Nach der Auffindung des Kreuzes fand Helena auch noch die Nägel, mit denen Christus ans Kreuz geschlagen wurde. Von diesen Nägeln ließ sie für ihren Sohn einen in ein Diadem und einen weiteren in Pferdezügel einarbeiten. Welch hohen Stellenwert Ambrosius Helena mit der Kreuzauffindung zuweist, zeigt sich daran, dass er sie an mehreren Stellen in direkter Beziehung zu Maria sieht: »… Maria ward heimgesucht zur Erlösung der Eva, Helena ward heimgesucht zur Erlösung der Kaiser.«
Eine der sieben römischen Pilgerkirchen, Santa Croce in Gerusalemme, ist auf Bitten Helenas von ihrem Sohn errichtet worden. Die Kirche galt als Aufbewahrungsort des von Helena aufgefundenen Kreuzes Christi. Heute geht man von der unterirdisch gelegenen Helenakapelle in die Reliquienkapelle, die einige Kostbarkeiten birgt, nämlich drei Bruchstücke des Heiligen Kreuzes, zwei Dornen der Dornenkrone Christi, einen Kreuznagel, ein Stück der Inschrifttafel des Kreuzes (INRI) sowie den Finger des »ungläubigen« Thomas.
Eher legendär im Zusammenhang mit Helenas Reise ist die Auffindung und Mitnahme der Reliquien der Heiligen Drei Könige. Zunächst waren die fraglichen Objekte im Familienbesitz und wurden später an Bischof Eustorgius verschenkt. Für gewisse Zeit kamen sie dann nach Mailand, bis sie von Kaiser Friedrich Barbarossa nach Köln in den Dom verbracht wurden, wo sie sich noch heute befinden.
Eine der bekanntesten Darstellungen der heiligen Helena befindet sich an einem der vier Hauptpfeiler der Kuppel des Petersdoms. Eine 1639 geschaffene monumentale Statue von Andrea Bolgi zeigt Helena mit dem Kreuz Christi. Darüber befindet sich eine Kapelle mit Balkon, in die 1629 auf Weisung des Barberini-Papstes Urban VIII. das größte in Rom noch erhaltene Stück des Kreuzes aus der Kirche Santa Croce in Gerusalemme übertragen wurde.
Helena starb am 18. August 329 in Nikomedia (Izmid) und somit ist dieser Tag auch ihr Festtag. In der Ostkirche wird der Gedenktag Helenas gemeinsam mit dem ihres Sohnes Konstantin am 21. Mai begangen. Die Beisetzung fand in der ursprünglich für Konstantin selbst errichteten Grabrotunde am Ostende der Märtyrerbasilika SS. Petro et Marcellino (erbaut um 320) an der Via Labicana außerhalb Roms statt. Der Leichnam Helenas soll dann von ihrem Sohn nach Konstantinopel gebracht und im 9. Jahrhundert in die Benediktinerabtei in Hautvillers überführt worden sein, wo ihr Haupt verehrt wird.
Im 12. Jahrhundert kamen Reliquien der Helena in die Kirche Santa Maria in Aracoeli auf dem Kapitol in Rom, wo ihr eine kleine, achtsäulige Kapelle geweiht ist. In dem zierlichen Grabmal wurden in einer Porphyr-Urne Helenas Reliquien aufbewahrt. Heute befindet sich der Porphyrsarkoph, in dem sie bestattet wurde, im Museo Pio-Clementino (Vatikanische Museen) in Rom.
Auch die Städte Hautvillers, Paris sowie Trier beanspruchen Reliquien von Helena zu haben. Sie gilt nicht nur als die legendenhafte Gründerin der Trierer Bischofskirche, sondern auch als Stifterin ihrer wichtigsten Reliquien. So soll sie sowohl einen der bei Ambrosius erwähnten Kreuzesnägel als auch den »Heiligen Rock«, in dem man das, in der Bibel ausdrücklich genannte, ungeteilte Untergewand Christi sieht, als Geschenk an Bischof Agritius nach Trier gesandt haben. Die Heilige selbst wird als Gründerin und Stifterin der Hauptreliquien zu der zentralen Gestalt der Trierer Bischofskirche und macht diese so zum Zentrum der Helenaverehrung in dieser Stadt.
Helena ist die Patronin der Städte Frankfurt, Pesaro und Ascoli sowie der Bistümer Trier, Bamberg und Basel. Sie gilt als Schutzheilige der Färber, Nadler und Schatzgräber der Bergwerke, als Schutzpatronin gegen Blitz und Feuer, zur Auffindung verlorener Gegenstände und zur Aufdeckung von Diebstählen. Helena wurde auch die Schutzpatronin der Nagelschmiede angesichts der Auffindung der Kreuznägel Christi, von denen einer im Bamberger Dom, einer in der Heiligen Lanze zu Wien und ein weiterer in der römischen Kirche Santa Croce in Gerusalemme verehrt wird.
