Dieser Alchimiker macht Bettler wie Karun beglückt.4
Sträube dich nicht, sonst wirst du wie Kerzen in Gluten verflammen,
In der Geliebten Hand werden die Steine zu Wachs.
Persische Schöne verleihn mit ihren Worten das Leben,
Greisen und Frömmlingen gib Schenke die Kunde davon!
Ach, nicht mit Willen besudelt Hafis die Kleider mit Weinfleck.
Frommer Lehrer, verzeih! O du verzeihest es ihm.
1Alexanders Spiegel, berühmt in der orientalischen Fabellehre. Er brauchte nur hineinzusehen, um auf der ersten Blick alle Plane Daro’s (Darius’) zu durchschauen.
2Eine Anrede an den Geliebten, der als Schah erscheint, während ihn der Liebende als Derwisch anspricht.
3Mahommeds Wort über den Wein.
4Der Wein ist ein Alchimiker, der Bettler so reich macht wie den ägyptischen König Karun, der unermessliche Schätze besaß.
VII.
Die Gärten blühn im frischen Reiz der Jugend1
Bulbul hört von der Rosen Freudenkunde.
O Morgenwind kömmst du zu jungen Wiesen,
Grüß mir Basilikon, Zypress’ und Rose.
Wenn mich des Wirts Knabe süß liebkoset,
So weih’ ich meine Wimpern ihm zur Bürste.
Du, der mit Ambraschlägeln Ballen spielest,
Schlag mich Geschlagenen nicht mehr zurücke.
Ich fürchte, jene, die der Trinker spotten,
Verlieren ihren Glauben selbst in Schenken.
Sei Männern Gottes Freund, es ist ein Stäubchen
Im Schiffe Noahs, dem die Flut nicht schadet.
Was brauchts Paläste, die zum Himmel reichen,
Für jenen, der zuletzt im Staube schlummert?
O Kanaans Mond! dein ist der Thron Ägyptens,2
Zeit ists den finstern Kerker zu verlassen.
Begehr’ kein Brot, verlass der Erde Gasthof!
Der Erde Wirt ermordet seine Gäste.
Ich weiß nicht, was du willst mit deinen Locken:
Dein Moschushaar auf diese Art verwirrend.
Hafis, trink Wein, betrinke dich, sei froh,
Mach nicht zuletzt zum Fallstrick den Koran.
1Statt der Charitinnen steht hier Bulbul, die persischen Nachtigall, eine von der unsrigen durch Gestalt, Farbe und Gesang verschiedener Vogel, dessen Liebe mit der Rose die schönste Mythe der persischen Dichtkunst ist.
2Der Mond aus Kanaan, dem der Thron Ägyptens gebührt, ist Josef, das Ideal jugendlicher Schönheit.
VIII.
Nähme mein Herz in die Hand der schöne Knabe aus Schiras,
Gäb’ ich fürs Mal Samarkand und Buchara.1
Reiche mir, Schenke, den Wein, im Himmel suchst du vergebens
Roknabad’s Blumengestad, und Mosella’s.2
Wehe! die Schelmen mit schwarzem Aug’ und süßer Gebärde
Rauben dem Herz die Geduld, wie die Türken.
Unvollkommene Liebe bedarf nicht die Schönheit des Freundes,
Schöne Gesichter bedürfen nicht Schminke.
Bleibe beim Sänger, beim Glas, erforsch nicht verborgene Dinge
Keiner noch hat es gelöset, wird’s lösen.
Jusufs berauschende Schönheit erklärt den Zauber der Liebe,
Welcher zerrissen den Flor bei Sulicha.3
Höre den Rat, denn wiss’: ein wohlerzogener Jüngling
Schätzt wie die Seele die Worte der Alten.
Böses hast du gesprochen. Verziehn! Wohl ward es gesprochen
Bitteres ziemet den zuckrigen Lippen.
Lieder hast du gesungen, Hafis, und Perlen gebohret.
Wert, dass Plejaden der Himmel verstreue.4
1Die Freigebigkeit des Dichters, mit welcher er die beiden Städte Samarkand und Buchara verschenken will, hätte ihm übel bekommen können. Denn seine Feinde hatten den Vers benützt, ihn bei Timur zu verschwärzen, dass er die zwei herrlichsten Städte seines Reichs so gar gering achte und zum Preis eines Schönheitsmales herabwürdige. Timur stellte Hafisen hierüber auch wirklich zur Rede, der sich durch Geistesgegenwart und durch eine unmerkliche Veränderung des Verses sehr ehrenvoll aus der Schlinge zog. Der Vers heißt im Persischen:
Bachschem Samarkand u Buchara.
Geben wollt’ ich Samarkand und Buchara.
Ists wahr? fragte Timur, indem er den Vers wiederhohlte, dass du dich unterstanden, meine herrlichsten Städte so zu lästern?
Verzeihe, Schah, antwortete der Dichter, man hat dich falsch berichtet: der Vers heißt:
Bachschem du ser kandi buchara
Geben wollt’ ich zwei Zuckerbrote von Buchara.
Timur, zufrieden mit der Rechtfertigung, belohnte den guten Einfall.
2Roknabad, ein Spaziergang vom Fürsten Rokneddin, längs den Ufern eines kleinen Flusses bei Schiras angelegt. Mosella, ein öffentlicher Gebetort in dem Rosenhaine von Schiras, wo Hafis auch begraben liegt. Im Paradies, meint Hafis, wirst du weder das eine noch das andere finden.
3Sulicha oder Suleicha, Potifars Gemahlin in den orientalischen Romanen, die in des ägyptischen Josephs Geschichte nichts als die unwiderstehbare Macht der Schönheit des Mannes aufs Herz des Weibes darzustellen suchen.
4Hier vergleicht Hafis seine Verse mit Perlen, die er durchbohret, um sie an der goldnen Schnur des Liedes anzureihen; auch die Plejaden sind Perlen, Perlen des Himmels, aber höchstens gut genug, um auf die Perlen des Liedes ausgestreut zu werden.
IX.
Sage, Morgenwind, mit Schmeicheln
Jener lieblichen Gazelle,
Auf die Berge, in die Wüsten
Hat die Liebe mich getrieben.
Warum frägt der Zuckerhändler
(Herr, erhalte ihm das Leben)
Warum frägt er nicht ums Wohlsein
Seines Zucker-Papageies?
Wenn du bei dem Liebchen sitzest,
Wein an seiner Seite trinkest,
O erinnre dich der Freunde,
Die umher gleich Winden irren.
Wisse, Rose, dir geziemt es
Nicht so stolz zu sein auf Schönheit,
Dass aus Stolz du nach der irren
Nachtigall nicht einmal fragest.
Nur mit guter Art und Weise
Wirst du