Heimat-Heidi Staffel 4 – Heimatroman. Stefanie Valentin. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Stefanie Valentin
Издательство: Bookwire
Серия: Heimat-Heidi
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740980597
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getraut worden war.

      »Frag nur.« Rainer wirkte, wenn Biggi nicht dabei war, ganz anders, viel entspannter.

      »Wieso bist du mit Biggi in Urlaub gefahren?« fragte Josie. »So wie ihr miteinander umgeht, wärd ihr besser in entgegengesetzte Richtungen aufgebrochen.«

      Rainer nickte. Er war ein großer, schlanker junger Mann mit ansprechendem Äußeren und ruhiger Gestik.

      »Wenn man es so betrachtet, dann ist es wohl wahr«, antwortete er. »Aber ich habe mir Klärung einiger Dinge erwartet. Doch wie es aussieht, ist Biggi nicht daran interessiert.«

      »Du liebst sie immer noch…?«

      Rainer zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Manchmal meine ich es, manchmal meine ich, meine ganze Beziehung zu Biggi sei ein einziger Irrtum gewesen.«

      »Dann trenn dich doch von ihr…!« Josie lächelte. »Du bist ein so netter Typ, auf dich stehen in der Firma alle Mädchen im passenden Alter.«

      Rainer verzog den Mund zu einem Lächeln. »Echt…?«

      Josie nickte. »Sicher echt. Du hast was, was den anderen abgeht. Du bist locker, hast immer was zu erzählen, spielst nie den Obertypen, obwohl du echt was drauf hast. Daß du abgelehnt hast, Abteilungsleiter zu werden, kann ich zwar verstehen, aber ich bedaure es auch, wie die meisten anderen. Warum willst du eigentlich nicht?«

      Da atmete Rainer tief durch. »Was soll ich da sagen? Man hat mir den Posten schon vor einiger Zeit angeboten. Anfangs wollte ich unbedingt, dann wurde mein Interesse geringer und heute weiß ich, daß ich nicht glücklich würde dabei. Ich muß meinen Mittelpunkt bei mir suchen, verstehst du? Ich kann heute, in einem gewissen Rahmen, tun und lassen was ich will. Und das möchte ich mir bewahren.«

      »Scheidest du aus der Firma aus?«

      Rainer zuckte mit den Schultern. »Möglich. Ich bin im Moment dabei herauszubekommen, ob ich freiberuflich nicht viel effektiver arbeiten könnte.«

      Josie sah Rainer mit ihren großen Augen einen Moment bewundernd an, dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küßte ihn auf die Wange.

      »Entschuldige, aber mir war danach«, sagte sie. Dann zeigte sie bergwärts. »Da hinten muß irgendwo diese Kapelle sein. Man soll dort heiraten können. Wie wär’s? Willst du nicht in dieser Kapelle heiraten?«

      Rainer lachte. »Davor bewahre mich ein immer klarer Geist.«

      »Willst du nie heiraten?« Josie sah Rainer aufmerksam an.

      Der lächelte. »Früher wollte ich heiraten. Das heißt, bis zum November vergangenen Jahres wollte ich es.«

      »Und dann plötzlich nicht mehr? Wieso nicht…?«

      »Warum soll ich es eigentlich länger für mich behalten?« Rainers Stimme klang ziemlich traurig und verbittert.

      »Was sollst du für dich behalten?« Josie ahnte plötzlich, daß Rainer was Schwerwiegendes offenbaren würde.

      »Biggi hatte im vergangenen Jahr eine Affäre«, sagte er. »Als ich es erfahren habe, ist eine Welt für mich zusammengebrochen. Ich hab’ gemeint, ich könnt’ nicht mehr atmen. Ich hab’ gemeint, mein Herz bleibt stehen.«

      »Mar’ und Josef…!«

      »Ich hab’ mich nie so gedemütigt gefühlt wie in jenem Moment«, fuhr Rainer fort. »Ich war völlig von der Rolle, habe wochen-, was red’ ich denn, monatelang schlecht geschlafen, und Biggi hat nicht für nötig befunden, nur ein Wort mit mir darüber zu reden.«

      »Das darf nicht wahr sein«, murmelte Josie. »Wie… wie bist du denn dahintergekommen?«

      »Wenn wir zusammen geschlafen haben, wollte sie plötzlich, daß ich ein Kondom nehme…!«

      »Au weia…!«

      Rainer nickte. »Das hab’ ich auch gedacht. Au weia, was ist denn da passiert?«

      »Und Biggi hat nie mit dir darüber gesprochen?«

      Rainer schüttelte den Kopf. »Nicht ein einziges Mal.«

      Dann waren beide eine Weile still. Sie gingen weiter, und als sie die Kapelle sehen konnten, blieb Josie stehen.