IULIA AURELIA ZENOBIA
* um 250
† nach 274
Königin von Palmyra in Syrien
»Man spricht mit Verachtung von dem Krieg, den ich gegen ein Weib führe, aber man kennt weder die Macht noch den Charakter Zenobias.«
(KAISER AURELIAN)
Palmyra, ein kleines Reich in der syrischen Wüste, gehörte offiziell zum römischen Weltreich, gab sich aber sehr unabhängig. Die Bevölkerung lebte vom Handel und ihre Karawanen reisten von Indien bis Rom. Zenobia war die zweite Gemahlin des Stadtfürsten von Palmyra, Septimius Odaenathus, der in der Schwächeperiode der Soldatenkaiserzeit subsidiär für die römische Zentralgewalt den Kampf mit den persischen Sassaniden führte. Diese Zeit der Soldatenkaiser verkörperte auf weiblicher Seite die Gestalt der Zenobia. Sie stellte mit ihrer Existenz ein Bindeglied zwischen früheren Erscheinungen weiblicher Herrscherinnen, den severischen Kaiserinnen und den christlichen Kaiserinnen der frühbyzantinischen Epoche dar.
Da Zenobias Ehemann zu mächtig geworden war, ließ ihn Kaiser Gallienus im April 267 ermorden. Daraufhin trat seine Frau, Iulia Aurelia Septimia Zenobia, Tochter des Iulius Aurelius Zenobius, seine Nachfolge an, zunächst als Regentin für den Sohn Vaballathus Athenodorus.
Zenobias Tatendrang war unerschöpflich. Sie hatte sich vorgenommen, den Ostteil des Römischen Reiches unter ihre Gewalt zu bringen und erwies sich als gefährliche Gegnerin Roms. Sie drang bis Ankyra vor, nahm Arabien ein und eroberte einen Teil von Mesopotamien.
Im Jahr 269 befahl sie ihrer starken Armee unter dem Feldherrn Zabdas die Eroberung Ägyptens. Der ägyptische Vizekönig wurde erschlagen, und das Niltal, die größte Getreidekammer Roms, kam in Zenobias Hand. Der römische Kaiser war daraufhin gezwungen, die neue Machtstellung Zenobias vertraglich zu fixieren.
Nach dem Regierungsantritt Kaiser Aurelians (270) betrieb Zenobia die vollständige Loslösung des Palmyrischen Reiches von Rom durch die Annahme der Titel »Augusta« und »Augustus« für sich beziehungsweise ihren Sohn.
Palmyra, geschmückt mit prächtigen Tempeln und Säulenstraßen, wurde unter Zenobia zur kulturellen und wirtschaftlichen Metropole des Orients. Die Herrscherin war eine vielseitig gebildete Frau, die fließend Latein, Griechisch, Syrisch und Ägyptisch sprach, Homer und Platon las und selbst eine Geschichte des Orients verfasst hatte. Sie beschäftigte sich mit Naturwissenschaften und Geschichte. In Edessa (heute in Griechenland) gründete sie eine Schule für griechische Medizin.
An ihrem Hof wirkte unter anderen der Neuplatoniker Cassius Longinos. Dieser war von 250–267 Schulhaupt der Akademie in Athen und fungierte ab 267 als Erzieher der Söhne Zenobias. Longinos, der Zenobia sehr gedrängt hatte, die Autonomie für Palmyra zu erreichen, wurde von Kaiser Aurelian allerdings um 270 aufgrund seiner politischen Agitation hingerichtet. Zenobia pflegte Beziehungen zum Bischof von Antiochia, Paulus von Samosata. Auch Manichäer besuchten ihren Hof in Palmyra.
Ihre schlichte, tugendhafte Lebensführung sicherte ihr die Ergebenheit ihrer Truppen und ihrer Berater. In der Kleidung und im Hofzeremoniell bevorzugte sie persische Vorbilder.
Zenobia – oder Bat-Zabbai, wie die Araber sie nannten – klug und schön, war ethnisch Araberin. Wie ihre und ihres Mannes lateinische Namen zeigen, stammten sie aus einer romanisierten Familie. Dementsprechend war ihre gesamte Politik, auch wenn sie sich von Rom wegentwickelte, römisch stilisiert. Das Beamtenwesen war römisch organisiert, die Münzen waren römischen Typus‘, und Zenobias Separatismus besonderer Art drückte sich darin aus, dass sie sich den römischen Titel »Augusta« auf Griechisch