem Hubschrauber der US-Army eingeflogen werden, da es 30 Kilometer vor Woodstock schon kein Durchkommen mehr gab.

      Sie spielten dann das gleiche Set, welches sie überall zuvor auf den Konzerten und Festivals in Amerika gespielt hatten. Erst am 6. Oktober 2009, also über 40 Jahre später, erschien bei A&M erstmals ein kompletter Mitschnitt in einer besseren als der bis dato üblicherweise erhältlichen Bootleg-Qualität. Die Show mit „Joe Cocker and The Grease Band“ und Chris Stainton an den Keyboards, Henry McCullough an der Gitarre, Alan Spencer am Bass und Bruce Rowlands am Schlagzeug startete um 2 Uhr p.m. Ortszeit und endete knapp 90 Minuten später um 3.25 Uhr. Die Grease Band eröffnete, bevor Joe Cocker dann bei „Dear Landlord“ einstieg und sie anschließend zusammen „Something Comin’ On“, „Do I Still Figure In Your Life“, „Feelin’ Alright“, „Just Like A Woman“, „Let’s Go Get Stoned“, „I Don’t Need A Doctor“, „I Shall Be Released“, „Hitchcock Railway“ und „Something To Say“ spielten. Am Ende folgte die legendäre siebenminütige Interpretation von „With A Little Help From My Friends“. Der Rest ist Geschichte.

      „Wir spielten in Atlanta vor etwa 50.000 Leuten. Immer wieder hörten wir da von einer bevorstehenden richtig großen Sache. Vor der Show waren wir gerade in Connecticut und mussten mit dem Hubschrauber eingeflogen werden. Man kam ja sonst gar nicht mehr hin. Es war gigantisch, über das Gelände zu fliegen. Die Band stieg zuerst in einen Hubschrauber, ich kam ihnen mit einem dieser kleinen Leichthubschrauber nach. Ich hatte gar keine Zeit für Nervosität oder so was. Kaum war der Hubschrauber gelandet, hatte die Band schon einen kleinen Soundcheck, und Michael Lang tauchte auf und meinte: ‚Seid ihr so weit?‘, und ich meinte: ‚Klar‘, ging die Stufen hoch, und wir legten los. Keine Zeit für Lampenfieber … Im Film sieht man, wie jemand zu mir sagt: ‚Joe, dreh dich mal um.‘ Da sah ich diese riesige Regenwolke, und dann ging die Schlammschlacht los … Ich weiß noch, wie wir die Zeit nach dem Auftritt mit ein paar Hippies in einem Wohnwagen verbrachten. Es dauerte einige Stunden, bis wir wegkonnten. Aber irgendwie hatten wir Glück, wir hatten einen guten Tag. Wenn man vor so vielen Menschen singt – also, man kann vor 50.000 Leuten spielen, und es ist immer noch ein Konzert, aber wenn man diese Grenze überschreitet, wie ich es drei oder vier Mal getan habe –, dann ist das etwas anderes. Ich weiß noch, wie ich nach der Hälfte unseres Auftritts dachte, wir würden nie rüberkommen. Dann spielten wir ‚Let’s Go Get Stoned‘ von Ray Charles, was ja wirklich passte, und dann kam Schwung in die Sache. Zum Abschluss spielten wir ‚With A Little Help From My Friends‘, den Song, der in meinem Leben eine große Rolle spielte“, erinnerte sich Joe. „Zwei Jahre vor Woodstock hatte ich in einer Bar vor höchstens 300 Leuten gespielt. In Woodstock war es nicht einfach, eine solche Menschenmenge bei der Stange zu halten. Aber als ich schließlich ‚With A Little Help From My Friends‘ brachte, hatten wir es geschafft. Wir waren gerade fertig, da zog eine riesige schwarze Wolke auf, und es goss stundenlang. Ich erinnere mich auch noch daran, dass ich der Einzige in der Band war, der kein LSD genommen hatte.“

      Und er fügte hinzu: „Ich denke, dass wir an diesem Tag einfach gut gespielt haben, während viele andere Acts nicht gerade ihr Bestes gaben. Wir hatten das Glück, dass die Kamera gerade lief und wir gut spielten, sonst nichts! Dadurch wurden wir zum Synonym der Musik für Leute, die jetzt an dieses Festival denken. Sie wissen schon, man denkt an Jimi Hendrix, wie er ‚Star Spangled Banner‘ spielt, und man wird sich immer an ‚With A Little Help From My Friends‘ erinnern. Es war schon eine unglaubliche Zeit, das Ende einer Ära, das Ende von Flower Power. Ich glaube, dieses Festival fand so großen Widerhall, weil es das Ende dieser Zeit markierte. Zumindest war das Ende damals sehr nahe.“

      „Woodstock war magisch“, erzählte Cocker auf einer Pressekonferenz einem Journalisten der österreichischen KRONEN ZEITUNG. „Die Menschen hatten sich das ganze Jahr über die Köpfe heiß geredet. Wir spielten damals auf vielen großen Festivals mit 50.000 Zuschauern und mehr. Als wir vor 70.000 Leuten in Atlanta auftraten, ging schon das Gerücht herum, dass es an der Ostküste eine Show geben würde. Die Mundpropaganda war riesig, du konntest praktisch an jeder Ecke jemanden über ‚dieses riesige Festival‘ reden hören. Aber erst, als wir mit dem Helikopter zur Bühne geflogen wurden, dachte ich mir beim Hinuntersehen: