Schwertmeister der Magie: Drei Fantasy Sagas auf 2500 Seiten. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Историческая фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783745214710
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zu erreichen, und er all das neue Wissen begierig in sich aufsog, so interessierten ihn die Heilpflanzen, die auf dieser Wiese zu finden waren, nur in zweiter Linie.

      Wichtiger war in diesem Fall, dass er mit Sheera zusammen sein konnte, die ihn nach wie vor in ihren Bann zog. Leider hatten ihm die umfangreichen Übungen der letzten Zeit nur selten die Möglichkeit gegeben, sich mit ihr zu treffen, obwohl es da noch vieles gab, was sie dringend besprechen mussten.

      Die tiefe innere Verbundenheit zwischen ihnen stand außer Frage, auch wenn Gorian noch immer sehr verwirrt darüber war und nicht den Hauch eine Ahnung hatte, worin sie begründet war. Abgesehen von dem Zauber vielleicht, der für ihn von ihrem Wesen ausging.

      Sie hatte ihm von ihrem Zuhause in Oquitonien erzählt. Davon, dass ihr Vater ein Kaufmann war, der in Nelbar ein Kontor unterhielt. Ein Mann, der allem Magischen zutiefst misstraute. „Stell dir vor, eine Krämerin hätte ich werden sollen, wie meine Mutter.“ Sie lachte. „Du wirst dich wundern, aber ich habe sogar ein gewisses Talent zum Feilschen und Handeln. Und was die Kunst des Rechnens angeht, so kann ich es zwar nicht mit einem Zahlenmagier aufnehmen, aber die meisten Kleinköpfigen schlage ich darin ohne Weiteres.“

      „Und doch bist du etwas ganz anderes geworden.“

      „Man muss auf seine innere Stimme hören“, sagte Sheera. „Ich habe schon von klein auf gespürt, dass mit mir etwas anders ist. Ich habe Gesichter im Wasser gesehen, die außer mir niemand sah. Ich habe den Schmerz einer Katze gespürt, die von einem Wagenrad überrollt wurde, und war daraufhin für Wochen gelähmt. Und außerdem hat sich die Farbe meiner Augen manchmal auf eine Weise verändert, die allen, die das beobachteten, Angst machte. Und da waren diese Träume, die mich nicht losgelassen haben und die ich zuerst nicht zu erklären vermochte ...“ Sie pflückte ein paar Blüten und stopfte sie in einen Lederbeutel, den sie dafür mitgenommen hatte. Dann sah sie Gorian lächelnd an. „Und in einem dieser Träume habe ich zum ersten Mal dein Gesicht gesehen. Es war wie der Blick auf etwas, was noch kommen wird, aber schon feststeht.“

      „Warum bist du keine Schülerin im Haus der Seher geworden, wenn du solche Träume hattest?“

      „Das war durchaus im Gespräch. Aber meine Hauptbegabung scheint das Heilen zu sein, und ich musste mich entscheiden.“

      „Ich habe mich auch nicht entschieden.“

      „Das mag der Weg sein, der für dich richtig ist, Gorian. Aber nicht für mich. Und davon abgesehen sind meine Ziele vielleicht auch nicht ganz so ehrgeizig wie die deinen.“

      „Das wiederum habe ich mir nicht ausgesucht. Aber ich weigere mich einfach, tatenlos zuzusehen, wie alles zugrunde geht, und einzig und allein darauf zu hoffen, dass es vielleicht nicht mehr zu meinen Lebzeiten geschieht.“

      Sie sah ihn an. „Es ist schlimm, was mit deinem Vater und all denen geschehen ist, die den Frostkriegern zum Opfer fielen.“

      „Das ist meinetwegen passiert, Sheera. Und auch das ist etwas, was mich anspornt. Ich will diese Ausbildung so schnell wie möglich beenden, damit ich mir die Meisterringe an die Hand stecken kann.“

      „Und dann?“

      „Ich weiß nicht. Vielleicht sollte ich dann einfach in den Norden aufbrechen und die Begegnung mit Morygor suchen. Er hat die beiden Schwerter, die meinem Vater gehörten, Schattenstich und Sternenklinge. Die will ich zurückholen.“

      „Zwei Schwerter – für einen Ordensmeister? Ist das nicht etwas zu viel? Mir scheint, du brauchst Bundesgenossen und Kampfgefährten. Schwerter gibt es überall.“

      „Aber nicht solche Schwerter. Schwerter aus Sternenmetall, die auf ganz besondere Weise geschmiedet wurden.“

      Sie seufzte. „Also als Schwertkämpferin werde ich dir nicht beistehen können. Aber wie du weißt, habe ich andere Talente. Und ich fürchte, ich werde dir damit einst zu Diensten sein müssen.“

      „Du fürchtest das?“ Gorian runzelte die Stirn. „Wieso das?“

      „Weil es bedeutet, dass dir zuvor etwas Schlimmes zugestoßen sein wird. Etwas, dass dich so schwächt, dass es dir unmöglich sein wird, dich selbst zu heilen.“ Ihr Lächeln wurde verhaltener und wirkte fast etwas verlegen, als Gorian ihren Blick erwiderte.

