Seine Werke für Tasteninstrumente wie Cembalo oder Orgel – was damals noch nicht so genau getrennt wurde – werden noch heute gespielt. Ebenso werden seine Chorwerke gerne aufgeführt: über 300 Motetten und Anthems für die anglikanische Kirche, aber auch je eine lateinische Messe für drei, vier und fünf Stimmen für den katholischen Gottesdienst – Beispiel für erhabene Schlichtheit beim ersten und hohe Kunstfertigkeit beim dritten Ordinarium.
4 GIOVANNI GABRIELI (UM 1555–1612)
Sein Werk ist untrennbar mit Venedig und San Marco verbunden. Denn dort gab es den Brauch, von den verschiedenen Emporen mit mehreren Ensembles zu musizieren. Diese raumbedingte Mehrchörigkeit hatte eine große Vorbildfunktion über Venedig hinaus.
Gabrieli wurde in Venedig geboren, ist dort gestorben und wirkte auch dort seit 1584 als Organist am Markusdom. Nur ein kurzes Intermezzo führte ihn 1576 bis 1579 nach München, wo er unter Orlando di Lasso wirkte. Gemeinsam mit seinem Lehrer und Onkel Andrea Gabrieli (1510–1586) war er Organist und Komponist am Markusdom, gab sogar 1587 dessen und eigene Concerti gemeinsam im Druck heraus. Die mehrchörige Musik wurde in San Marco angeblich bis zu sieben Ensembles gesteigert, ein 33-stimmiges Magnifikat ist ein Beispiel für diese üppige Prachtentfaltung. Außerdem wurde das musikalische Leben Venedigs von Bruderschaften gefördert, die eine an der Scuola Grande di San Rocco ab 1585 prächtige und aufwändige Aufführungen unter Mitwirkung Gabrielis veranstalteten. Er war als Lehrer gerühmt und zählte Heinrich Schütz zu seinen Schülern. So beeinflusste sein Stil auch die deutsche Musik bis Bach.
Gabrielis Werke sind bis heute vor allem bei Ensembles beliebt, die sich teilen können, besonders bei Bläserensembles, aber auch in Kirchen mit zwei Orgeln. Weltliche Vokalwerke gibt es aus der Zeit vor 1600, doch sein Hauptwerk gilt der Kirche – von der Orgelmusik über Solomotetten bis zur vielstimmigen Chormusik mit Instrumenten.
Legende: Die Erfindung der Stereophonie – Jahrhunderte vor der Tonträgerindustrie und in Analogie zum Menschen mit seinen beiden Ohren – sollte als Doppelchörigkeit aus der abendländischen Musik nie wieder verschwinden.
5 CARLO GESUALDO DA VENOSA (UM 1560–1613)
Als fürstlicher Eifersuchtsmörder ging er in die Kriminalgeschichte ein, als Urheber leidenschaftlicher und kunstreicher Madrigale und Motetten bereicherte er die Vokalmusik.
Gesualdo wurde in Neapel in einer kunstsinnigen Adelsfamilie geboren und war mit dem Dichter Torquato Tasso befreundet. 1586 wurde er nach dem Tod seines Bruders regierender Fürst von Venosa. Das Jahr 1590 wurde zum Wendepunkt in seinem Leben, als er seine Gattin beim Ehebruch ertappte und sie samt dem Liebhaber ermordete – oder ermorden ließ. Mit Hilfe eines verwandten Erzbischofs konnte er zwar 1594 ein zweites Mal heiraten, doch war auch diese Bindung nicht wirklich glücklich. Zudem starben seine Kinder, so dass sich Gesualdo in späteren Lebensjahren in Selbstvorwürfen und Bußfantasien erging. Seine sechs Madrigalbücher erschienen in den Jahren 1594 bis 1611 im Druck. 1596 kehrte er nach Neapel zurück, wo er den Rest seines Lebens in Melancholie und selbstquälerischer Leidenschaft verbrachte.
In Gesualdos Werk verbindet sich Konservatives mit Fortschrittlichem: Konservativ ist er in der Ablehnung des aufkommenden generalbassbegleiteten Gesangs – fortschrittlich ist er in der geradezu experimentellen Behandlung üppiger Dissonanzen und chromatischer Fortschreitungen. Seinen leidenschaftlichen Madrigalen um Liebe, Eifersucht und Tod stehen tief empfundene Gesänge zur Karwochenliturgie gegenüber.
