Sein Aussehen war einnehmend, sein Betragen bieder und umgänglich und sein Verhalten gegen die geistlichen Kurfürsten, die dem mächtigsten unter den evangelischen Fürsten überaus wohlwollend entgegenkamen, bescheiden und friedliebend. Ein unbeliebter Gast war Khlesl, der Bischof von Wien, der als Vertreter des Königs und Kurfürsten von Böhmen in einem an Pracht alle übertreffenden Aufzuge in Nürnberg einfuhr. Es nahm die Stadt nicht wenig wunder, dass der Verfolger der Ketzer, wenn er sich überhaupt in Nürnberg zu zeigen wagte, nicht wenigstens in der Stille und kleinlaut aufzog, anstatt dreist daherprunkend alle Augen auf sich zu ziehen. Wenn er über die Straße ging, hager, knochig und gelb, einen fetten Mönch zur Seite, pflegten ihm die Buben johlend und pfeifend nachzulaufen, sodass der Rat es für nötig hielt, die Lehrer zu besserer Zucht ihrer Schüler anzuweisen. Da aber ein Lehrer den Buben in der Schule ansagte, wenn sie etwa in dieser Zeit einen Teufel sähen, der einen Esel zur Hölle triebe, welche Anspielung auf den Namen des Bischofs von groß und klein verstanden wurde, sollten sie ihre Verwunderung nicht laut äußern, denn es geschehe mit obrigkeitlicher Bewilligung, so wurde das Gespött und Gelächter eher ärger als zuvor. Da dem Rate wohlbekannt war, wie ungern Khlesl auch von den Fürsten gesehen war, schritt er nicht schärfer ein, sondern ließ es bei den fruchtlosen Klagen des Bischofs bewenden.
Nachdem der obschwebende Streit zwischen Zweibrücken und Neuburg vorläufig beigelegt war, nahmen die Verhandlungen in dem großen Saale des Rathauses ihren Anfang, der mit den Bildnissen der Kaiser und mit einigen hochberühmten Kunstwerken, nämlich Dürers Adam und Eva und einer lieblichen Madonna des Lukas Cranach, ausgeziert war. Der Rat trug Sorge, dass auf dem Tische stets eine Schale voll Konfekt und eine Kristallflasche voll Malvasier stand, damit sich die Ratschlagenden unter der Arbeit daran erquicken könnten.
Zwischenhinein gaben die Fürsten Bankette, bei denen der eine den anderen durch immer köstlichere Leckerbissen zu übertrumpfen suchte, welcher Wettstreit keine Empfindlichkeit erregte, vielmehr den Witz und die Laune reizte. Den größten Erfolg erzielte der Kurfürst von Köln, der, seit er sich im Trinken mäßig verhalten musste, desto lieber mit Konfekt umging, durch kunstvolles Zuckerwerk, das er aus Amsterdam bezogen hatte. Es erschien in Gestalt von Wurst, Schinken, Semmeln, Krautköpfen und anderen Esswaren und ahmte dieselben in frischer, richtiger Färbung so gut nach, dass sich die Unbefangenen über seine Natur täuschten. Namentlich der Kurfürst von Sachsen konnte nicht aufhören, diese neckische Bäckerei zu bewundern, und schmeichelte dem Erzbischof immer wieder ab, ein neues Stück anzuschneiden, damit er sich überzeuge, ob es echt oder wirklich nur Konditorwerk sei. Es wurde nicht ohne verstohlene Späße bemerkt, dass der Erzbischof, welcher als geizig bekannt war, zwischen dem Vergnügen, seine Leckerbissen gewürdigt zu sehen, und dem Unmut, so viel davon zu verlieren, schwankte; auch wurde er gesehen, wie er einem abtragenden Diener, der von den Überbleibseln naschte, eine Maulschelle versetzte und ihm befahl, sie sorgsam zu verpacken und nach Köln in seine Residenz zu schicken.