      „Du hast gesagt, unsere Schicksalslinien seien von nun an miteinander verwoben“, sagte er.

      Sie nickte. „Ja, aber das war nicht ganz richtig. In Wahrheit waren sie das schon immer, auch wenn keiner von uns das geahnt haben mag.“

      ––––––––

      Der Sommer schien gar nicht enden zu wollen, und die Herbststürme, die ansonsten die ersten Schübe kalter Luft aus dem Norden brachten, ließen auf sich warten.

      Es gab Neuigkeiten aus Thisilien. Hunderte von Schwertmeistern hatten dort an der Seite der kaiserlichen Ritter und Landsknechte gegen die letzten Frostkrieger gekämpft, die hier und dort noch anzutreffen gewesen waren. Diese Schwertmeister standen auf magische Weise immer mit der Ordensburg in Verbindung. Zusätzlich gab es noch eine im ganzen Reich gut funktionierende Taubenpost, sodass sich Nachrichten recht schnell verbreiteten. Dass bei der Invasion zunächst eroberte Gebiet galt als befreit und der Feind als besiegt. Es gab keinen einzigen Frostkrieger mehr in Thisilien. Die Kriegsflotte unter dem Kommando des Herzogs der Axtlande hatte die Schiffe der Angreifer verfolgt, soweit dies möglich war. Bis zu den Gestaden der Torlinger Inseln und den Küsten Torheims hatte man einige von ihnen getrieben.

      Der Herr der Frostfeste schien keinerlei Anstalten zu einem Gegenschlag zu unternehmen. Kaiser Corach kam dieser Erfolg – den er vor allem seinem eigenen Genie als Feldherr zuschrieb – nur allzu recht, denn er konnte ihn hervorragend dazu nutzen, seine umstrittene Position im Heiligen Reich zu festigen. Er war der vierte aufeinander folgende Herrscher aus dem Geschlecht der Laramonteser, und dass er es bisher nicht gewagt hatte, auf dem Heiligreichstag offiziell über die Einführung des Erbkaisertums abstimmen zu lassen, lag an den starken Rivalen, deren Widerstand er bisher zu fürchten hatte. Den Herzog von Eldosien zum Beispiel, der außerdem in Personalunion auch noch Herzog von Oquitonien und Baronea war und dadurch eine Hausmacht darstellte, die größer als die des Kaisers war, der außer dem Herzogtum Laramont nur noch das mit dem Besitz der Kaiserkrone verbundene Kronland Olanien direkt regierte.

      Nun aber, nach diesem großen Erfolg, den Kaiser Corach im ganzen Reich durch Herolde und Sänger verkünden und von ihnen in den schillerndsten Farben ausschmücken ließ, konnte er vielleicht einen Versuch in diese Richtung wagen – zumal er damit rechnen konnte, dass sich viele der unbedeutenderen Herzöge um ihn scharten, weil sie die Machtgier des Herzogs von Eldosien noch mehr fürchteten als die des Kaisers.

      Der Heiligreichstag sollte bereits im Spätherbst in Estia, der Hauptstadt des Estlinger Landes stattfinden. Bis dahin waren es nur noch wenige Wochen, und da der Kaiser ohnehin im Norden unterwegs war, stattete er auch der Ordensburg einen Besuch ab. Immerhin war neben den siebzehn stimmberechtigten Herzogtümern, dem Vertreter der Freistadt Neador und dem Bischof von Atrantia als Repräsentant der Priesterschaft auch der Orden mit Sitz und Stimme auf dem Heiligreichstag vertreten.

      Abgesehen davon war für Corach IV. natürlich auch die militärische Unterstützung der Schwertmeister unverzichtbar. Daher war es durchaus verständlich, dass sich der vierte Kaiser aus dem Geschlecht der Laramonteser der Gefolgschaft des Ordens versichern wollte, bevor der Heiligreichstag zusammentrat.

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