Legende: Alfred Schnittke setzte seinem stürmischen Leben, Lieben und Schaffen 1993 in der Oper »Gesualdo« ein künstlerisches Denkmal.
6 JAN PIETERSZOON SWEELINCK (1562–1621)
Seine Vokalmusik schloss an die Polyphonie der alten Niederländer an – seine Musik für Tasteninstrumente und seine Variationskunst prägten künftige Generationen. Seine Spieltechnik ist mit der Geschichte der Tasteninstrumente untrennbar verbunden. In der niederländischen Musik gilt er auch heute noch als ein ganz Großer.
In Deventer geboren, bekam Sweelinck seine Ausbildung zuerst bei seinem Vater in Amsterdam, dessen Nachfolger er später wurde. Die Stadt stellte ihn als Musiker an, um außerhalb der Gottesdienste zweimal täglich die Orgel zu spielen, denn im Gottesdienst der Calviner war Instrumentalmusik verpönt. Als Orgelkenner wurde er für Inspektionen und Restaurierungen in anderen Städten herangezogen, als begehrter Lehrer hatte er großen Einfluss auf künftige Musikergenerationen. Obwohl er die Niederlande nie verließ, reichte sein Ruhm bald weit über die Heimat hinaus. Neben Musik für Orgel und Cembalo schrieb er geistliche Werke, vor allem nach biblischen Texten. Sweelinck steht zwischen den Epochen: Seine Vokalmusik wurzelt in der Renaissance – seine Musik für Tasteninstrument weist voraus in den Frühbarock. Die Trennung von Orgel- und Cembalomusik ist noch wenig ausgeprägt. Das »Clavier« bezeichnete in erster Linie ein Instrument mit »Klaviatur«, also ein Tasteninstrument. Er starb in Amsterdam.
Von seiner geistlichen Musik sind die »Cantiones sacrae« und die Psalmvertonungen hervorzuheben. Seine Orgel- und Cembalomusik beeinflusste künftige Generationen, vor allem im deutschen Sprachraum, und wird noch heute gern gespielt.
7 JOHN DOWLAND (1563–1626)
Die Laute ist ein leises, lange Zeit vergessenes und erst neuerdings wiederentdecktes Instrument der zarten Töne und subtilen Klänge. Sie ist ein erlesener Klangkörper für Kenner, dessen beste Zeiten die Renaissance und der Frühbarock waren und dessen hervorragender Komponist John Dowland war. Seine Lautenstücke und Lautenlieder sind noch heute Kostbarkeiten dieses Repertoires.
Vermutlich wurde Dowland in London geboren, wo er auch sein Leben beendete. Sein abwechslungsreicher Lebenslauf führte ihn jedoch in mehrere Länder Europas: zuerst nach Paris als Lautenist des englischen Gesandten, dann als Student an die Universität Oxford, später an die Höfe in Wolfenbüttel und Kassel, weiter nach Venedig und Florenz, zurück nach England, dann nach Dänemark und zuletzt wieder nach London. Dort wirkte er ab 1612 als »musician for the lutes« am königlichen Hof, besaß hohes Ansehen und wird als »Doctor Dowland« in Dokumenten erwähnt. Neben der Laute als Soloinstrument und dem Lautenlied galt sein Schaffen auch dem mehrstimmigen Gesang. Die Lieder und mehrstimmigen Gesänge enthalten vorwiegend weltliche Texte.
Sein Werk »The first Booke of Songes or Ayres« von 1597 mit Lautenliedern fand 1600 und 1603 zwei Fortsetzungsbände. Sein Hauptwerk für die Laute hat den Titel »Lachrimae, or seaven Tears«. Seine Musik ist von subtiler Satzkunst und feinsinniger Poesie – jedoch abseits des prunkvollen und auftrumpfenden höfischen Musizierens. Vieles ist bis heute lebendig und wird seit der Wiederentdeckung der Alten Musik immer wieder gerne gesungen und gespielt.
Ohrwurm: »Come again, sweet love!« – ein reizvolles Liebeslied der Renaissance
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