Bei den Turnieren trug zur Freude der Nürnberger der Pfälzer Obentraut die meisten Siege davon, ein fröhlicher Mann mit kühnen, aufrichtigen Augen, der bei den Katholiken kaum minder beliebt war als bei seinen Glaubensgenossen. Als der Kurfürst von Mainz ihm einen prächtigen Türkisring als Schwertdank zu überreichen hatte, legte er dem vor ihm Knienden die Hand auf den Kopf und sagte: »Bist du, mein Sohn, auch nicht aus demselben Weihbecken in der Kirche getauft, so doch wie ich aus dem Rheine«, was mit Beifall aufgenommen und weitererzählt wurde.
Freilich hatte der Rat im Stillen ein mühseliges Steuern und Ausbiegen, um allerlei Anstoß zu vermeiden. So ereignete es sich, dass trierische Knechte ein kleines achtjähriges Mädchen, das still für sich mit Murmeln auf der Straße spielte, in ein Wirtshaus lockten, um es für ihre schändliche Lust zu gebrauchen, und dass ein gutherziger Fassbindermeister, der dazukam und sie hindern wollte, schwer verwundet wurde. Der Rat hätte die Missetäter gern nach Verdienst bestraft gesehen, scheute sich aber doch, den feinen und großartigen Kurfürsten von Trier mit einer so hässlichen Sache zu behelligen, und überredete deshalb den Verwundeten und seine Frau, sich mit einem reichlichen Schmerzensgeld zufriedenzugeben.
Ferner hatte man dem Herzog von Zweibrücken gestattet, seinen Hofprediger Petiscus öffentlich predigen zu lassen, trotz gerechter Besorgnis, er möchte die kalvinische Religion einzuschmuggeln versuchen; aber man hätte den Unrat lieber mit Schweigen zugedeckt als die Aufmerksamkeit darauf hingelenkt, wie es nun der kursächsische Hofprediger Hanisch tat, indem er in seinen Predigten anzüglich darüber stichelte. Auch die eigene Geistlichkeit gab manches zu schaffen, besonders der Pastor Mannich, der sich leider des Samstags zu betrinken pflegte und infolgedessen am Sonntag auf der Kanzel, die er unvorbereitet und noch nicht ganz ernüchtert betrat, allerhand Seltsamkeiten vorbrachte, besonders dem Rat dies und jenes aufmutzte, was dem niederen Volke ein beliebter Ohrenschmaus war. So klagte er jetzt, dass einem ehrliehen nürnbergischen Untertan, der sich während des Kurfürstentages auf dem Seil hatte sehen lassen wollen, dies als eine unnütze und gottlose Gaukelei verboten sei, während hernach ein angeblicher Meister aus Frankreich, der doch nur ein gemeiner Bortenwirker aus Schwaben sei, die Erlaubnis erhalten habe, indem die Ausländer stets begünstigt und die Einheimischen an ihrem Brot verkürzt würden. Mit diesem Mannich war es schwer, etwas auszurichten; denn zuweilen predigte er so herrlich, dass es allen Zuhörern durch Mark und Bein ging und man meinte, der selige Luther selbst sei zum Troste der Gemeinde wieder auferstanden.
Gegen Ende November nahm der Kollegialtag sein Ende, nachdem die Kurfürsten den Beschluss gefasst hatten, sich im Mai des nächsten Jahres zur Wahl eines römischen Königs von Neuem zu versammeln. Noch vor diesem Zeitpunkt indessen klärte sich die Lage, indem Kaiser Rudolf an der Wassersucht erkrankte und aus dem Leben schied.
15.
Seit Matthias König von Böhmen geworden war, entwarf der Kaiser Pläne, um sich wieder in Besitz der verlorenen Macht zu setzen, wobei sein Vertrauter der Markgraf von Ansbach war, der sich in Prag aufhielt, um die Umstände für seine Glaubenspartei auszunützen. Rudolf zeichnete