      »Du… du liebst Biggi aber noch«, sagte sie, »denn wenn du es nicht tun würdest, hättest du nicht so sehr daran zu knabbern.«

      »Das habe ich mir auch lange eingeredet«, antwortete Rainer. »Doch inzwischen weiß ich, daß es nicht stimmt.«

      »Was stimmt denn nicht…?«

      »Ich fühle mich betrogen«, sagte Rainer, »betrogen und ausgenutzt. Wenn andere Umstände eingetreten sind, und das sind sie ja nun mal, dann möchte ich nicht behandelt werden wie ein kleines Kind, verstehst du? Ich will, daß man mich ernst nimmt.«

      »Bei allen guten Geistern«, murmelte Josie, »das sitzt aber tief bei dir, total tief…!«

      *

      »Steffi…?«

      »Ja?«

      »Kommst herunter zum Kaffee?«

      »Ich mag nicht.«

      »Die Mizzi vom Lohhof ist da.«

      »Ich komme…!«

      Heidi ging zurück in die Küche, wo Mizzi Buchner bei Luise am großen Tisch saß und gerade in ein Stück Apfelkuchen biß, den Luise kurz zuvor gebacken hatte.

      »Ich find’s riesig bei euch«, sagte das ausgenommen aparte Mädchen. »Vor allem wie ihr miteinander umgeht, das ist schon toll.«

      Heidi lächelte dünn, und Luise lachte.

      »Frag gleich mal die Steffi, ob die’s auch so sieht«, erwiderte die Seniorchefin des Bergerhofs.

      »Wieso?« Mizzi sah die beiden Bergerhof-Frauen abwechselnd an. »Was ist mit Steffi?«

      »Sie ist in einem schwierigen Alter«, antwortete Luise, »außerdem steht sie kurz vor dem Abi und hat uns beide ständig im Visier, wenn ihr was gegen den Strich geht.«

      »Oje«, erwiderte Mizzi, »das kenn’ ich. Ich bin genauso gewesen. Das legt sich wieder.«

      Plötzlich stand Steffi bei ihnen. »Was legt sich wieder?«

      »Hallo…!« Mizzi stand auf, nahm Steffi in die Arme und ging gar nicht auf deren Frage ein. »Du siehst super aus, hast du was abgenommen?«

      Steffi lächelte. »Ja, zwei Kilo. Aber wenn hier wer super aussieht, dann du. Bist du immer noch solo? Ich versteh’ das nicht.«

      »Wenn du zwei Kilo abgenommen hast«, meldete sich Luise zu Wort, »dann mußt du was essen.« Dann schob sie ihrer Enkelin einen Teller mit einem Stück Kuchen zu.

      Steffi atmete tief durch. »Ich will nichts essen. Wenn ich essen will, dann nehme ich es mir. Ich bin alt genug, um selbst zu entscheiden, wann ich was möchte.« Dann sah sie Mizzi an. »Was ist, kommst du mit?«

      Mizzi nickte sofort. »Klar komm’ ich mit. Wir haben uns schließlich schon ewig nimmer gesehen.«

      »Ich komm’ nachher noch mal herein«, sagte Mizzi, bevor sie mit Steffi die Küche des Bergerhofs verließ.

      Heidi und Luise sahen sich an, als sie allein waren.

      »Irgendwas ist im Busch«, sagte Heidi nach einer Weile, »ich spür’ es förmlich.«

      »Du meinst mit Steffi?«

      Heidi nickte. »Ja, mit Steffi.«

      »Leider kann ich dir nicht widersprechen«, sagte Luise. »Auch ich werd’ ein dummes Gefühl nicht los.«

      Während die beiden Bergerhof-Frauen sich über Steffi Gedanken machten, hatte die aus dem Kühlfach der Theke zwei Kracherl mitgenommen und war mit Mizzi zur Terrasse gegangen.

      »Du